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WOCHENBERICHT, 18.3. BIS 24.3.2013

I. Allgemeiner Überblick, Syrien, Mohamed M.

In der vergangenen Woche erschienen in den von MENA systematisch ausgewerteten österreichischen Tageszeitungen insgesamt 362 Beiträge mit Bezügen zu Nordafrika und dem Nahen Osten:

WOCHENBERICHT, 18.3. BIS 24.3.2013

Der im Vergleich zu den 214 Artikeln der Vorwoche enorme Anstieg der Zahl an relevanten Beiträgen ist vor allem auf drei Gründe zurückzuführen: erstens die Verkündung eines Waffenstillstands seitens des in der Türkei inhaftierten PKK-Chefs Abdullah Öcalans, die Hoffnungen auf ein Ende des jahrzehntelangen Konflikts geweckt hat, dem Schätzungen über 40.000 zum Opfer gefallen sind (Standard, 22. März 2013; Presse, 22. März 2013; Salzburger Nachrichten, 22. März 2013); zweitens die mit Spannung erwartete Nahostreise Barack Obamas, die den US-Präsidenten nach Israel, ins Westjordanland und nach Jordanien führte; und drittens das Telefonat des israelischen Regierungschefs Netanjahu mit seinem türkischen Amtskollegen Erdogan, das einen Versuch darstellte, die in die Brüche gegangenen israelisch-türkischen Beziehungen zumindest wieder ein wenig zu normalisieren.

Wenig überraschend fällt daher der Blick darauf aus, welche Länder die Nahostberichterstattung in den Zeitungen der letzten Woche dominierten:

WOCHENBERICHT, 18.3. BIS 24.3.2013

Eine entsprechende Analyse der insgesamt 107 relevanten Beiträge der wichtigsten ORF-Fernseh- und Radionachrichtensendungen der letzten sieben Tage ergibt folgendes Bild:

WOCHENBERICHT, 18.3. BIS 24.3.2013

Neben der Türkei und Israel war insbesondere Syrien wieder prominent in den Medien vertreten. Für Aufregung sorgten Meldungen, wonach es im syrischen Bürgerkrieg zum Einsatz von Giftgas gekommen sein soll. Daraufhin entbrannte ein „Propagandakrieg“ (Presse, 20. März 2013), in dem Regime und Rebellen einander gegenseitig die Verwendung chemischer Waffen vorwarfen. Allerdings gibt es bis dato keine verlässliche Bestätigung, dass tatsächlich chemische Kampfstoffe zum Einsatz kamen. (Salzburger Nachrichten, 21. März 2013)

Gab es zuletzt innerhalb der Europäischen Union Streit darüber, ob die syrische Opposition in Zukunft auch mit Waffenlieferungen unterstützt werden sollte, so dürfte diese Frage aufgrund der neuesten Entwicklungen in den Reihen der Gegner des Assad-Regimes wieder in den Hintergrund treten. In Istanbul wählte die Syrische Nationale Koalition (SNC) Ghassan Hitto zum Premierminister einer Interimsregierung. Hitto konnte sich gegen elf Konkurrenten durchsetzen, nachdem sich neben einigen Liberalen vor allem „die Muslimbrüder und andere Islamisten“ hinter seine Kandidatur gestellt hatten. (Standard, 20. März 2013) Als Reaktion auf die Wahl Hittos traten der bisherige Chef des SNC Muaz al-Khatib, seine Stellvertreterin Suhair Atassi und einige andere SNC-Mitglieder zurück. Die nunmehrigen „Dissidenten“ sehen die Kür Hittos zum Interimspremier als „eine Aktion der Muslimbrüder zusammen mit Katar, mit der die Gemäßigten verdrängt werden sollen“. Widerstand gegen Hitto gibt es aber nicht nur auf politischer Ebene, sondern auch aus der Freien Syrischen Armee, die keinen Premier anerkennen werde, der der Opposition „aufgezwungen“ worden sei. (Standard, 25. März 2013) Die internen Streitigkeiten der syrischen Opposition dürften jene EU-Mitglieder wie Österreich stärken, die Vorschlägen von Waffenlieferungen von an die Rebellen überhaupt nichts abgewinnen können.

