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Berater von US-Verhandler Malley arbeiteten für irannahen Thinktank

Auch der Deutsche Adnan Tabatabai arbeitete in der »Iran-Experten-Initiative« rund um Robert Malley mit
Auch der Deutsche Adnan Tabatabai arbeitete in der »Iran-Experten-Initiative« rund um Robert Malley mit (© Imago Images / Jochen Eckel, ZUMA Wire)

Aktuellen Berichten zufolge gab es eine enge Zusammenarbeit hochrangiger US-Beamter mit der von Teheran gegründeten Iran-Experten-Initiative.

Jewish News Syndicate

Neu veröffentlichte Dokumente zeigen, dass mindestens drei als Top-Berater tätige Personen des suspendierten Diplomaten und US-Chefverhandlers für den Iran, Robert Malley, Teil von Teherans Iran-Experten-Initiative (IEI) aus dem Jahr 2014 waren, die das Image des Landes und seines Atomprogramms weltweit aufpolieren sollte, so ein Bericht der Nachrichtenseite Semafor. Bereits im Juni wurde bekannt, dass Malley Monate zuvor beurlaubt und seine Sicherheitsfreigabe widerrufen worden war. Berichten zufolge ermittelt das FBI gegen den Diplomaten wegen unsachgemäßen Umgangs mit geheimen Informationen.

Imagepolitur

Semafor und Iran International, die getrennt voneinander berichteten, hatten laut Semafor »einen großen Bestand an Korrespondenz und E-Mails der iranischen Regierung« erhalten. »Die Dokumente bieten tiefe und noch nie dagewesene Einblicke in die Denkweise und die innere Arbeitsweise des iranischen Außenministeriums zu einem entscheidenden Zeitpunkt in der Nukleardiplomatie, auch wenn Teherans Darstellung der Ereignisse von den an der IEI Beteiligten infrage gestellt, wenn nicht sogar rundweg geleugnet wird.« Die iranische Korrespondenz zeige, dass Teheran »zu der Art von Einflussoperationen fähig war, welche die USA und ihre Verbündeten in der Region häufig durchführen«.

Konkret bot der in der IEI tätige deutsche Wissenschaftler Adnan Tabatabai an, Meinungsartikel für Teheraner Funktionäre zu verfassen.

[In einer E-Mail an Irans damaligen Außenminister Mohammad-Dschawad Zarif vom 19. Mai 2014, in der er erklärte, was für eine »Freude« es für ihn gewesen sei, den Minister am Rande der Atomverhandlungenin Wien getroffen zu haben, bot Tabatabai dem iranischen Regime seine Dienste an:

»Unser Vorschlag könnte sein, dass wir als Gruppe einen Aufsatz (2000 Wörter) über die laufenden Gespräche verfassen … Wir würden Ihnen dann unseren Entwurf schicken – er könnte vollständig ›dar ekhtiyaar-e shoma‹ [zu Ihrer Verfügung] stehen« und, wie es weiter heißt, unter dem Namen eines iranischen Funktionars veröffentlicht werden »natürlich, nachdem Sie und Ihr Team das Stück überarbeitet haben«.

»Wie Sie sicherlich bemerkt haben, sind wir alle sehr bereit, unsere Kapazitäten und Ressourcen dafür einzusetzen, gemeinsam an der Verbesserung der Außenbeziehungen Irans zu arbeiten. Der Iran ist unser Land, daher haben auch wir das Bedürfnis und die Verantwortung, unseren Beitrag zu leisten. Wenn ich ›wir‹ sage, meine ich genau die Gruppe [IEI], die Sie getroffen haben«, schrieb Adnan Tabatabai in seiner E-Mail an Zarif weiter. Anm. Mena-Watch.]

Andere Mitglieder des Netzwerks fragten bei Mitarbeitern des iranischen Außenministeriums um Rat bezüglich der Teilnahme an Konferenzen und Anhörungen der USA und Israels an, so Semafor. »Die IEI-Teilnehmer waren produktive Verfasser von Meinungsbeiträgen und Analysen und gaben im Fernsehen und auf Twitter Einschätzungen ab, wobei sie regelmäßig die Notwendigkeit eines Kompromisses mit Teheran in der Nuklearfrage anpriesen – eine Position, die damals sowohl mit der Position der Obama- als auch der Rouhani-Regierung übereinstimmte«, heißt es in dem Semafor-Bericht.

