Erweiterte Suche

Staatlich finanzierter Antisemitismus an US-Universitäten

Antisemitismus an amerikanischen Hochschulen: Campus der Universität Berkeley
Antisemitismus an amerikanischen Hochschulen: Campus der Universität Berkeley (© Imago Images / Panthermedia)

In einem offiziellen Schreiben wenden sich fünfzehn Senatoren an das Bildungsministerium, um ihre Besorgnis über den zunehmenden Antisemitismus an amerikanischen Universitäten auszudrücken.

In einem Brief an das US-Bildungsministerium haben fünfzehn republikanische Senatoren ihre Besorgnis über den zunehmenden Antisemitismus an amerikanischen Universitäten zum Ausdruck gebracht und das Ministerium beschuldigt,  es zuzulassen, dass antisemitische Studiengänge mit Steuergeldern finanziert würden.

»Wir schreiben mit großer Besorgnis, dass das Bildungsministerium seit Jahrzehnten zulässt, dass auf College-Campus in den Vereinigten Staaten vom Steuerzahler finanzierter Antisemitismus stattfindet«, schreiben die Senatoren in einem Brief an Bildungsminister Miguel Cardona.

Sie seien besorgt, weil das Bildungsministerium versäumt habe, jenen Artikel des Hochschulgesetzes durchzusetzen, der bestimmt, dass akademische Studiengänge, die Bundesmittel erhalten, »unterschiedliche Perspektiven und eine breite Palette von Ansichten widerspiegeln« müssen. Dies sei oft nicht der Fall: »Leider versäumen viele Studiengänge, dieser Anforderung zu entsprechen und legen einen überproportional großen Teil ihres Lehrplans darauf, Israel zu kritisieren.«

Antisemitisch nach IHRA-Definition

Obwohl »Kritik an Israel nicht notwendigerweise antisemitisch« sei, erfülle die Art und Weise, wie Israel behandelt werde, die Arbeitsdefinition Antisemitismus der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA). »Zu dieser Definition gehört, dem jüdischen Volk das Recht auf Selbstbestimmung abzusprechen, die Handlungen der israelischen Regierung mit Nazideutschland zu vergleichen, Israel mit Maßstäben zu messen, die nicht auf andere demokratische Länder angewandt werden, Holocaustleugnung und vieles mehr.«

An zahlreichen Universitäten werde ein »obsessiv negativer Fokus« auf Israel und das jüdische Volk gelegt. So habe eine Untersuchung der Öffentlichkeitsarbeit des Zentrums für Nahoststudien der Universität Los Angeles ergeben, dass 93 Prozent der öffentlichen Veranstaltungen, bei denen zwischen 2010 und 2013 Israel das Thema war, eine »Schlagseite gegen Israel« aufgewiesen hätten.

Mehr als ein Viertel der öffentlichen Veranstaltungen, die sich vorgeblich mit dem ganzen Nahen Osten befasst hätten, habe sich in Wahrheit auf Israel fokussiert, und über 60 Prozent der Veranstaltungen über politische Konflikte im Nahen Osten haben stattdessen allein den arabisch-israelischen Konflikt zum Gegenstand gehabt. Weiter heißt es: »Einige Universitäten könnten sogar gegen Antiterrorismus-Gesetze verstoßen haben, da dort Terroristen als Redner auftraten.«

So habe die Universität New York 2020 eine Zoom-Konferenz mit der PFLP-Terroristin und zweifachen Flugzeugentführerin Leila Khaled abgehalten, und eine Studentenzeitschrift des Wellesley College das antisemitische Mapping Project unterstützt, das auch jüdische Studenten in Boston bedrohe.