Schlagzeilen machte auch die Verhaftung des österreichischen Islamisten Mohamed M., der zuletzt mit einem im Internet veröffentlichten Drohvideo von sich hören ließ. M. wurde in der Türkei festgesetzt, als er mit einem gefälschten libyschen Pass offenbar auf dem Weg nach Syrien war. (Kronen Zeitung, 21. März 2013) Unklar ist, ob und wohin die Türkei M. ausliefern wird. Dass er in dem erwähnten Video seinen österreichischen Pass verbrannte, ändert nichts daran, dass er nach wie vor österreichischer Staatsbürger ist. (Presse, 18. März 2013) DerKrone zufolge überlegt die Staatsanwaltschaft in Wien noch, ob sie eine Auslieferung überhaupt beantragen will. Es bestehe nur „wenig Interesse“ und die heimische Justiz wäre „sicher nicht unglücklich darüber“, wenn Deutschland eine Auslieferung des Häftlings beantragen würde. Die deutschen Behörden bringen M. mit einem vereitelten Mordanschlag auf einen Politiker in Verbindung und Österreich würde „der deutschen Justiz in diesem Fall nicht ungern den Vortritt lassen“. (Kronen Zeitung, 23. März 2013)

Von M.s Verhaftung in der Türkei wurde hierzulande dem Kurierzufolge das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung informiert, das diese Meldung aber anscheinend nicht an andere österreichische Behörden weitergab – die Staatsanwaltschaft, die eine Auslieferung beantragen müsste, erfuhr von der Verhaftung erst aus der Zeitung. „Im Klartext: Zwei Tage lang verheimlichten die Verfassungsschützer den Vorfall den vorgesetzten Dienststellen.“ Der Kurier nahm dies zum Anlass für Spekulationen, ob es sich bei M. möglicherweise um einen „Geheimdienst-Provokateur“ handeln könnte. (Kurier, 22. März 2013)

II. Obamas Nahost-Reise: Ein flammendes Bekenntnis zum Zionismus in einer Rede am falschen Ort

Die Erwartungen an die Reise von Barack Obama nach Israel, ins Westjordanland und nach Jordanien waren gering. Aus dem Umfeld des US-Präsidenten war zu hören, er werde „ohne Friedensinitiative“ (Standard, 19. März 2013) in den Nahen Osten kommen. „Mein Ziel auf dieser Reise ist zuzuhören“, hatte Obama im Interview im israelischen Fernsehen vorab betont. (Standard, 20. März 2013) Während er kaum eine Gelegenheit ausließ, Israel der unverbrüchlichen Unterstützung durch die Vereinigten Staaten zu versichern und darum bemüht war, seinen israelischen Gastgebern gegenüber Herzlichkeit und Verbundenheit zu demonstrieren, war die Stimmung bei seiner Kurzvisite im Westjordanland sichtlich kühler. „Die Palästinenser hatten niedrige Erwartungen vom Besuch Obamas, doch selbst diese wurden enttäuscht“, schrieb Gil Yaron in den Salzburger Nachrichten. War Obama vor vier Jahren mit der Forderung nach einer Einstellung des israelischen Siedlungsbaus in seine erste Amtszeit gestartet, so verlangte er nun von Mahmud Abbas, genau das nicht weiter zur Vorbedingung für Friedensverhandlungen zu machen. „Wenn alles vollkommen stimmen muss“, erklärte Obama einem sich in seiner Haut sichtlich unwohl fühlenden Abbas, „damit wir mit Gesprächen auch nur beginnen, dann werden wir nie zum wirklich großen Thema kommen, nämlich: Wie baue ich einen Staat Palästina, der unabhängig ist und der dem palästinensischen Volk Würde und den Israelis Sicherheit verleiht.“ (Salzburger Nachrichten 22. März 2013)

Noch weniger als seine scheinbar geänderte Haltung zum israelischen Siedlungsbau dürfte Abbas gefallen haben, wie Obama im Laufe seiner Reise ein ums andere Mal den Charakter Israels als „historische Heimat des jüdischen Volkes“ betonte. (Standard, 21. März 2013) Insbesondere die Rede des US-Präsidenten vor ausgesuchten Studenten in Jerusalem, sowohl zentrale Inszenierung als auch emotionaler Höhepunkt seines Besuchs, machte (wenngleich wahrscheinlich ungewollt) deutlich, wie nahe Obama trotz aller vergangenen Spannungen und Konflikte Israel steht, und welche Welten ihn von den Positionen der palästinensischen Führung trennen. Da der Inhalt hierzulande in der Berichterstattung nur verkürzt wiedergegeben wurde, wollen wir uns damit ein wenig ausführlicher auseinandersetzen.

