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Abbas bemüht sich nicht mehr um Verschleierung seines Hasses

Mahmoud Abbas trifft sich mit Kindern von im Kampf gegen Israel getöteter Terroristen in Ramallah
Mahmoud Abbas trifft sich mit Kindern von im Kampf gegen Israel getöteter Terroristen in Ramallah (© Imago Images / APAimages)

Die Glückwünsche der EU-Kommissionspräsidentin zu Israels Gründungsjubiläum kamen bei PLO-Chef Mahmoud Abbas nicht gut an, der ihr die Auslöschung des palästinensischen Volks vorwarf.

Bei PLO-Chef Mahmoud Abbas ist die Zylinderkopfdichtung kaputt. Bildlich gesprochen, versteht sich. Bei einem Automotor trennt die Zylinderkopfdichtung den Öl- vom Kühlwasserkreislauf. Ist sie defekt, gelangt Kühlwasser ins Öl und umgekehrt, was einen kapitalen Motorschaden nach sich ziehen kann. 

Auch bei der Anti-Israel-Propaganda der PLO gab es seit der Oslo-Phase in den 1990ern zwei Kreisläufe, die in der Regel mehr oder weniger getrennt waren. Da gab es ein für westliche Ohren bestimmtes Gesäusel auf Englisch, mit dem naive Menschen davon überzeugt werden konnten, Abbas sei ein »Friedensengel« (so Papst Franziskus im Mai 2015). Und da gab es Klartext auf Arabisch: Aufrufe zum Dschihad, Forderungen nach Blutvergießen, Verehrung von sogenannten Märtyrern (sprich: getöteten Terroristen). 

Seit einiger Zeit geraten die Flüssigkeiten der beiden Kreisläufe durcheinander. Leider nicht in dem Sinne, dass Abbas und seine Funktionäre plötzlich versehentlich auf Arabisch über Frieden und Koexistenz reden würden, sondern andersherum: Vertreter der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) äußern sich gegenüber deutschen und europäischen Amtsträgern so wie gegenüber einem arabischen Publikum. Sie tun nicht mehr länger so, als akzeptierten sie die Existenz des Staates Israel, in welchen Grenzen auch immer. Sie sagen unverblümt, Juden hätten kein Recht, in »Palästina« zu sein und bezeichnen den Staat Israel als »koloniales Projekt«.

Mit einem Tweet Palästina ausgelöscht 

Wie kürzlich bei den Angriffen auf EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Von einem »verbalen Amoklauf« sprach Florian Markl im Mena-Watch-Newsletter vom 3. Mai 2023. Zur Erinnerung: Ursula von der Leyen hatte Israel zum 75. Jahrestag der Staatsgründung gratuliert. Sie gehört nicht zu den Menschen, die beim Schreiben von Grußkarten Schwierigkeiten haben. Sie gratuliert oft und gern, etwa, wenn in Ricklingen ein neuer Deichgraf gewählt wurde:

»Sie, lieber Herr Raabe, werden heute zum 15. Ricklinger Deichgrafen ernannt. Dazu gratuliere ich Ihnen auf diesem Wege herzlich. … Hoch Ricklingen, hoch Deichgraf, hepp hepp hurra! Mit freundlichen Grüßen Ursula von der Leyen

Das heißt nicht, dass von der Leyens Gratulationen nicht von Herzen kämen. Aber man sollte ihren Bedeutungen auch nicht zu viel Gewicht geben, denn sie sind nicht so selten wie die Blaue Mauritius. Zu runden Jubiläen schickt sie eben ihre Glückwünsche, egal, ob es der 75. Geburtstag des Staates Israel oder der zehnte Geburtstag des Mehrgenerationenhauses Burgdorf ist. An die Bevölkerung des Staates Israel richtete von der Leyen Ende April eine Videobotschaft mit folgendem Inhalt:

»Heute feiern wir 75 Jahre einer lebendigen Demokratie im Herzen des Nahen Ostens, 75 Jahre voller Dynamik, Einfallsreichtum und bahnbrechender Innovationen. Sie haben die Wüste im wahrsten Sinne des Wortes zum Blühen gebracht.«

Das sind mehr als nur freundliche Worte, es sind Tatsachen. Und wäre die palästinensische Führung ehrlich, würde auch sie zugeben, dass es den in Israel und den Palästinensischen Autonomiegebieten lebenden Arabern, was Parameter wie Lebenserwartung, Kinder- und Müttersterblichkeit und durchschnittliches Einkommen betrifft, nicht nur viel besser geht als im Jahr 1948 oder 1967, sondern auch besser als den Bevölkerungen in den umliegenden arabischen Nachbarstaaten. 

