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UNRWA: Terror bei Vereinten Nationen eine Frage der Meinung

Weiß nicht, was Terror ist: stellvertretende Sprecher des UN-Generalsekretärs, Farhan Haq
Weiß nicht, was Terror ist: stellvertretende Sprecher des UN-Generalsekretärs, Farhan Haq (© Imago Images / Pacific Press Agency)

Mitarbeiter des Palästinenserhilfswerks der Vereinten Nationen werden lediglich krimineller Handlungen, nicht aber des Terrorismus beschuldigt, nachdem sie an dem Massaker der Hamas vom 7. Oktober beteiligt waren.

Mike Wagenheim

Ob UN-Mitarbeiter terroristische Handlungen begangen hätten, sei »eine Frage der Meinung«, sagte der stellvertretende Sprecher des UN-Generalsekretärs António Guterres, Farhan Haq, bei einer Pressekonferenz am Dienstag auf eine Frage von Journalisten.

Nachdem Israel zwölf Mitarbeiter des Palästinenserhilfswerks der Vereinten Nationen (UNRWA) beschuldigt hatte, am Hamas-Massaker vom 7. Oktober beteiligt gewesen zu sein, setzten sechzehn Geberländer ihre Hilfe für die UN-Organisation aus. Einige Staaten haben die Finanzierung des UN-Hilfswerks, das nur für Palästinenser zuständig ist, inzwischen wieder aufgenommen.

Israel hat außerdem erklärt, dass über zehn Prozent – aktuell ist gar von siebzehn Prozent die Rede – der UNRWA-Mitarbeiter direkte Verbindungen zur Hamas und anderen Terrorgruppen im Gazastreifen haben, woraufhin die Vereinten Nationen zugesagt haben, die Vorwürfe untersuchen zu wollen.

Bei der Pressekonferenz letzter Woche fragte ein Berichterstatter des Jewish News Syndicate UN-Sprecher Haq, ob jemals eine andere UNO-Agentur beschuldigt worden sei, solche Verbindungen zum Terror zu haben, wie sie dem UNRWA nachgesagt werden. Haq antwortete, er sei sich »verschiedener Anschuldigungen über verschiedene kriminelle Handlungen gegen verschiedene Einrichtungen in der Vergangenheit bewusst« und fügte hinzu, »das, worüber wir in diesem Fall wirklich sprechen«, seien kriminelle Handlungen der UNRWA.

Auf die Nachfrage, ob einer dieser »kriminellen Fälle« in der Vergangenheit mit Terrorismus zu tun gehabt habe, antwortete Haq: »Terror ist nichts, für das es in der UNO eine bestimmte Definition gibt, also würde ich das so nicht sagen. Es ist wirklich eine Meinungsfrage, was diese Angriffe sein könnten.«

UNO weiß nicht, was Terror ist?

Während der UN-Sprecher wegen angeblich fehlender Definitionen nicht sagen wollte, ob es Terror sei, was den UNRWA-Mitarbeitern vorgeworfen wird, hatten in der Vergangenheit weder die Vereinten Nationen im Allgemeinen noch Haqs unmittelbarer Chef im Besonderen Probleme mit der Definition von Terrorismus: So unterhalten die Vereinten Nationen ein Büro für Terrorismusbekämpfung. Am 17. April 2018 sagte Guterres auf der 16. Sitzung des Beirats des Zentrums für Terrorismusbekämpfung der Vereinten Nationen:

»Während Konflikte in den vergangenen zehn Jahren generell an Intensität und Anzahl zugenommen haben, haben insbesondere terroristische Angriffe zugenommen und sich ausgebreitet, wodurch Gesellschaften und ganze Regionen destabilisiert wurden. Aus diesem Grund habe ich das Büro für Terrorismusbekämpfung eingerichtet, zu dem auch das UN-Zentrum für Terrorismusbekämpfung gehört, um dem diesbezüglichen UN-System eine strategische Führung und eine wirksame Koordination zu geben.

Niemand wird als Terrorist geboren und nichts rechtfertigt Terrorismus, aber wir wissen, dass Faktoren wie lang andauernde ungelöste Konflikte, fehlende Rechtsstaatlichkeit und sozioökonomische Marginalisierung eine Rolle dabei spielen können, dass Missstände in destruktive Handlungen umgewandelt werden.«

Während Haq behauptet, die UNO kenne keine entsprechende Definition, ergeben die Suchbegriffe »Terror«, »Terrorismus« und »Terrorist« insgesamt etwa 164.000 Treffer auf der Website der Vereinten Nationen.

Auch wenn der Generalsekretär der Vereinten Nationen weithin kritisiert wurde, darunter auch von Israel, weil er am 24. Oktober 2023 vor dem UN-Sicherheitsrat erklärt hatte, es sei »wichtig zu erkennen, dass die Angriffe der Hamas nicht in einem Vakuum stattgefunden haben. Das palästinensische Volk ist seit 56 Jahren einer erdrückenden Besatzung ausgesetzt«, so nannte er selbst es Anfang Dezember doch »abscheuliche Terrorakte«, was »die Hamas und andere bewaffnete palästinensische Gruppen« am 7. Oktober 2023 in Israel begangen haben.

Die Resolution 1556 des UN-Sicherheitsrats aus dem Jahr 2004 bezieht sich auf »Bedrohungen des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit durch den Terrorismus« sowie auf die »Notwendigkeit, den Terrorismus in all seinen Formen und Erscheinungsformen mit allen Mitteln und in Übereinstimmung mit der Charta der Vereinten Nationen und dem Völkerrecht zu bekämpfen«.

Und erst am 29. September desselben Jahres bekräftigte Guterres »die Solidarität der Vereinten Nationen mit der pakistanischen Regierung und dem pakistanischen Volk bei ihren Bemühungen, Terrorismus und gewalttätigen Extremismus zu bekämpfen«, wie sein Sprecher Stéphane Dujarric damals erklärte.

»Ich verurteile die terroristischen Angriffe, die am Freitag in Pakistan stattgefunden haben. Es ist abscheulich, dass diese Anschläge Menschen während friedlicher, religiöser Zeremonien zum Ziel hatten«, schrieb Guterres am selben Tag in den sozialen Medien. »Die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden.«

In der Vergangenheit wurden UN-Mitarbeiter unter anderem des sexuellen Missbrauchs und der Ausbeutung, des Drogen- und Waffenhandels, des Diebstahls und der Unterschlagung beschuldigt. Hinweise für frühere Anschuldigungen bezüglich weitreichender Verbindungen zwischen einer UN-Agentur und Terrororganisationen lassen sich allerdings bislang keine finden.

(Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.)

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