Wie David Horowitz in der Times of Israel hervorstrich, hielt Obama in Jerusalem eine im Grunde genommen klassisch links-zionistische Ansprache. Auf der einen Seite beschrieb er Israel als ein Land, in dem sich die Jahrtausende alten Traditionen des jüdischen Volkes mit den Spitzenleistungen einer modernen, innovativen und leistungsfähigen Wirtschaft verbinden würden. Auf der anderen Seite sprach er von den Risiken, die im Interesse des Friedens gerade jetzt eingegangen werden müssten.

Gleich zu Beginn führte Obama aus: „I have borne witness to the ancient history of the Jewish people at the Shrine of the Book, and I have seen Israel’s shining future in your scientists and entrepreneurs. This is a nation of museums and patents, timeless holy sites and ground-breaking innovation. Only in Israel could you see the Dead Sea Scrolls and the place where the technology on board the Mars Rover originated.” Kurz danach folgte des Präsidenten Bekenntnis zum Zionismus:

„For the Jewish people, the journey to the promise of the State of Israel wound through countless generations. It involved centuries of suffering and exile, prejudice and pogroms and even genocide. Through it all, the Jewish people sustained their unique identity and traditions, as well as a longing to return home. And while Jews achieved extraordinary success in many parts of the world, the dream of true freedom finally found its full expression in the Zionist idea — to be a free people in your homeland. That’s why I believe that Israel is rooted not just in history and tradition, but also in a simple and profound idea — the idea that people deserve to be free in a land of their own.”

Obama fuhr fort, indem er die Leistungen Israels in den letzten 65 Jahren hervorstrich und auf die ständigen Bedrohungen hinwies, denen das Land ausgesetzt ist. In der Nachbarschaft lehnten immer noch viele die Existenz Israels ab, und Generationen von Israelis hätten immer wieder ihr Leben riskieren müssen, um das Überleben des jüdischen Staates zu sichern. Darauf folgte eine der zentralen Passagen der Rede: „(T)hose who adhere to the ideology of rejecting Israel’s right to exist, they might as well reject the earth beneath them or the sky above, because Israel is not going anywhere. (Applause.) And today, I want to tell you — particularly the young people — so that there’s no mistake here, so long as there is a United States of America — Atem lo levad. You are not alone.“

So beeindruckend Obamas Parteinahme für Israel war, so seltsam deplatziert wirkte sie bisweilen. Das versammelte Auditorium musste wohl kaum erst von der Legitimität Israels und der langen Verbindung des jüdischen Volkes zu diesem Landstrich überzeugt werden – anders als beispielsweise die palästinensische Führung, die auch unter dem angeblich ‚moderaten‘ Abbas jede historische Verbindung der Juden zu Jerusalem und dem Land Israel leugnet. In den Worten von Elliott Abrams: „Obama gave the speech he should have delivered in Ramallah, Cairo, Riyadh, and elsewhere in the Arab world.” Das traf auch auf Obamas Ausführungen über Notwendigkeit und Aussichten eines wiederbelebten Friedensprozesses zu: „(H)e seemed to be trying to persuade Israelis to make peace proposals and take peace seriously—when, as he noted in the speech, Israel has made offers several times only to see them rejected by the Palestinian side.”