Einen Hauptgrund für den Antisemitismus an amerikanischen Universitäten sehen die Unterzeichner darin, dass »die unterrichtenden Professoren Studenten mit antiisraelischen Vorurteilen und Ansichten indoktrinieren«. So habe eine kürzlich durchgeführte Untersuchung ergeben, dass »160 akademische Abteilungen an 120 Colleges und Universitäten völlig einseitige, antiisraelische Äußerungen herausgegeben oder unterstützt haben, die eine Rhetorik enthalten, die der IHRA-Definition von Antisemitismus entspricht«.

Zu den »schlimmsten Beispielen« gehöre ein Professor an der Universität Berkeley, der in einem Vortrag palästinensische Terroranschläge als »Gegengewalt« bezeichnete, die »im Ausmaß verblasst« gegenüber den Aktionen Israels, und behauptete, »Holocaust-Leugnung ist eine Form des Protests«. Gemeint ist hier Gilbert Achcar, Professor für Entwicklungsforschung, der einmal in einem Interview mit der Anti-Israel-Website Electronic Intifadagesagt hatte, in den »meisten Fällen« sei Holocaust-Leugnung »eine sehr schwache und dumme Form des Protests von Leuten, die sich von der militärischen Gewalt und dem Rassismus des israelischen Staates zerschmettert fühlen«.

Jüdische Studenten unsicher

Aufgrund des »weit verbreiteten Antisemitismus« an den Hochschulen, so die Senatoren, fühlten sich »viele jüdische und pro-israelische Studenten nicht mehr sicher«. Vor allem an Universitäten, die die BDS-Bewegung unterstützten, würden jüdische und proisraelische Studenten häufig zur Zielscheibe physischer Gewalt — statistisch betrachtet 3,6-mal so oft wie an Hochschulen ohne BDS-Präsenz. Viele antisemitische Vorfälle hätten Bezüge zu Israel oder dem Zionismus. »In der Folge verzichten viele jüdische Studenten im ganzen Land darauf, sich öffentlich als jüdisch erkennen zu geben oder in den sozialen Medien Israel zu unterstützen.«

Die Unterzeichner beenden ihren Brief mit mehreren Fragen. Sie wollen wissen, wie viele Professoren und Studiengänge, auf die die IHRA-Antisemitismusdefinition zutreffe, im letzten Jahrzehnt Bundesmittel erhalten hätten und was das Bildungsministerium zu tun gedenke, damit Studiengänge zum Nahen Osten eine Diversität von Perspektiven aufwiesen, wie sie das Gesetz verlange. Zudem fragen sie: »Was schätzen Sie, wie viele Colleges und Universitäten in den USA für jüdische Studenten unsicher geworden sind? Wie können das Büro für Bürgerrechte des Bildungsministeriums und andere Ämter sicherstellen, dass jüdische Studenten sich auf dem Campus nachweislich sicher fühlen?«

Antisemit erschießt Professor

Wie Mena-Watch im Oktober 2022 berichtete, erließen neun Studentenorganisationen an der juristischen Fakultät der renommierten kalifornischen Eliteuniversität Berkeley Satzungen, die es verbieten, »Zionisten«, also Menschen, die den Staat Israel nicht zerstören wollen und die allermeisten Juden betrifft, als Redner einzuladen. 

Initiator und treibende Kraft hinter dem Versuch, »Zionisten« vom Campus zu verbannen, ist die Organisation Students for Justice in Palestine (SJP). Um Gerechtigkeit geht es ihr nicht. Laut dem amerikanischen Antisemitismusforscher Charles Small ist sie eine Vorfeldorganisation der Muslimbruderschaft, die sich mit Geld des Emirs von Katar finanziert, wie er im Dezember 2020 in einem Interview mit Mena-Watch erklärte: »Die Finanzierung der Students for Justice in Palestine, die mit der Muslimbruderschaft verbunden sind, macht die politische Atmosphäre auf dem Campus für jüdische Studenten immer schwieriger.«

Es bestehe ein Zusammenhang zwischen den finanziellen Mitteln, welche die Muslimbruderschaft Universitäten und Organisationen wie die SJP zukommen lasse, und »der intellektuellen und politischen Atmosphäre an Universitäten in Bezug auf palästinabezogenen Themen und Antisemitismus«, so Small.

