Erweiterte Suche

Hate Speech: Facebook will stärker gegen »Zionist« als Schimpfwort vorgehen (Teil 1)

»Zionist« als Schimpfwort: Facebook will gegen Hate speech vorgehen
»Zionist« als Schimpfwort: Facebook will gegen Hate Speech vorgehen (© Imago Images / Herrmann Agenturfotografie)

Ausgerechnet die Menschenrechtsorganisation Amnesty International spricht sich jedoch gegen diese Facebook-Pläne aus und sieht das Recht auf freie Meinungsäußerung in Gefahr.

Der Zionismus ist die Selbsthilfe des Judentums. Inspiriert von dem Journalisten, Schriftsteller und Philosophen Theodor Herzl reagierten Juden Ende des 19. Jahrhunderts auf die zweitausendjährige Geschichte von Anfeindungen, Verfolgungen, Verleumdungen, Ghettoisierung und Pogromen mit dem Streben nach einem eigenen Staat. Diejenigen, welche die Idee eines autonomen jüdischen Gemeinwesens gut fanden, nannten sich fortan Zionisten.

Zu trennen davon ist die Verwendung des Begriffs »Zionisten« als Schimpfwort und Platzhalter für das Wort Jude in antisemitischer Verschwörungstheorie. Diese Praxis – »Zionisten» als Synonym für Juden als vermeintlichen geheimen Drahtziehern von Komplotten und Urhebern alles Bösen der Welt – geht zurück auf Stalin und lässt sich bis zum Jahr 1949 zurückverfolgen. Nach dem Schauprozess gegen den ehemaligen ungarischen Außenminister László Rajk im September 1949 schrieb die Prawda von »menschlichem Abschaum, Berufsverrätern, Trotzkisten und Zionisten«, die angeblich versuchten, den Ostblock zu destabilisieren. 

Bei den Slánský-Prozessen, dem antisemitischen Schauprozess in der Tschechoslowakei 1952, trat dies noch deutlicher hervor: Die des Hochverrats beschuldigten ehemaligen Mitglieder der kommunistischen Regierung – elf der vierzehn Angeklagten waren Juden – mussten in einstudierten Aussagen zugeben, einen »trotzkistisch-titoistisch-zionistisch-bürgerlich-nationalistischen« Umsturz geplant zu haben, mit dem Ziel, die Tschechoslowakei an Israel und den USA-Imperialismus zu verkaufen.

Der Kommunist Paul Merker wurde in der frühen DDR verfolgt und inhaftiert, weil er wegen seines Vorschlags für Entschädigungen an jüdische NS-Opfer als »zionistischer Agent« galt, der an der »Ausplünderung Deutschlands« arbeite. Auch nach Stalins Tod blieb »Zionismus« in der Sowjetunion ein antisemitisches Schimpfwort für vermeintliche »Feinde« des Volkes und der Arbeiterklasse. 1975 brachte die Sowjetunion die berüchtigte Resolution»Zionismus ist Rassismus« in die UN-Generalversammlung ein. Sie wurde mit den Stimmen des Ostblocks, der islamischen Staaten und der »Blockfreien« beschlossen und erst 1991 zurückgenommen.

Facebook will gegen Antisemitismus vorgehen 

Die antisemitische Sowjetideologie, die die Welt in gute »kämpfende Völker« und böse Zionisten teilt, hat den Untergang der Sowjetunion und des Ostblocks überlebt und findet sich heute massenhaft in den sozialen Medien. Meta, der Mutterkonzern von Facebook, Instagram und WhatsApp, denkt nun darüber nach, ob einige Social-Media-Beiträge, die das Wort »Zionist« im Kontext einer Beleidigung, Dämonisierung oder antisemitischen Verschwörungstheorie enthalten, »aggressiver entfernt werden sollen, um einer Welle von Antisemitismus im Internet entgegenzuwirken«. Das berichtet die Washington Post unter Berufung auf »private Überlegungen und interne Richtlinien«, von denen das Blatt Kenntnis erlangt hat.

Bei Meta fürchte man allerdings, so der Bericht weiter, dass dies von bestimmten Kreisen als »Zensur« ausgelegt werden könne. Darum hat Meta sich in dieser Frage ausgerechnet an Anti-Israel-Gruppen gewandt hat, um mit ihnen über diese Frage zu diskutieren. Darunter etwa 7amleh (Hamleh gesprochen), eine Organisation, die sich im Untertitel »Arabisches Zentrum zur Fortentwicklung der Sozialen Medien nennt« und Teil der antisemitischen BoykottkampagneBDS ist – ihren Hauptsitz aber nicht etwa in Ramallah hat, sondern sicherheitshalber in der israelischen Großstadt Haifa.