Es ist, als würde nur ein Teil eines Ehepaares zum vereinbarten Termin beim Eheberater erscheinen, um dann von diesem lange und breit erklärt zu bekommen, wie wichtig es wäre, sich den gemeinsamen Problemen zu stellen. Mit Sicherheit brauchte Obama seinen Zuhörern in Jerusalem nicht erst lange nachzuweisen, wie gut es für Israel wäre, die internationale Isolation aufzubrechen, sich mit den Menschen im Nahen Osten auszusöhnen und Frieden mit den Palästinensern zu schließen – er predigte diesbezüglich zu denen, die ohnehin schon überzeugt sind. Er hatte in Jerusalem keinen Widerspruch zu erwarten, wenn er seine Zuhörer aufrief, sich in die Lage der Palästinenser zu versetzen, die unter der Besatzung zu leiden hätten und endlich einen unabhängigen Staat erlangen wollten – er erntete damit ganz im Gegenteil zustimmenden Applaus. „Now is the time for the Arab world to take steps toward normalizing relations with Israel” – auch für diese Forderung war ihm in Jerusalem Applaus gewiss, aber sollte Obama sie nicht an jene richten, die sich der Normalisierung der Beziehungen zu Israel verweigern?

Obamas zum Ausdruck gebrachte Hoffnung, durch Fortschritte in Verhandlungen mit den Palästinensern könnten die „Extremisten“ an den Rand gedrängt werden, ist im besten Fall ein wenig naiv, insofern sie die Radikalisierungsprozesse in Israels Nachbarschaft, den Siegeszug des sunnitischen Islamismus und den ungeminderten Hass auf den jüdischen Staat entweder ignoriert oder einfach nicht ernst nimmt. Dass Israel es letztlich selbst in der Hand habe, die Feindschaft aufzulösen, die ihm entgegengebracht wird, wenn es nur mutig genug ist und die nötigen Risiken eingeht – dass ist die links-zionistische Haltung zum Friedensprozess, die sich für David Horovitz in Obamas Jerusalemer Ansprache manifestierte. Die letzten israelischen Parlamentswahlen können als Beleg dafür genommen werden, dass sich die Mehrheit der Israelis nach den bitteren Erfahrungen der letzten zwanzig Jahre von diesem Traum verabschiedet hat. „Emotionally, Obama’s speech was profoundly affecting, and will likely have moved many Israelis, shifting their opinion of him, winning them over. Shifting them politically? That’s something quite different.“

III. Israels ‚Entschuldigung‘ bei der Türkei

Jenseits aller Rhetorik hat Obamas Visite im Nahen Osten zumindest ein konkretes Resultat gehabt: In einem Telefonat mit dem türkischen Regierungschef Erdogan versuchte Israels Premier Netanjahu, einen ersten Schritt zur Wiederherstellung der einstmals guten israelisch-türkischen Beziehungen zu setzen. „Netanjahu entschuldigte sich“, war diesbezüglich in der Presse zu lesen: „Israels Premier tat … Abbitte für Kaperung der Gaza-Hilfsflotte im Jahr 2010“. Dem Artikel von Thomas Vieregge zufolge habe sich Netanjahu für „die Erstürmung des türkischen Hilfsschiffs Mavi Marmara“ entschuldigt, „die neun Todesopfer forderte.“ (Presse, 23. März 2013) Ganz ähnlich schrieb Walter Friedl imKurier, Israel habe sich „für den Angriff der Streitkräfte auf ein Schiff“ der Gaza-Flottille entschuldigt, die „Hilfsgüter in den besetzten Küstenstreifen bringen wollte“. (Kurier, 23. März 2013)

Die Berichte im Kurier und insbesondere in der Presse können als klassische Beispiele für die Unzulänglichkeit dienen, welche die Nahostberichterstattung österreichischer Medien leider oft charakterisiert. Erstens scheiterten sie schon auf einer fundamentalen Ebene daran, den Inhalt der Nachricht korrekt wiederzugeben. Denn anders als die beiden Schilderungen es darstellten, hat sich Netanjahu nicht für die „Kaperung“ bzw. „Erstürmung“ der Mavi Marmara entschuldigt. Auf der Homepage des israelischen Außenministeriums ist zu lesen, was wirklich Gegenstand des Telefonats mit Erdogan war: „He made clear that the tragic outcome of the Mavi Marmara incident was not intended by Israel and that Israel regrets the loss of human life and injury. In light of Israel’s investigation into the incident, which pointed to a number of operational mistakes, the Prime Minister expressed Israel’s apology to the Turkish people for any mistakes that might have led to the loss of life or injury.” Nicht dass israelische Marinesoldaten die Mavi Marmara unter ihre Kontrolle brachten führte jetzt zum israelischen „Canossagang“ (Kurier, 23. März 2013), sondern dass infolge von Fehlern bei der Durchführung der Operation Menschen verletzt oder getötet wurden.