Von der Leyen betonte die »gemeinsamen Werte« und die »gemeinsame Kultur« Israels und Europas und schloss mit den Worten: »Eure Freiheit ist unsere Freiheit.« Ihre Äußerungen riefen bei der Palästinensischen Autonomiebehörde Reaktionen hervor, für die der Begriff »wütend« eigentlich zu harmlos ist. Das Außenministerium der PA schrieb auf Englisch in einem inzwischen gelöschten Tweet, die Äußerungen seien »unangemessen, falsch und diskriminierend«. Der Ausdruck »die Wüste zum Blühen bringen« sei »rassistisch« und – man höre: »antipalästinensisch«.

»Israels 75-jähriges koloniales Projekt« sei eine »fortgesetzte Enteignung und Vertreibung des palästinensischen Volkes«. Geht es noch eine Nummer größer? Ja: Von der Leyens Äußerungen seien »ein propagandistischer Diskurs, der das palästinensische Volk entmenschlicht und auslöscht und seine reiche Geschichte und Zivilisation verfälscht«. Von der Leyen hat mit ihrer Grußbotschaft auf Twitter ein Volk ausgelöscht. So leicht kann das passieren.

Darüber hinaus führe ihr Geburtstagsgruß »die fortgesetzte und rassistische Leugnung der Nakba fort«, beschönige »Israels illegale Besatzung und das Apartheidregime« und werfe »ernste Zweifel« an dem von der EU erklärten »Engagement für internationales Recht und Menschenrechte« auf. Na, davon versteht die PLO ja etwas. Der Tweet schloss mit der Forderung, von der Leyen müsse sich beim »palästinensischen Volk« entschuldigen.

»50 Holocausts«

Wie gesagt: die Zylinderkopfdichtung. Schon letztes Jahr hatte Abbas in Berlin Zweifel an seiner Zurechnungsfähigkeit gesät, als er bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz sagte, Israel habe seit seiner Staatsgründung »50 Holocausts« an den Palästinensern verübt. Scholz schwieg, nannte die Äußerung aber später »inakzeptabel«. Selbst im notorisch PLO-freundlichen öffentlich-rechtlichen deutschen Rundfunk, wo Abbas und seine Fatah als »gemäßigt« bezeichnet werden, war von einem »Eklat« die Rede, den Abbas provoziert habe. Remko Leemhuis, Direktor des American Jewish Committee (AJC) Berlin, stellte damals im Interview mit Mena-Watch die Diagnose: Abbas habe diesen Eklat nicht geplant, sondern offenbar »kurz vergessen, wo er sich befindet« und fügte hinzu:

»Die Palästinenserführer praktizieren ja schon seit Jahrzehnten ein double speak, zwei verschiedene Arten zu reden, je nachdem, ob sie sich an ein westliches Publikum wenden oder an die arabische Welt. Und in der Pressekonferenz ist ja deutlich zu merken, dass Abbas nach seinem antisemitischen Statement wieder schnell zu den Phrasen von Frieden und Verständigung zurückgekehrt ist, die man im Westen gerne hört.«

»Irritierend« fand Leemhuis, wie deutsche Politiker danach versucht hätten, einander in der Kritik an Abbas zu überbieten: »Es ist richtig, die Äußerung zu kritisieren; doch auch für deutsche Politikerinnen und Politiker sollte das, was Abbas dort geäußert hat, eigentlich nichts Neues sein. Jeder weiß, dass Abbas vieles ist, aber sicherlich kein Moderater‹ oder ein Partner für den Frieden. Dennoch werden seit Jahrzehnten riesige Geldsummen in diese korrupten Strukturen gesteckt.«

Genau an diese Zahlungen erinnerte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nun Abbas. Ihr Sprecher bezeichnete die Stellungnahme des palästinensischen Außenministeriums als »unangemessen« und »nicht hinnehmbar«. Er unterstrich, dass die EU der wichtigste Geldgeber der Palästinensischen Autonomiebehörde sei. War das vielleicht ein Hinweis darauf, dass es zwischen der EU und der PA einen stillschweigenden Deal gibt, der da lautet, dass die EU die PA finanziert, allerdings nur, wenn im Gegenzug diese die Propaganda, mit der sie Israel das Recht auf Existenz abspricht, nur auf Arabisch verbreitet?

