Erweiterte Suche

Hamas-Terror: Die Ausrede des erlittenen Leids

Überlebende des von der Hamas überfallenen Kibbuz Kfar Aza beobachtet im Fernsehen eine Geiselfreilassung
Überlebende des von der Hamas überfallenen Kibbuz Kfar Aza beobachtet im Fernsehen eine Geiselfreilassung (Imago Images / Eyal Warshavsky)

Meine Eltern haben im Holocaust weitaus Schlimmeres überlebt als die Palästinenser, aber sie wären nie auf die Idee gekommen, wie die Hamas-Terroristen Kindern, Frauen und älteren Menschen etwas anzutun.

Joel Weinberger

Viele Menschen unterstützen das Recht der Palästinenser auf einen eigenen Staat. Viele verurteilen die Politik und die Haltung des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu und seiner politischen Verbündeten, die diese Rechte verweigern und die Palästinenser schlecht behandeln. Ich tue das auch. Viele sind erschüttert über das Leid der Menschen im Gazastreifen, seit Israel seinen Krieg gegen die Hamas aufnehmen musste. Ich bin es auch.

Aber zu viele dieser Menschen unterstützen die Hamas und loben das Massaker der Terrorgruppe vom 7. Oktober. Sie sagen, dass dieses entsetzliche Verüben von Verbrechen gegen die Menschheit die gerechtfertigte Handlung eines Volkes gewesen sei, das seit fünfundsiebzig Jahren unterdrückt werde. Was ist nur los mit diesen Leuten?

Die Hamas, die sie händereibend preisen, gibt ihr geplantes Abschlachten von über 1.200 Zivilisten offen zu, von denen viele die Ermordung von Familienmitgliedern miterleben mussten, bevor sie selbst getötet wurden. Frauen wurden vergewaltigt. Neunundzwanzig der Ermordeten waren Kinder. Über zweihundert wurden entführt, darunter dreißig Kinder. Die Geiseln wurden nach Gaza gebracht und dort wie Trophäen durch die Straßen gezerrt.

Die Terroristen begnügten sich nicht mit ihren Gräueltaten, sondern schickten Nachrichten an die Familien der Opfer, um sie weiter zu quälen. In den eigenen Videos der Hamas war zu sehen, wie sie ihre bösen Taten feierten, indem sie diese ausführlich beschrieben, begleitet von Jubelrufen und Lobpreisungen Gottes.

Das ist kein Krieg. Das ist mörderischer Hass. Es ist ein zynischer Tauschhandel von Menschenleben, sowohl palästinensischen als auch israelischen, gegen Publicity: Je mehr Grauen, je mehr Tote, desto mehr Publicity.

Durch nichts zu rechtfertigen

Zusätzlich zu den vorsätzlichen Morden und Entführungen hat die Hamas gedroht, die hilflosen Kinder, Frauen und älteren Menschen, die sie als Geiseln hält, zu töten. Sie verspricht, ihre Taten immer wieder zu wiederholen. Welche vorherige Behandlung oder Unterdrückung sollte dies rechtfertigen können?

Manch einer mag sagen, ich hätte die Erniedrigung und Unterdrückung der Palästinenser nie selbst erlebt habe und könnte mir deshalb kein Urteil erlauben. Es ist wahr, dass ich diese Dinge nicht erlebt habe. Aber ich kenne Menschen, die weitaus schlimmere Demütigungen und Unterdrückung erlebt haben. Meine Eltern haben den Holocaust überlebt. Ihre Eltern und Geschwister wurden ermordet, sie selbst wurden aller Rechte beraubt, gefoltert, sie verloren ihre Häuser und ihren Besitz, sie waren staatenlos und konnten nie wieder in ihre Heimat zurückkehren.

Ich habe keine Ahnung, wie meine Großeltern väterlicherseits oder meine ermordeten Onkel aussahen. Keine Fotos oder Erinnerungsstücke haben überlebt. In meiner Kindheit wurde ich oft von den Schreien meines Vaters geweckt, der seinen jüngsten Albtraum durchlitt. Er war auf einem Ohr taub, weil er mit einem Gewehrkolben verprügelt worden war. Meiner Mutter fehlen seit dem Tag, an dem sie mit einem Hammer auf den Mund geschlagen wurde, mehrere Zähne. Es gibt noch viele solcher Geschichten, eine schrecklicher als die andere.

Vor vielen Jahren besuchte ich mit meinen Eltern ihre alten Heimatstädte. Den jüdischen Friedhof ihrer Vorfahren gibt es nicht mehr. Er ist ein Maisfeld, auf dem man nur noch Bruchstücke von Grabsteinen findet. Es gibt keinen anderen Beweis dafür, dass meine Vorfahren jemals dort gelebt haben. Als wir das frühere Haus meines Vaters besuchten, kamen zwei Frauen heraus und setzten sich vor die Tür, um das, was jetzt ihr Haus war, vor uns zu bewachen. Wir haben es nicht betreten.

Es gibt keinen Vergleich zwischen den Traumata, Verfolgungen und Leiden der Palästinenser und denen der Überlebenden des Holocaust. Dies ist auch kein Wettbewerb. Es gibt jedoch einen gültigen Vergleich.

Wie viele Palästinenser waren auch meine Eltern verbittert, wütend und traumatisiert. Aber sie wären nie auf die Idee gekommen, sich so zu verhalten, wie ihre Peiniger es taten. Nicht ein einziges Mal habe ich gehört, dass meine Eltern sich ein rachsüchtiges Verhalten gegenüber ihren Unterdrückern hegten, geschweige denn ein solches planten. Ich habe auch nie gehört, dass sie sich den Tod von Säuglingen und alten Menschen gewünscht hätten.

Also noch einmal: Welche frühere Behandlung und/oder Unterdrückung kann das rechtfertigen, was die Hamas getan hat, und ihre Versprechen, es immer wieder zu tun? Die Antwort ist: keine.

Joel Weinberger ist klinischer Psychologe, Professor und Autor des preisgekrönten Buches The Unconscious: Theory, Research and Clinical Implications. (Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.)

Bleiben Sie informiert!
Mit unserem wöchentlichen Newsletter erhalten Sie alle aktuellen Analysen und Kommentare unserer Experten und Autoren sowie ein Editorial des Herausgebers.

Zeigen Sie bitte Ihre Wertschätzung. Spenden Sie jetzt mit Bank oder Kreditkarte oder direkt über Ihren PayPal Account. 

Mehr zu den Themen

Das könnte Sie auch interessieren

Wir sprechen Tachles!

Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie einen unabhängigen Blickzu den Geschehnissen im Nahen Osten.
Bonus: Wöchentliches Editorial unseres Herausgebers!

Nur einmal wöchentlich. Versprochen!