Einige Beispiele für alltäglichen Antisemitismus an US-Universitäten aus den letzten zwölf Monaten:

  • Am Trinity College in Hartfort, Connecticut, werden in einem Studentenwohnheim drei Hakenkreuze in die Tür eines jüdischen Studenten geritzt.
  • In einem Wohnheim der Universität Claremont, Kalifornien, wird auf einer großen Weltkarte das Wort »Israel« durchgestrichen und durch »Palästina« ersetzt.
  • Am Rande einer von der SJP veranstalteten Anti-Israel-Demonstration an der Universität Illinois wirft einer der Teilnehmer einen Stein auf eine Gruppe jüdischer Studenten.
  • Mehrere Vorfälle ereigneten sich an der Universität Denver, Colorado, im Februar 2023 innerhalb einer einzigen Woche. In einem Wohnheim wurden an die Tür eines jüdischen Studenten Schweinefleischprodukte geklebt; in drei zeitlich nicht miteinander zusammenhängenden Fällen wurden Mesusot, die neben den Türen jüdischer Studenten hingen, »abgerissen und geschändet«, wie die Universität mitteilte.
  • In der ersten Märzwoche organisierten SJP-Aktivisten an zahlreichen Universitäten sogenannte »Israel-Apartheid-Wochen«. An der Universität Dallas wurde in diesem Zusammenhang der Film Resistance, Why?gezeigt, der die Terrororganisation PFLP verherrlicht, die für zahlreiche Morde an Juden verantwortlich ist.

Mittlerweile bekennen sich auch viele Professoren der Bereiche Nahoststudien öffentlich zum Hass auf Israel. So wurde die einst renommierte Middle East Studies Association (MESA) zu einem Unterstützer der BDS-Kampagne, die zum Ziel hat, Israel durch Boykott zu vernichten. MESA stellte sich hinter einen Professor, der sich geweigert hatte, einer jüdischen Studentin das bereits zugesagte Empfehlungsschreiben für ein Auslandssemester auszustellen, nachdem er erfahren hatte, dass sie dieses in Tel Aviv verbringen wollte, er sich aber dem Boykott Israels verpflichtet fühle.

Als ein Professor in Denver im September 2022 wegen antisemitischer Verschwörungstheorien von seiner Universität kritisiert wurde – er hatte in einem Podcast darüber spekuliert, dass der israelische Geheimdienst Mossad hinter dem versuchten Mordanschlag auf den Schriftsteller Salman Rushdie stecken könnte –, sah MESA die Meinungsfreiheit in Gefahr.

Antisemitische Gewalt betrifft mitunter auch Nichtjuden. Im November 2022 wurde an der Universität Arizona Thomas Meixner, Leiter des Hydrologischen Instituts, erschossen. Wie berichtet wurde, hatte der Täter, der 46-jährige ehemalige Student Murad Dervish, Meixner fälschlicherweise für einen Juden gehalten und ihn in den Wochen vor dem Mord in zahlreichen antisemitischen Textnachrichten bedroht, weil er ihn bezichtigte, eine »jüdische Verschwörung« gegen ihn zu steuern.

Bleiben Sie informiert!
Mit unserem wöchentlichen Newsletter erhalten Sie alle aktuellen Analysen und Kommentare unserer Experten und Autoren sowie ein Editorial des Herausgebers.

Zeigen Sie bitte Ihre Wertschätzung. Spenden Sie jetzt mit Bank oder Kreditkarte oder direkt über Ihren PayPal Account. 

Mehr zu den Themen

Das könnte Sie auch interessieren

Wir sprechen Tachles!

Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie einen unabhängigen Blickzu den Geschehnissen im Nahen Osten.
Bonus: Wöchentliches Editorial unseres Herausgebers!

Nur einmal wöchentlich. Versprochen!