Zweitens übernahmen Kurier und Presse völlig unkritisch die Behauptung, bei der Mavi Marmara habe es sich um ein Schiff mit „Hilfsgütern“ für den Gazastreifen gehandelt. Im Gegensatz zu anderen Schiffen der Flottille befanden sich an Bord der Mavi Marmara freilich keinerlei Hilfsgüter, sondern ausschließlich Polit-Aktivisten, denen es um das Durchbrechen der Gaza-Blockade ging. Israel hatte die Flotte aufgefordert, den Hafen von Aschdod anzulaufen und etwaige Hilfsgüter von dort aus auf dem Landweg in den Gazastreifen zu bringen, was aber von den Aktivisten abgelehnt wurde, die es ganz bewusst auf eine Konfrontation angelegt hatten.

Drittens verschwiegen Kurier und Presse den Kontext, der zum Verständnis der auf der Mavi Marmara stattgefundenen Marineeinsatzes gehörte: Die Gaza-Flottille wurde nicht von respektierten Hilfsorganisationen initiiert, sondern von einer türkischen Islamistengruppierung mit besten Kontakten zu Terrororganisationen. Während sich die Mavi Marmara auf dem Weg Richtung Gazastreifen befand, nahmen einige der an Bord befindlichen Dschihadisten Video-Testamente auf, in denen sie den Märtyrertod im Kampf gegen Israel herbeisehnten. Als die israelische Marine per Funk Kontakt mit den Schiffen aufnehmen wollte, erhielt sie die Antwort: „Shut up, go back to Auschwitz“.

Viertens erwähnten weder Kurier noch Presse die Tatsache, dass die israelischen Soldaten beim Versuch, das Schiff zu entern, mit Metallstangen, Messern, Steinschleudern und Brandsätzenangegriffen wurden, einige von ihnen unter Deck verschleppt wurden, und das Feuer aus ihren Pistolen nur eröffneten, weil sie in akuter Lebensgefahr waren (weitere Videos und Hintergrundinformationen finden Sie hier.)

Zwei Mal kommt Vieregge in seinem Artikel in der Presse auf die Ereignisse auf der Mavi Marmara zu sprechen. Zuerst ist über die israelisch-türkischen Beziehungen zu lesen: „Als im Morgengrauen des 31. Mai 2010 die israelischen Seestreitkräfte eine aus sechs Schiffen bestehende Hilfsflotte für den Gazastreifen enterten, in der Folge nicht nur Warnschüsse mit Gummigeschossen, sondern auch mit scharfer Munition feuerten und dabei neun türkische Aktivisten töteten, stürzten die bilateralen Beziehung ins Bodenlose.“ Die Gewalt der „Aktivisten“ wird mit keinem Wort erwähnt, genauso wie verschwiegen wird, dass alle anderen Schiffe der Flottille von den Israelis unter Kontrolle gebracht werden konnte, ohne dass ihnen Tote oder Verletzte zu beklagen waren – die Aktivisten auf diesen Schiffen attackierten die israelischen Soldaten nicht.

Gegen Ende des Artikels kommt Vieregge noch einmal auf die Ereignisse vom Mai 2010 zu sprechen. Für Jerusalem sei der Versuch, die Blockade zu „umgehen“, ein „Akt der Provokation“ gewesen, „den es letztlich mit Waffengewalt beantwortete.“ (Presse, 23. März 2013) Wieder wird die Gewalt, mit der die israelischen Soldaten an Bord der Mavi Marmara in Empfang genommen wurden, mit keinem Wort erwähnt. Da ausgelassen wird, was der Waffengewalt unmittelbar vorherging, wird der Eindruck erweckt, die Israelis hätten letztlich ohne Grund neun Menschen erschossen, bloß weil sie sich „provoziert“ gefühlt hatten. Seriöser Journalismus sieht anders aus.

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