Besonderen Zugang hätte die IEI in den letzten Jahren der Regierung des ehemaligen Präsidenten Barack Obama genossen, als Hassan Rouhani iranischer Präsident war. Die Iran-Experten-Initiative war von der Regierung Rouhani ins Leben gerufen worden, die den Pariastatus Teherans nach acht Jahren der Präsidentschaft von Mahmoud Ahmadinejad beenden wollte, in der die Holocaustleugnung öffentlich vorangetrieben und verstärkt die Auslöschung Israels propagiert worden war.

»Diese Initiative, die wir ›Iran Experts Initiative‹ nennen, besteht aus einer Kerngruppe von sechs bis zehn angesehenen Iranern der zweiten Generation, die Verbindungen zu den führenden internationalen Denkfabriken und akademischen Institutionen, vor allem in Europa und den USA, aufgebaut haben«, schrieb laut Semafor ein iranischer Diplomat, der später Sprecher des Außenministeriums wurde, im Jahr 2014 an den Leiter der Denkfabrik des Ministeriums.

Enge Absprache

Ariane Tabatabai, die der iranische Diplomat als Teil des IEI-Netzwerks identifizierte, bekleidet im Pentagon den Posten der Stabschefin des stellvertretenden Verteidigungsministers für Sondereinsätze – »eine Position, die eine Sicherheitsüberprüfung durch die US-Regierung erfordert«, wie Semafor festhält. »Sie diente zuvor als Diplomatin in Malleys Team für die Atomverhandlungen mit dem Iran, nachdem die Biden-Administration 2021 ihr Amt angetreten hatte.«

Tabatabai fragte beim iranischen Außenministerium an, ob sie auf Einladung eines saudischen Prinzen und ehemaligen Botschafters in Washington Saudi-Arabien besuchen und ob sie an einem Workshop der israelischen Ben-Gurion-Universität über das iranische Atomprogramm teilnehmen solle.

»Ich bin nicht daran interessiert zu partizipieren, aber dann dachte ich, es wäre vielleicht besser, wenn ich hingehe und rede, anstatt einer israelischen Rednerin wie Emily Landau, die teilnimmt und Desinformationen verbreitet«, schrieb sie laut Semafor an den iranischen Verantwortlichen der Universitätsveranstaltung. »Ich möchte auch Sie um Ihre Meinung bitten und wissen, ob Sie denken, dass ich die Einladung annehmen und hingehen sollte.«

»Alles in allem scheint Saudi-Arabien ein guter Fall zu sein, aber der zweite Fall sollte besser vermieden werden. Danke«, schrieb der Revolutionsgardenoffizier und am Aufbau der IEI beteiligte Chef des iranischen Thinktanks IPIS, Mostafa Zahrani, noch am selben Tag zurück und bezog sich dabei auf die Israel-Reise. »Es gibt keine Belege, dass Tabatabai an der Konferenz in Israel teilgenommen hat, obwohl ihre Bücher und Forschungsberichte darauf hindeuten, dass sie eine Reihe von hochrangigen israelischen Beamten interviewt hat«, so Semafor.

Offizielles Dementi

Die von Robert Malley von 2018 bis 2021 geleitete Denkfabrik International Crisis Group (ICG) erklärte gegenüber Semafor, das IEI werde nicht von der iranischen Regierung geleitet. Zu erwähnen ist diesbezüglich, dass ein ehemaliger IEI-Wissenschaftler jetzt Senior-Berater für den Nahen Osten und Nordafrika bei der ICG ist.

»Nach meiner Lektüre sieht das aus wie ein Bericht über Dinge, die vor fast einem Jahrzehnt passiert sind und an denen größtenteils Leute beteiligt waren, die derzeit nicht für die Regierung arbeiten«, so der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, als er bei der Pressekonferenz des Ministeriums am Dienstag dazu befragt wurde.

Die einzige derzeitige amerikanische Regierungsbeamtin, die in der Geschichte erwähnt werde, habe »sich vor ihrem Eintritt in die Regierung mehrfach kritisch über den Iran geäußert und sich einer gründlichen Hintergrunduntersuchung unterzogen, um eine Sicherheitsfreigabe zu erhalten, bevor sie in das Außenministerium eintrat«, so Miller weiter. Tabatabai arbeite jetzt im Verteidigungsministerium, an das spezifische Anfragen oder Kommentare bezüglich ihres Status zu richten wären.

»Am wichtigsten ist«, fügte Miller hinzu, »dass jeder Beamte, der sich mit sensiblen Themen befasst und eine Sicherheitsfreigabe erhalten muss, einer vollständigen Hintergrundprüfung unterzogen wird, die von Berufsbeamten durchgeführt wird. So war es auch in diesem Fall.«

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