Nach Beendigung des Kriegs zwischen Israel und der Hamas müssen die Hilfsgüter, die nach Gaza fließen werden, endlich ordnungsgemäß verteilt werden, damit sie nicht mehr in die Hände von Terrorgruppen fallen.
Olga Deutsch
Die Frage nach dem »Tag danach«, wenn der Krieg zwischen Israel und der Hamas beendet ist, findet bei den gewählten Vertretern in aller Welt zunehmend Beachtung. Wann und wie auch immer der Krieg enden wird, so ist doch eines sicher: Milliarden an humanitärer und Entwicklungshilfe werden nach Gaza fließen, auch aus den USA und Europa.
Um sicherzustellen, dass diese Hilfe jene konstruktive Wirkung zeigt, die sie haben sollte, müssen die Geber das Problem der jahrelangen Abzweigung von Hilfsgeldern für terroristische Zwecke durch die Hamas lösen und abstellen.
Die Plünderung von Hilfsgütern durch die Hamas begann lange vor den Gräueltaten vom 7. Oktober des letzten Jahres. So wurde beispielsweise Mohammad El-Halabi, der ehemalige Leiter der Gaza-Operationen der mächtigen NGO World Vision, 2016 und 2022 verhaftet und schließlich verurteilt, weil er die Hamas beim Bau von Tunneln und Militäranlagen, bei der Beschaffung von Waffen und Ausrüstung sowie bei anderen Straftaten unterstützt hatte.
Ein weiterer Fall ist das umstrittene UN-Flüchtlingshilfswerk für die Palästinenser, die UNRWA. Einerseits waren Mitglieder der Organisation am Massaker vom 7. Oktober beteiligt, andererseits wurde der Hamas die Nutzung von UNRWA-Einrichtungen erlaubt. Die UNRWA gab kurzfristig auch zu, dass Mitarbeiter des von der Hamas geführten Gesundheitsministeriums im Gazastreifen während des aktuellen Kriegs »Treibstoff und medizinische Ausrüstung aus dem Gelände der Organisation in Gaza-Stadt entfernt« haben.
In einem weiteren Fall entdeckte Israel bei der Inspektion einer Hilfslieferung im November 2023 mehrere Sauerstoffkonzentratoren, die zur Belüftung von Terrortunneln bestimmt waren.
Diese und viele andere Vorfälle haben kritische Lücken in der Aufsichts- und Rechenschaftspolitik verschiedener Hilfsorganisationen ersichtlich werden lassen. Die Regierungen der Geberländer, darunter auch die USA, müssen unverzüglich die systemischen Schwächen bei der Überprüfung der Partner und den Liefermechanismen beheben.
Internationales Problem
Die Umleitung von Hilfsgeldern durch Terrorgruppen ist nicht nur eine politische Frage. Das Problem ist auch nicht auf Gaza beschränkt und stellt eine ernsthafte Bedrohung für Konfliktregionen auf der ganzen Welt dar. Bei einer Anhörung des Ausschusses für auswärtige Beziehungen des US-Senats am 28. Februar warf Senator Bill Hagerty beispielsweise gezielte Fragen zur amerikanischen Hilfe für den Jemen auf. Hagerty konzentrierte sich dabei auf einen Zuschuss in der Höhe von 1,1 Mio. Dollar der internationalen US-Entwicklungsbehörde USAID an die Jemen-Operationen von Norwegian People’s Aid (NPA).
Im Jahr 2018 konnte NPA die Beilegung einer Zivilklage des amerikanischen Justizministeriums erreichen, in der es um die Ausbildung iranischer Militärs, der Hamas und anderer Terrorgruppen durch NPA ging. Unter Hinweis auf diese Affäre fragte Hagerty Beamte der Regierung Biden: »Können Sie garantieren, dass unsere Steuergelder, die in den Jemen fließen, nicht auf irgendeine Weise zu den Huthi umgeleitet werden, um terroristische Aktivitäten zu unterstützen?«
Bei einem früheren Vorfall kam ein Sonderbericht des UN-Sicherheitsrats zu dem Schluss, dass mindestens die Hälfte der Nahrungsmittelhilfe des Welternährungsprogramms für Somalia – insgesamt 485 Mio. Dollar im Jahr 2009 – an »ein Netz aus korrupten Auftragnehmern, radikalen islamistischen Kämpfern und lokalen Mitarbeitern der Vereinten Nationen« umgeleitet wurde.
Neue Strategien gefordert
Um diese Herausforderungen zu bewältigen und die Integrität der humanitären Hilfsprogramme zu gewährleisten, müssen die USA und andere Geberländer solide Mechanismen entwickeln, um die beteiligten Organisationen und Einrichtungen zu überprüfen. Dazu gehört natürlich die Sicherstellung, dass die Hilfsgüter an ihrem Bestimmungsort ankommen; aber es muss auch gegen die Ausnutzung der bereitgestellten Dienste und Projekte, für die Mittel aus humanitären Hilfsprogrammen zu Zwecken der Aufwiegelung und Radikalisierung verwendet werden, vorgegangen werden.
Einige der Mechanismen, die eingesetzt werden könnten, sind unabhängige Überwachungsgremien, umfassende Hintergrundüberprüfungen und die elektronische Verfolgung der Hilfsverteilung. Sobald diese Maßnahmen eingeführt sind, müssen USAID und andere Organisationen sicherstellen, dass sie durch eine starke unabhängige Aufsicht umgesetzt werden. Sich bloß auf Selbstauskünfte der Organisationen zu verlassen, ist eindeutig unzureichend und anfällig für Manipulationen. Die Förderung einer Kultur der Rechenschaftspflicht sollte für alle Beteiligten Priorität haben.
Der Krieg im Gazastreifen ist wie alle Konflikte kein »Alles oder Nichts«-Spiel. Die politische Debatte über die humanitäre Hilfe sollte nicht auf die Behauptung reduziert werden, dass jede Alternative zu uneingeschränkter Hilfe um jeden Preis irgendwie inhuman oder prinzipienlos sei. Stattdessen sollte die Hilfe in einer wirksamen, verantwortungsvollen und transparenten Weise geleistet werden.
Olga Deutsch ist Vizepräsidentin von NGO Monitor. (Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.)