Wie die damalige israelische Regierung und die Medien das Publikwerden der Tatsache verhinderten, dass die PLO die Osloer Abkommen nicht ratifiziert hatte.
David Bedein
In Nostalgie erinnern viele Medien an den 30. Jahrestag des Osloer Friedensprozesses, der am 13. September 1993 im Weißen Haus begann, als Israel dort die Grundsatzerklärung (DOP) zwischen Israel und der Palästinensischen Befreiungsbewegung (PLO) unterzeichnete. Das im norwegischen Oslo ausgehandelte Abkommen sah nicht nur die gegenseitige Anerkennung zwischen Israel und der PLO vor, sondern verpflichtete die PLO auch, ihre terroristischen Aktivitäten einzustellen und ihre Charta, in der die Zerstörung Israels gefordert wird, aufzuheben.
Die israelische Knesset ratifizierte die Osloer Verträge eine Woche später mit 61 zu 50 Stimmen bei neun Enthaltungen. Kaum beachtet wurde jedoch die Tatsache, dass die PLO- bzw. Fatah-Exekutive das Osloer Abkommen am 6. Oktober 1993 mangels Beschlussfähigkeit nicht ratifizierte.
Pinchas Inbari, einer der wenigen israelischen Korrespondenten, die aus Tunis über die PLO berichteten, schilderte das Scheitern der PLO bei der Ratifizierung des Abkommens damals in der linken israelischen Zeitung Al HaMishmar. Die übrigen israelischen Medien berichteten nicht darüber, und die israelische Regierung tat so, als hätte die palästinensische Organisation das Abkommen ratifiziert. Nach seiner Rückkehr aus Tunis sollte Inbari in einer beliebten Morgensendung im Radio auftreten. Premierminister Yitzhak Rabin rief jedoch persönlich beim staatlichen israelischen Rundfunk an und überredete diesen, den Auftritt abzusagen.
Die israelische Regierung schickte umgehend den damaligen stellvertretenden Außenminister Yossi Beilin nach Tunis, um PLO-Chef Jassir Arafat dafür zu danken, die Ratifizierung des Osloer Abkommens ermöglicht zu haben, das Arafat und die PLO allerdings gar nicht ratifiziert hatten. Das war ein Zeichen für die Zukunft.
Arafat kontrollierte alles
Der ehemalige New-York-Times-Reporter Michael Widlanski deckte gemeinsam mit einem Spitzenteam arabischsprachiger Reporter die lange Geschichte der Doppelzüngigkeit von Arafat und seiner Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) auf. Im Zuge seiner Recherchen überprüfte Widlanski persönlich fast eine halbe Million Dokumente, die in den Disketten, Festplatten und Aktenkisten enthalten waren, die 2002 von der israelischen Regierung beschlagnahmt worden waren, als der damalige israelische Minister für öffentliche Sicherheit, Uzi Landau, die Schließung des Orient-Hauses anordnete, das der quasi-offizielle PA-Sitz in Jerusalem war.
Widlanski, der mir eine Reihe von Kopien der Dokumente in arabischer Sprache schickte, erklärte, die Dokumente hätten wiederholt belegt, »dass Arafat die tägliche Kontrolle über die Details der militärischen Operationen der Palästinensischen Autonomiebehörde hatte. … Sie zeigen unwiderlegbar, dass er die Tanzim-Miliz der Fatah [und andere Terrororganisationen] kontrollierte, und nicht, dass sie ihn kontrollierten.«
Die Dokumente belegten, dass Arafats Stellvertreter wie Faisal Al-Husseini Anträge auf Genehmigung von Ausgaben an Arafat selbst weiterleiteten. Unter den sichergestellten Unterlagen befanden sich zum Beispiel Berichte eines gemeinsamen Feldkomitees palästinensischer Organisationen, die an Al-Husseini gerichtet waren. Sie enthielten detaillierte Angaben zu den in Jerusalem durchgeführten terroristischen Aktionen sowie einen Budgetantrag zur Deckung der Betriebskosten für den kommenden Monat. »Nachdem Al-Husseini dieses Dokument initiiert hatte, schrieb er einen separaten Brief an Arafat, in dem er die Anfrage weiterleitete und ihm empfahl, die Ausgaben zu genehmigen«, so Widlanski.
Tiefer Einblick
Die Schriftstücke aus dem Orient-Haus, die in einem Polizeilager in Beit Shemesh aufbewahrt wurden, geben Einblick in die Arbeitsweise der Geheimpolizei der Palästinensischen Autonomiebehörde in Jerusalem und die Verwicklung der PA in alle Bereiche der organisierten Kriminalität: Drogen, Prostitution, Waffenschmuggel und Autodiebstahl.
Zwei Polizeibeamte fragten mich damals, ob ich private Mittel für die Übersetzung dieser Dokumente auftreiben könnte, teilten mir jedoch später mit, es sei beschlossen, sie nicht an die Öffentlichkeit zu tragen. Ich fragte Tzachi Hanegbi, den damaligen Vorsitzenden des Außen- und Verteidigungsausschusses der Knesset, warum diese Entscheidung getroffen wurde, worauf er antwortete, der Grund dafür sei geheim.
Schließlich zerstörte eine Überschwemmung im Hauptquartier der israelischen Polizei in Beit Shemesh die Dokumente aus dem Orient-Haus, die Aufschluss über Arafats wahre Absichten gegeben hätten. In ihrem Bestreben, den Irrglauben zu erwecken, Arafat wollte tatsächlich eine Ära des Friedens einleiten, übersahen die israelische Regierung und die Medien dieses zentralen Versagen.
Nur sehr wenige Menschen kennen heute Inbaris Geschichte oder erinnern sich an sie. Nachdem ich sie gelesen hatte, schrieb ich, Arafat könnte als ein zweiter Woodrow Wilson in die Geschichte eingehen, dessen Friedensplan nach dem Ersten Weltkrieg vom US-Kongress abgelehnt wurde. Dazu kam es nicht, weil die israelische Regierung und die Medien verhinderten, dass jemand erfuhr, dass der Friedensprozess mit der PLO weniger als drei Wochen dauerte.
David Bedein ist Direktor des Nahum Bedein Center for Near East Policy Research. (Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.)