Von Arafat gelernt

Abbas hat dieses »Doppelsprech«, wie die beiden getrennten Propagandakreisläufe auch genannt werden, von Jassir Arafat übernommen. 1994, als Arafat gerade so tat, als würde er Frieden mit Israel anstreben, hielt er vor Muslimen im südafrikanischen Johannesburg eine Rede, in der er seine wahren Ziele kundtat: Der Dschihad gegen Israel werde weitergeführt, die »Hauptschlacht« sei jene um Jerusalem, den »wichtigsten Schrein der Muslime«. Die Schlacht zur »Befreiung Jerusalems« könne er »nicht allein kämpfen«, er brauche die Unterstützung der »islamischen Nation«. Arafat verglich die Osloer Verträge mit dem Abkommen von Hudaibiya, das der Prophet Mohammed im Jahr 626 mit seinen Rivalen des Stammes Quraisch in Mekka schloss – nur, um es kurz darauf zu brechen.

Im März 1996 berichtete auch die amerikanische Nachrichtenagentur AP über das »Doppelsprech« Arafats. Während dieser »auf der einen Seite« Führer der Hamas habe verhaften lassen, nahm er »auf der anderen Seite« an der Beerdigung des Hamas-Bombenbauers Yehiya Ayyash teil und bezeichnete diesen als »Kämpfer und Märtyrer« im Dschihad.

Am 16. Dezember 2001 hielt Arafat in Bethlehem eine weltweit beachtete Rede, in der er zum Ende der Gewalt aufrief und betonte, die Palästinensische Autonomiebehörde werde sich an alle von ihr unterzeichneten Abkommen halten. Nur zwei Tage danach traf er mit palästinensischen Persönlichkeiten aus Jerusalem zum Fest Eid al-Fitr am Ende des Ramadans zusammen, bei dem er eine weitere Rede hielt, über welche die jüdische Nachrichtenagentur JTA berichtete. »Ihr steht jetzt an der Frontlinie der Schlacht«, sagte Arafat zu seinen Gästen. Es gebe »eine Verschwörung zur Judaisierung Jerusalems«. Und nicht zuletzt deswegen, so Arafat, sei »ein palästinensischer Märtyrer in Jerusalem so viel wert wie siebzig Märtyrer anderswo«.

Von dem, was die palästinensischen Führer auf Arabisch sagen, liest der durchschnittliche westliche Zeitungsleser nichts. Könnten aber nicht zumindest europäische Regierungen darüber Bescheid wissen? Das könnten sie, wollten sie. Die deutsche Bundesregierung stellt sich gern naiv und gibt vor, die Aufrufe zur Gewalt, die aus der Palästinensischen Autonomiebehörde kommen, nicht zu kennen. Stellt man als Journalist dem Auswärtigen Amt Fragen dazu, erhält man als Antwort: »Zu dem von Ihnen erwähnten Aufruf liegen dem Auswärtigen Amt keine Erkenntnisse vor.«

Das Gute an dem verbalen Amoklauf der PA als Reaktion auf von der Leyens Glückwunsch-Telegramm an Israel ist, dass diese Äußerungen nun als in europäischen Diplomatenkreisen bekannt vorausgesetzt werden können. Immerhin hat die Kommissionspräsidentin ja über ihren Sprecher antworten lassen. Es kann also niemand mehr behaupten, er wisse nicht, dass für Abbas und seine Komplizen die »Besatzung« nicht etwa 1967 begann, sondern dass sie schon die Gründung des Staates Israel für ein Verbrechen halten, das rückgängig zu machen sei.

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