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Demonstranten stürmen Elektrizitätswerk im Libanon

Libanon: Selbst im Nationalmuseum in Beirut bleiben aufgrund des Strommangels die Lichter aus
Libanon: Selbst im Nationalmuseum in Beirut bleiben aufgrund des Strommangels die Lichter aus (© Imago Images / ABACAPRESS)

In Beirut besetzte eine Menschengruppe am Dienstag das Gebäude der staatlichen Elektrizitätsgesellschaft, um gegen die hohen Strompreise im Libanon zu protestieren.

Örtlichen Berichten zufolge rückten Sicherheitskräfte und Bereitschaftspolizei sofort zur Zentrale der Electricité du Liban (EDL) vor, woraufhin die Demonstranten das Gebäude verließen. Eine Delegation, welche die Demonstranten vertrat, traf später mit EDL-Direktor Kamal al-Hayek zusammen, um Möglichkeiten zur Senkung der monatlichen Belastungen zu erörtern, wie die offizielle nationale Nachrichtenagentur berichtete.

Der Libanon leidet seit dem Ende des Bürgerkriegs im Jahr 1990 unter einer Stromkrise. Seitdem kommt es immer wieder zu Stromausfällen, die nicht zuletzt auf die Korruption und Misswirtschaft der herrschenden politischen Elite zurückzuführen sind. Die Krise verschärfte sich nach dem Finanzkollaps im Oktober 2019. Aufgrund des Zusammenbruchs der Landeswährung war die Regierung nicht in der Lage, die Treibstoffimporte zu bezahlen, was zu landesweiten Engpässen führte.

Im Oktober 2021 fielen die beiden wichtigsten Kraftwerke des Landes wegen Brennstoffmangels aus, woraufhin das Land in Dunkelheit versank. Noch im selben Monat wurde die Stromversorgung wiederhergestellt, nachdem das Energieministerium von der Zentralbank einen Kredit in der Höhe von hundert Millionen Dollar für die Einfuhr von Brennstoff erhalten hatte. Dennoch rationierte die Elektrizitätsgesellschaft weiterhin den Strom und versorgte die Bürger nur wenige Stunden pro Tag mit Elektrizität. Viele Libanesen waren gezwungen, trotz der hohen Kosten auf Generatoren zurückzugreifen, während andere Solaranlagen zur Stromerzeugung installierten.

Währungsverfall

Im November letzten Jahres erhöhte die EDL die Tarife in der Hoffnung, dadurch die Versorgung zu verbessern. Bezahlt werden die Rechnungen in libanesischen Pfund auf der Grundlage des sogenannten Sayrafa-Kurses, einer von der Zentralbank eingerichteten elektronischen Plattform, die den Wechselkurs täglich in der Nähe des Schwarzmarktkurses festlegt. Heute liegt der Sayrafa-Kurs bei 85.500 Pfund für einen Dollar.

Das libanesische Pfund war in den 1990er Jahren mit einem Kurs von 1:1.500 an den Dollar gekoppelt. Seit der Krise im Jahr 2019 verlor es jedoch mehr als neunzig Prozent seines Werts. Infolgedessen sind die Preise für Waren in die Höhe geschnellt, weshalb auch die Armutsrate eklatant anstieg. Zugleich wurde die Bevölkerung von ihren Ersparnissen abgeschnitten, indem die Banken informelle Kapitalkontrollen einführten und Bargeldabhebungen beschränkten.

Die Reform des Elektrizitätssektors im Libanon ist eine der wichtigsten Bedingungen, die internationale Geber, darunter der Internationale Währungsfonds, gestellt haben, um dringend benötigte Finanzhilfen freizusetzen.

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