FDP fordert Solidarität mit Israel in der UNO

Von Alex Feuerherdt

Die Freidemokraten (FDP) werden im Bundestag beantragen, das antiisraelische deutsche Abstimmungsverhalten in der UNO entscheidend zu ändern. Dieser Schritt ist so bemerkenswert wie überfällig. Doch zum Erfolg wird er nicht führen.

FDP fordert Solidarität mit Israel in der UNOSechsundzwanzig Resolutionen, die von der UN-Generalversammlung im vergangenen Jahr verabschiedet wurden, richteten sich jeweils gegen ein einzelnes Land. Einundzwanzigmal hieß dieses Land: Israel. In den Jahren davor sahen die Zahlen ähnlich aus. Gemessen daran handelt es sich beim jüdischen Staat also um den weltweit mit großem Abstand schlimmsten Verursacher von Menschenrechtsverletzungen. Natürlich ist das Unsinn, wie jeder weiß, der auch nur über einen halbwegs klaren Verstand verfügt. Denn dass es um die Menschenrechte in Ländern wie etwa dem Iran, Syrien und Nordkorea, auf die lediglich je eine Verurteilung entfiel, oder in Staaten wie beispielsweise China, Saudi-Arabien und der Türkei, die gänzlich unbehelligt blieben, um ein Vielfaches schlechter bestellt ist, ist so offensichtlich und so bekannt, dass man nicht erst eine umfängliche Beweisführung antreten muss.

Dennoch ist es Israel, das bei den Vereinten Nationen so oft an den Pranger gestellt wird wie kein anderes Land. In den jüngsten Resolutionen wird ihm unter anderem vorgeworfen, Menschen- und Völkerrechtsverletzungen zum Nachteil der Palästinenser zu begehen, gegen die Genfer Konvention zu verstoßen, das Flüchtlingshilfswerk UNRWA in seiner Arbeit zu behindern und die „Repatriierung“ von fast fünfeinhalb Millionen Palästinensern zu hintertreiben – obwohl diese nie auf israelischem Territorium gelebt, sondern ihren Flüchtlingsstatus lediglich geerbt haben. Das Ziel dieser „Farce“, wie Hillel Neuer es nennt, der Geschäftsführer der Organisation UN Watch, sei es nicht, den Palästinensern wirklich zu helfen oder die Menschenrechte zu schützen, sondern ausschließlich, „Israel zum Sündenbock zu machen“.

Man sollte meinen und erwarten, dass wenigstens demokratische Länder wie die Mitglieder der Europäischen Union dieses durchschaubare, üble Spiel gegen den jüdischen Staat nicht mitmachen, sondern bei den Abstimmungen mit einem klaren Nein votieren. Doch das Gegenteil ist der Fall, immer wieder. Deutschland beispielsweise stimmte zuletzt 16 der 21 antiisraelischen Resolutionen in der Generalversammlung zu und enthielt sich bei vier weiteren. Zur Begründung erklärte der deutsche Außenminister Heiko Maas, man verfolge die Linie, sich an den Diskussionen über die betreffenden Resolutionsentwürfe bis zum Schluss zu beteiligen, statt den Rückzug anzutreten und mit „Nein“ zu stimmen. Auf diese Weise habe man viele Beschlüsse abmildern können.

Wörtlich sagte Maas: „Anstatt frühzeitig aus der Debatte rauszugehen und damit Resolutionstexte zu bekommen, die deutlich schärfer gegen Israel gerichtet sind, wollen wir in den Debatten Einfluss nehmen und dafür sorgen, dass die Texte so ausfallen, dass sie nicht die Schärfe haben, sondern dass Dinge, die dort stehen und die wir nicht mittragen können, auch nicht verabschiedet werden.“ Hillel Neuer hatte dieses Prozedere, zu dem es auch in anderen UN-Gremien mithilfe der Europäer regelmäßig kommt, vor knapp drei Jahren als „das alte Spiel zwischen Brüssel und Ramallah“ bezeichnet: Die Palästinenser – oder ihre Verbündeten – reichten erst „einen noch drastischeren Entwurf ein – im Wissen, dass er später revidiert werden wird –, damit die Europäer so tun können, als hätten sie einen ‚ausgewogeneren‘ Text erreicht“. Von Israel erwarte man dann, zu feiern, „nur mit einem dünneren Strick gelyncht worden zu sein“.

 

FDP: Deutschland muss Dämonisierung Israels entgegentreten

FDP fordert Solidarität mit Israel in der UNO
Quelle: Deutscher Bundestag

In der Tat ist der deutsche Ansatz abwegig. Denn die Resolutionen sind auch in ihrer abgeschwächten Form untragbar, schon weil ihre schiere Zahl – gerade verglichen mit den wenigen Verurteilungen anderer Länder – für eine weitere Dämonisierung und Delegitimierung der einzigen Demokratie im Nahen Osten sorgt. So sieht es auch die FDP, deren Bundestagsfraktion nun auf einer Sitzung einen bemerkenswerten Antrag ans Parlament beschlossen hat, in dem eine Änderung des deutschen Abstimmungsverhaltens gefordert wird. Dieser Antrag, der MENA-Watch vorliegt, war vom außenpolitischen Sprecher der FDP-Fraktion, Bijan Djir-Sarai, und seinem Fraktionskollege Frank Müller-Rosentritt eingebracht worden. In ihm heißt es, die jüngsten Beschlüsse der UN-Generalversammlung verdeutlichten „die Voreingenommenheit im Abstimmungsverhalten gegenüber Israel, die sich unter einer signifikanten Zahl von Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen feststellen lässt“.

