Eine regimetreue iranische Zeitung publizierte den Brief, in dem der US-Iranbeauftragte über den Verlust seiner Sicherheitsfreigabe informiert wurde.
Seit im Juni bekannt wurde, dass Robert Malley, der US-Chefverhandler für den Iran, bereits Monate zuvor suspendiert worden war, ohne dass die Öffentlichkeit über diesen Schritt informiert wurde, bleibt die Affäre rätselhaft. Das liegt nicht zuletzt daran, dass das amerikanische Außenministerium sich auch gegenüber US-Abgeordneten hartnäckig weigert, Licht in die Sache zu bringen.
Bekannt wurde lediglich, dass Malley auf unbezahlten Urlaub geschickt wurde, nachdem ihm offenbar wegen eines problematischen Umgangs mit geheimen Unterlagen die Sicherheitsfreigabe entzogen worden war. Um welche Materialien es sich dabei gehandelt und worin sein missbräuchlicher Umgang damit bestanden haben soll, darüber hat die US-Regierung bis heute keine Auskunft erteilt.
Was an Informationen über die Malley-Affäre bisher an die Öffentlichkeit kam, stammte meist nicht von den amerikanischen Behörden, sondern ausgerechnet von der Tehran Times, einer dem Regime nahestehenden iranischen Tageszeitung. Mitte Juli etwa berichtete das Blatt, Malleys Suspendierung sei die Folge von »geheimen Gesprächen mit einem hochrangigen iranischen Diplomaten bei den Vereinten Nationen und seine verdächtigen Interaktionen mit inoffiziellen Beratern iranischer Herkunft«.
Zu den letztgenannten Beratern gehörten laut der Times unter anderem Ali Vaez, Leiter der Iran-Abteilung bei der International Crisis Group (deren Chef Malley war, bevor er von Präsident Joe Biden zum Iran-Chefverhandler gemacht wurde), Vali Nasr, ein Professor an der Johns Hopkins University und bekannter Kritiker der amerikanischen Nahostpolitik sowie jeglicher Sanktionen gegen das iranische Regime, und Trita Parsi, ein seit Langem als inoffizieller Iran-Lobbyist bekannter Akademiker, an dessen isolationistischem und überwiegend israelfeindlichem Quincy Institute for Responsible Statecraft Malleys Sohn beschäftigt ist.
Ernste Sicherheitsbedenken
Am vergangenen Sonntag legte die Tehran Times mit einer weiteren Veröffentlichung zur Affäre Malley nach – und die hatte es in sich. Denn das Blatt veröffentlichte allem Anschein nach den Brief, mit dem Malley über den Entzug seiner Sicherheitsfreigabe informiert wurde. In dem Schreiben, das auf den 21. April 2023 datiert ist, informiert Erin Smart, Direktorin des Büros für diplomatische Sicherheit im Büro für Personalsicherheit und -eignung des amerikanischen Außenministeriums, Malley darüber, dass seine
»weitere Zulassung für Angelegenheiten der nationalen Sicherheit nicht eindeutig mit den Interessen der nationalen Sicherheit vereinbar ist. Ihre Zulassung (…) einschließlich Ihrer Top-Secret-Sicherheitsfreigabe ist bis zum Abschluss einer laufenden Untersuchung ausgesetzt.«
Dem Büro seien Informationen vorgelegt worden, die »ernste Sicherheitsbedenken« ausgelöst hätten. Sie hätten sich sowohl auf Malleys persönliches Verhalten als auch auf den Umgang mit geheimen Informationen und der Verwendung von Informationstechnologien bezogen. Konkretere Vorwürfe werden in dem Brief nicht genannt. Malley wurde aufgefordert, unter anderem seine Zugangskarte zu Gebäuden des Außenministeriums sowie seinen diplomatischen Pass abzugeben.
Besorgniserregend
Die Veröffentlichung des Briefes in der Tehran Times schlug nicht so sehr wegen seines Inhalts ein, der dem bisher bereits Bekannten nichts Wesentliches hinzufügt, als vielmehr, da sich die Frage aufdrängt, wie das regimetreue Blatt in den Besitz des Schreibens gelangen konnte. Dieses ist zwar nicht als geheim eingestuft, aber bislang nicht einmal den Abgeordneten des zuständigen Parlamentsausschusses zugänglich gemacht worden.
»Wenn dieses Memo authentisch ist, ist es äußerst besorgniserregend, zumal es nicht das erste Mal ist, dass das Sprachrohr des iranischen Regimes in den Besitz sensibler Informationen der US-Regierung zu kommen scheint, während der Kongress im Dunkeln gelassen wird«, so ein republikanischer Abgeordneter. »Dass Teheran sowohl den Zeitpunkt als auch den Inhalt der Informationen über den Fall Malley für die Öffentlichkeit bestimmt, ist keine gute PR-Strategie, und mit ihrer Verschwiegenheit in dieser Frage schießt sich die [amerikanische] Regierung ein Eigentor.«
Das amerikanische Außenministerium hält derweil an seiner Taktik des Mauerns fest. Ein Sprecher erklärte zur Veröffentlichung des Briefes nur: »Aus Gründen des Datenschutzes können wir derzeit keine weiteren Informationen geben.«