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Hamas-Gesundheitsministerium: Keine Namen von mehr als 10.000 angeblichen Toten

Die Hamas muss mehr und mehr Ungereimtheiten bei den von ihr kolportierten Opferzahlen eingestehen
Die Hamas muss mehr und mehr Ungereimtheiten bei den von ihr kolportierten Opferzahlen eingestehen (© Imago Images / UPI Photo)

Das von der Hamas geführte Gesundheitsministerium kann keine Namen für mehr als zehntausend der 34.000 Personen nennen, die nach seinen eigenen Angaben während des Kriegs zwischen Israel und der Hamas gestorben sein sollen.

Während das Gesundheitsministerium bereits Anfang des Monats einräumte, dass es nur über »unvollständige Daten« für fast ein Drittel der als verstorben Angegebenen verfügt, ist dies das erste explizite Eingeständnis, dass ein wesentlicher Datenpunkt fehlt, der notwendig ist, um festzustellen, ob diese Todesfälle überhaupt stattgefunden haben.

Das Gesundheitsministerium in Gaza ist eine Institution der Hamas-Regierung im Küstenstreifen. Am 24. April, dem 200. Tag des von der Hamas mit ihrem Terrorüberfall auf Israel begonnenen Kriegs veröffentlichte das Ministerium eine Grafik, in der es seine Behauptung wiederholte, die Feindseligkeiten hätten mehr als 34.000 Menschenleben gefordert. Allerdings fügte es hinzu, dass nur 24.000 »Märtyrer sind, deren Identität bekannt ist«. Am 28. April bestätigte ein Bericht des Wall Street Journal die Angaben des Ministeriums, dass »etwa 10.000 Menschen, die in der offiziellen Zahl der Toten des Gesundheitsministeriums enthalten sind, nicht identifiziert werden konnten«.

Zuverlässige Medienquellen?

Zu Kriegsbeginn ermittelte das Ministerium die Opferzahlen, indem es Informationen von Krankenhäusern im Gazastreifen sammelte, welche die Namen der Verstorbenen meldeten. Als die israelischen Militäroperationen die Kommunikation des Ministeriums mit den medizinischen Einrichtungen unterbrachen, verließ sich das Ministerium auf sogenannte »zuverlässige Medienquellen«, um Informationen über mögliche Todesfälle zu erhalten. Das Ministerium nannte dabei weder die Quellen noch die Kriterien, nach denen es die Glaubwürdigkeit ihrer Informationen bewertete.

Der Anteil der aus diesen Medienquellen stammenden Daten nahm mit fortschreitendem Krieg stark zu. Bis zum 31. Dezember 2023 meldete das Ministerium 6.629 Todesfälle, die auf Medieninformationen beruhten, was 30,2 Prozent der gemeldeten Gesamtzahl an Opfern zu diesem Zeitpunkt entsprach. In den ersten drei Monaten des Jahres 2024 waren die Medienquellen für weitere 8.441 Todesfälle verantwortlich, was 77,7 Prozent aller im ersten Quartal ausmachte.

Seit dem 1. April wird in den statistischen Übersichten des Ministeriums nun zwischen Todesopfern mit »vollständigen Daten« und »unvollständigen Daten« unterschieden. Damit hat das Ministerium die meisten auf angeblich »zuverlässigen Medienquellen« basierenden Meldungen in Berichte mit »unvollständigen Daten« umetikettiert. Ein Grund für diese Änderung wurde nicht genannt.

Mit Stand vom 21. April 2024 waren bereits 10.152 Datensätze als auf »unvollständigen Daten« beruhend ausgewiesen, wobei unklar bleibt, in welchem Umfang dieses Datenmaterial unvollständig ist. In einem erläuternden Vermerk vom 1. April heißt es, dass bei »unvollständigen Datensätzen« einer oder mehrere von fünf grundlegenden Datenpunkten fehle:

  • ID-Nummer,
  • vollständiger Name,
  • Geschlecht,
  • Geburtsdatum,
  • Sterbedatum.

Nun ist klar, dass das Ministerium keine Namen für diese Personen hat; wie viele sonstige Daten der angeblichen Opfer es haben will, bleibt unbekannt.

Auch andere unvollständige Datensätze

Darüber hinaus fehlen auch Informationen aus Tausenden von Datensätzen, die das Ministerium als vollständig bezeichnet. So fand der Wirtschaftswissenschaftler Michael Spagat, der die Methoden des Ministeriums stets verteidigt hatte, in einem Paket, das Ende März vom Ministerium veröffentlicht worden ist, 3.407 fehlerhafte Datensätze. Dazu gehören doppelte Nennungen, Datensätze mit ungültigen oder fehlenden ID-Nummern und solche, die kein Alter des Verstorbenen angeben.

Spagat fand heraus, dass, betrachtet man nur die vollständigen Datensätze, »der Anteil der Frauen und Kinder auf 53,3 Prozent sinkt«, im Gegensatz zu jenen über siebzig Prozent, die das Ministerium stets behauptet hat, bis es diese Behauptung Anfang April zurückzunehmen begann. Das Wall Street Journal stellte außerdem fest, dass die geschlechtsspezifische Aufschlüsselung die Behauptung von siebzig Prozent nicht bestätigt. Zuvor hatte schon eine statistische Analyse von Abraham Wyder ergeben, dass die vom Hamas-Gesundheitsministerium herausgegebenen Zahlen zu Frauen und Kindern unter den Opfern nicht stimmen können.

Politiker wie der amerikanische Präsident Joe Biden hätten »die Zahlen des Ministeriums mehrfach zitiert; oft, ohne ihre Quelle anzugeben. Bevor er sie erneut zitiert, sollte er die Nachrichtendienste bitten, die Quellen und die Genauigkeit der Daten zu überprüfen«, schreibt David Adesnik von der Foundation for Defense of Democracies. »Ebenso sollten Journalisten das Gesundheitsministerium im Gazastreifen drängen, die zunehmende Zahl von Ungereimtheiten in seinen Berichten zu erklären. Solange dies nicht geschieht, werden sich Fehlinformationen und offensichtliche Desinformationen als Teil der Bemühungen der Hamas, internationale Sympathien zu gewinnen, weiterhin ausbreiten.«

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