Es müsse deshalb thematisiert werden, inwieweit eine Mehrheit der UN-Mitgliedsstaaten „einen völlig anderen Maßstab an Israel anlegt als an jedes andere Mitgliedsland der Weltorganisation“. Eine andauernde zahlenmäßig überproportionale Verurteilung Israels gehe „im Gesamtbild weit über legitime Kritik hinaus“ und sei „nur vor dem Hintergrund einer beabsichtigten Delegitimierung Israels durch eine signifikante Zahl von UN-Mitgliedsstaaten erklärbar“. Eine Änderung des deutschen Abstimmungsverhaltens sei daher dringend geboten, um „eine glaubwürdige Außenpolitik vertreten zu können und die deutsche Staatsräson mit Leben zu füllen, zu der nach der vollen Überzeugung des Deutschen Bundestags die Sicherheit und das Existenzrecht Israels gehören“. Zudem soll Deutschland nach dem Willen der FDP auf europäischer Ebene „eine aktive Führungsrolle für eine Neuausrichtung des gemeinsamen Abstimmungsverhaltens der europäischen Partner“ einnehmen.

Nach dem Willen der Freidemokraten soll der Bundestag überdies die Bundesregierung auffordern, sich in den Gremien und Unterorganisationen der UNO „klar von einseitigen, vorrangig politisch motivierten Initiativen und Allianzen anti-israelisch eingestellter Mitgliedsstaaten zu distanzieren und Israel und legitime Interessen Israels vor einseitigen Verurteilungen zu schützen“. Zudem müsse die Regierung „den politischen Kräften im Nahen und Mittleren Osten entgegenwirken, die das Existenzrecht Israels mit teils aggressiver Rhetorik in Frage stellen oder die Sicherheit Israels offen bedrohen“ – ein deutlicher Hinweis vor allem auf die Hamas, die Hisbollah und den Iran. Seine Mitgliedschaft im Sicherheitsrat solle Deutschland nutzen, um sich „Delegitimierungsversuchen gegenüber dem Staat Israel klar entgegenzustellen“ und Israel auch in der praktischen Politik in der UNO zu unterstützen.

 

Groteske Widersprüche in der deutschen Außenpolitik

FDP fordert Solidarität mit Israel in der UNO
Frank Müller-Rosentritt, Bijan Djir-Sarai (Quelle: Twitter)

Zu den FDP-Forderungen gehört ferner, die erkennbare Instrumentalisierung des internationalen Rechts zum Zwecke der Diskreditierung des jüdischen Staates zu bekämpfen, die Zahl der einseitig gegen Israel gerichteten UN-Resolutionen „sowohl im Rahmen der Vereinten Nationen als auch der Europäischen Union als Problem zu benennen“ und „auf ein Ende des vorrangig politisch motivierten Ungleichgewichts“ bei der Zahl von UN-Resolutionen gegen Israel hinzuwirken. „Wir dürfen Israel bei den UN nicht länger im Stich lassen“, sagte der Antragsinitiator Frank Müller-Rosentritt gegenüber Bild Online. Es sei „ein Wahnsinn, dass wir uns ständig an der Seite von Ländern wie Saudi-Arabien, Iran oder Jemen gegen Israel stellen“.

Müller-Rosentritt und Bijan Djir-Sarai hatten Außenminister Maas bereits im November 2018 im Deutschen Bundestag für das mehr als fragwürdige deutsche Abstimmungsverhalten in der UNO kritisiert. Der Antrag, den die FDP in Kürze im Bundestag stellen wird, ist nun der nächste Schritt – und es ist überfällig, dass ihn jemand unternimmt. Denn es ist ein geradezu grotesker Widerspruch, wenn die Bundesregierung einerseits betont, die Sicherheit Israels gehöre zur deutschen Staatsräson, und sich andererseits stets an der Verurteilungsorgie gegen den jüdischen Staat in der UNO beteiligt. So, wie es ein grotesker Widerspruch ist, wenn Heiko Maas sagt, er sei „wegen Auschwitz in die Politik gegangen“, und bei seiner ersten Reise als Außenminister nach Israel verkündet, heute müsse jeder beweisen, dass er etwas aus der Geschichte gelernt hat – „auf der Straße, am Arbeitsplatz, im Fußballverein, wo auch immer“ –, um dann die deutsche Beteiligung an der Dämonisierung des jüdischen Staates in der UNO zu verteidigen.

In dieser Erklärung hatte Maas auch behauptet, für das deutsche Vorgehen bei antiisraelischen Resolutionsentwürfen gebe es „viel Zustimmung von der israelischen Seite“. Dem hat nun der israelische Botschafter in Deutschland, Jeremy Issacharoff, widersprochen. Auf Twitter schrieb er, es sei dringend erforderlich, dass Deutschland sein Abstimmungsverhalten bei den Vereinten Nationen ändert und auch seine europäischen Partner dazu anhält. Dass das geschieht, ist allerdings äußerst unwahrscheinlich. Denn dazu wäre ein Kurswechsel in der deutschen Außenpolitik notwendig, für den es keinerlei Anzeichen gibt. Die FDP wird deshalb mit ihrem Antrag scheitern – und das spricht Bände.

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