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Geflüchtet und vertrieben: Für Juden geradezu normal

Geflüchtet und vertrieben: US-Poster gegen die antisemitischen Pogrome im zaristischen Russland
Geflüchtet und vertrieben: US-Poster gegen die antisemitischen Pogrome im zaristischen Russland (© Imago Images / United Archives International)

Während sich internationale Gemeinschaft – zu Recht – um das Schicksal der vor den Kriegshandlungen in Gaza geflüchteten Palästinenser sorgt, nimmt sie die durch das Hamas-Massaker vertriebenen Israelis nicht einmal zur Kenntnis.

Für Juden ist es geradezu »normal«, Flüchtlinge und Vertriebene sein zu müssen. So gut wie jede jüdische Familie hat diese Geschichte zu erzählen. Auch ich. Meine Mutter überlebte die Shoa im Ghetto in Budapest, ihr erster Mann nicht. Mein Vater überlebte die Shoa in einem Erdloch in der heutigen Ukraine, seine erste Frau nicht. Beide waren, um ihr Leben zu retten, auf der Flucht. Mehr als einmal. Meine Familie ist mit mir als Dreijährigem 1950 aus dem kommunistischen Ungarn geflüchtet.

Nicht nur die europäischen Juden kennen das. Dasselbe Schicksal erlebte auch die knapp eine Million orientalische Juden, die seit 1948 aus den islamischen Ländern im Nahen Osten nach Gewaltexzessen beraubt und vertrieben wurde. Diese Länder sind seither beinahe »judenrein«. (Zu dieser jüdischen »Nakba«, der Vertreibung der Juden aus den arabischen Ländern und dem Iran, erscheint in Kürze ein neues Dossier in unserer edition mena-watch.)

Bedrohung, Flucht und Vertreibung sind geradezu »normal« in der jüdischen Geschichte, die sich le dor va dor, Generation um Generation, seit Jahrhunderten, ja Jahrtausenden wiederholt. 

Normal, für Juden, ist es auch, von anderen keine Hilfe zu bekommen, wie gerechtfertigt das auch wäre, sondern sich selbst zu helfen. Für viele von uns ist es auch normal, nicht einmal die Opferetikettierung zuzulassen, egal, wie gerechtfertigt sie auch wäre. Und das ist auch gut so. Würden Juden aus Prinzip in der Opferrolle verharren, hätten sie wohl nicht mitten in der Wüste eine moderne Demokratie aufbauen können.

Keine Generation an Juden kannte je eine eigene UN-Flüchtlingsorganisation, finanziert von der internationalen Gemeinschaft, die ihr Leid gesehen oder gar durch großzügige Finanzspritzen gemildert hätte. Auch das scheint »normal« zu sein.

Es gibt das Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR), das sich um Flüchtlinge weltweit kümmert (vielleicht sind darunter sogar einige Juden). Für ein auserwähltes Volk jedoch, nämlich für Palästinenser, gibt es ein eigenes Flüchtlingshilfswerk, UNRWA. Mehr als das, entgegen den überall sonst geltenden Regeln zählen nicht nur vor mehr als 75 Jahren tatsächlich geflüchtete Palästinenser als Flüchtlinge, automatisch gelten auch die dritte und vierte Generation ihrer Nachkommen als bedürftige Flüchtlinge – sogar, wenn sie längst keine Notsituation mehr kennen und nicht mehr bedürftig sind.

Währenddessen führen die Granden der PLO und der Hamas ein Luxusleben im Pomp, finanziert durch Mittel, die sie von internationalen Unterstützungsgeldern abgezweigt haben. Keine andere Bevölkerungsgruppe der Welt hat über die Jahrzehnte so viel internationale Hilfe erhalten wie die Palästinenser und trotzdem scheint sich niemand darüber zu wundern, warum so viele von ihnen – im Gegensatz zu ihren Führern – noch immer im Elend leben.

Weltweites Schweigen

An all das habe ich mich fast gewöhnt. Weil Juden es gar nicht anders kennen. Aber kaum auszuhalten ist die internationale Gemeinheit, mit der die sogenannte internationale Gemeinschaft all die Israelis nicht einmal zur Kenntnis nimmt, die durch das Hamas-Massaker vertrieben wurden.

130.000 Israelis mussten aus der Nähe des Gazastreifens und aus dem Norden, der von der Hisbollah mit Raketen beschossen wird, evakuiert werden. Vier Monate später müssen 56.000 davon immer noch in Hotels leben, die für so viele Menschen nicht geeignet sind. Die Zustände sind untragbar. Dreißig Prozent von ihnen sind Teenager, eine neue Generation an Traumatisierten. Die meisten anderen kamen privat irgendwie und irgendwo unter, aber ein Zurück nach Hause ist entweder völlig unrealistisch oder liegt in sehr weiter Ferne. Denn die schier unendlichen Ressourcen der Hamas und Hisbollah werden noch lange ausreichen, um weiterhin täglich Raketen auf Israels Süden und Norden zu schießen.

Keine Vereinten Nationen, kein Flüchtlingshilfswerk interessiert das. Beim Flüchtlingshilfswerks UNRWA ist das kein Wunder, stehen doch einige ihrer von unseren Steuergeldern finanzierten Mitarbeiter aktuell im dringenden Verdacht, am Hamas-Massaker selbst aktiv beteiligt gewesen zu sein. Das kam im Übrigen auch nicht überraschend, wenn man die Berichte von UN Watch und anderen Organisationen gelesen hätte, die schon seit langer Zeit darauf hinweisen und belegen, dass das palästinensische Flüchtlingshilfswerk eigentlich ein Hamas-Hilfswerk ist. 

Es kann nur besser werden. Und wenn nicht, auch gut.

Treffen sich ein Pfarrer, ein Imam und ein Rabbiner zum ökumenischen Austausch über die Sintflut. »Käme heute wieder eine Sintflut«, fängt der Pfarrer an zu philosophieren, »was würdet ihr tun, um das Unheil abzuwenden? Wir würden inbrünstig beten.« – Der Imam sieht das anders: »Das wäre Kismet. Wenn Allah das so will, würden wir unser Schicksal annehmen. Was würdet ihr tun?«, fragt er den Rabbiner. – »Wir würden lernen, unter Wasser zu leben.«

Genau.

Dies ist ein Auszug aus unserem Newsletter vom 7. Februar. Wenn Sie den nächsten Newsletter erhalten möchten, melden Sie sich an!

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