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Warum der türkische Rassismus kein Thema in der Türkei ist

Auch in der Türkei wurde gegen rassistsische Polizeigewalt in den USA demonstriert
Auch in der Türkei wurde gegen rassistsische Polizeigewalt in den USA demonstriert (© Imago Images / Xihnua)

Die weitverbreitete Vorstellung, dass Muslime keine Rassisten sein können, verunmöglicht eine kritische Auseinandersetzung mit den Problemen im eigenen Land.

Pinar Tremblay, Al-Monitor

George Floyd, ein 46-jähriger Schwarzer, der am 25. Mai in Minneapolis in Polizeigewahrsam starb, wurde in der Türkei über Nacht zu einem bekannten Mann. Als die Proteste in den Vereinigten Staaten eine gewaltsame Wende nahmen, begannen Bilder von Polizeibrutalität die türkischen Nachrichten zu dominieren. Radikale Islamisten, Ultranationalisten und linke Medien machten es alle zu einem prominenten Thema, warum Rassismus in den Vereinigten Staaten so dominant sei und was getan werden müsse.

Am 28. Mai veröffentlichte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan eine Reihe von Tweets in englischer Sprache über den „rassistischen und faschistischen Hintergrund, der zum Tod von George Floyd führte“. Erdogan sprach Floyds Familie sein Beileid aus und verwies auf Hadithe (die aufgezeichneten Worte des Propheten Mohammed), dass es im Islam keinen Platz für Rassismus gebe. (…)

Das war einer der wenigen Momente, in denen eine ansonsten komplett gespaltene Gesellschaft wie die Türkei zusammensteht. Warum sind die Türken so begierig darauf, die Vereinigten Staaten zu kritisieren, während sie Hassverbrechen in ihrem eigenen Land gegen Kurden, Aleviten, Juden, Christen und LGBT sowie die Polizeibrutalität gegen alle möglichen kritischen Stimmen geflissentlich ignorieren? (…)

Die Schwierigkeit von Regierungsbeamten, über Rassismus zu sprechen, lässt sich auch mit ihrer islamistischen Denkweise erklären. Dem Islam als Religion gehe es um ein Ende der Diskriminierung aufgrund der Hautfarbe. Die türkische Direktion für religiöse Angelegenheiten sagt, im Islam gehe es um „globale Brüderlichkeit“, in der es keinen Platz für Rassismus gebe. (…) Die offene Leugnung, dass Muslime rassistisch sein können, blockiert jede gesunde und dringend notwendige öffentliche Debatte über das Leid benachteiligter Gruppen in der Türkei. (…)

In der heutigen Türkei wird Rassismus als ein ausländisches Problem angesehen. Die Türken seien dagegen immun, während es „normal“ geworden ist, keine syrischen, alevitischen, kurdischen, armenischen, griechischen oder schwulen Nachbarn zu wollen.

Reactions to George Floyd murder reveal Islamist fragility in Turkey

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