Laut der israelischen Organisation NGO Monitor verherrlicht 7amleh regelmäßig Terroristen und ihre Anschläge. Gelder erhält die Organisation laut NGO Monitor u.a. von der Europäischen Union, der Konrad-Adenauer-Stiftung und der Deutschen Welle. Schon seit einigen Jahren betreibt 7amleh Lobbyarbeit, um Facebook dazu zu bringen, antisemitische Hassreden grundsätzlich nicht zu löschen, sofern statt »Juden« das Wort »Zionisten« verwendet wird. Im Sommer 2020 war Facebook in der Öffentlichkeit unter Druck geraten, als Dutzende bekannte Marken wie Ford, Honda, Adidas, Puma, SAP oder Coca Cola als Reaktion auf das, was in ihren Augen eine Flut von Hassrede auf Facebook war, verkündeten, ihre Werbung auf der Plattform zu reduzieren und lieber anderswo Anzeigen zu schalten. 

7amleh setzte sich zudem dafür ein, dass die PFLP-Terroristin Leila Khaled von YouTube, Zoom und Facebook nicht daran gehindert wird, auf diesen Kanälen Propaganda zu verbreiten.

»Zionismus ist eine Ideologie. Es ist keine Rasse«, sagt Nadim Nashif, Mitbegründer von 7amleh, gegenüber der Washington Post. Sein Gespräch mit den Verantwortlichen von Meta beschreibt er so: »Ich habe ihnen gesagt, dass ihr Plan meiner Meinung nach die Gefahr der Eskalation birgt. Von ihm aus gesehen kann man eine Menge Inhalte entfernen, die Israel und den Zionismus kritisieren und Teil einer legitimen politischen Diskussion sind.«

Meta-Sprecherin Erin McPike sagte, dass das Unternehmen es Nutzern ohnehin nicht erlaube, Menschen aufgrund ihrer Religion oder Nationalität anzugreifen. Man habe aber erkannt, dass es Wörter gebe, die auf diese Merkmale verweisen. Was sie meint, kann man auch mit dem Begriff »Codewort« ausdrücken.

McPike meint deisbezüglich, »während sich der Begriff Zionist‹ oft auf die Ideologie einer Person bezieht, was kein geschütztes Merkmal ist, kann er auch verwendet werden, um sich auf jüdische oder israelische Menschen zu beziehen.« Angesichts der »Zunahme des polarisierten öffentlichen Diskurses« aufgrund der Ereignisse im Nahen Osten sei Meta der Meinung, »dass es wichtig ist, unsere Richtlinien zur Überprüfung von Beiträgen, die den Begriff ›Zionist‹ verwenden, zu überprüfen«.

Nach den derzeitigen Regeln verbietet Meta Angriffe auf Menschen aufgrund von Rasse, Religion, Nationalität oder sexueller Orientierung. Das Unternehmen kann auch Beiträge löschen, die »schädliche Stereotypen« verbreiten, Menschengruppen Schaden wünschen oder sie generell entmenschlichen.

Laut der Beobachtungsgruppe Fighting Online Antisemitism (FOA) löscht Facebook deutlich mehr antisemitische Äußerungen als andere soziale Medien. Schon jetzt entfernt Facebook auch Beiträge, in denen das Wort »Zionist« als Platzhalter für Juden oder Israelis benutzt wird. In internen Richtlinien, die die Washington Post erhalten hat, werden als Beispiel Aussagen angeführt wie: »Diese Stadt ist voll von Juden. Ich hasse diese Zionisten.« »Zionisten sind ein Haufen Ratten« oder »Tötet die Zionisten«.

Nun prüft Meta, ob die Durchsetzung auf Beiträge ausgeweitet werden soll, in denen das Wort weniger offensichtlich als Verunglimpfung verwendet wird, so die Mitarbeiter. In einer hypothetischen Konversation, anhand deren Beispiel Meta derzeit diskutiert, sagt ein Nutzer: »Wenn die Medien dich angreifen, machst du etwas richtig«, worauf ein anderer Nutzer antwortet: 2Sag es einfach: die Zionisten manipulieren dich.«

Hamas-Sympathisantin, die für Amnesty International spricht

Widerspruch erhält Meta erwartungsgemäß von Amnesty International, einer Organisation, die zum Tummelplatz für allerlei Antisemiten geworden ist. Im Namen von Amnesty International kritisierte Alia Al Ghussain die Pläne. Sie ist eine antiisraelische Aktivistin und Hamas-Sympathisantin, gleichzeitig Sprecherin von Amnesty International. 

Auf der Kurznachrichtenplattform X verbreitet sie zu etwa 99 Prozent Beiträge, in denen Israel dämonisiert wird. Sie macht Reklame für BDS-Kampagnen wie die gegen den deutschen Sportartikelhersteller Puma, weil der eine Zeitlang Ausrüster der israelischen Fußballnationalmannschaft war, und tadelt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dafür, dass sie einmal sagte, Israel habe die Wüste zum Blühen gebracht — was eine Tatsache ist. Alia Al Ghussain findet das »rassistisch«.

Am 7. Oktober 2023 rechtfertigte die Amnesty-Sprecherin die genozidalen Massaker an israelischen Zivilisten in eigenen Beiträgen und solchen, die sie weiterverbreitete. Einen guten Grund für die Morde und Entführungen sah sie in »fast einem Jahrhundert von Apartheid und Siedlerkolonialismus«; wer die Massaker der Hamas verurteile, der könne gleich sagen: 2Warum akzeptieren die Palästinenser nicht einfach, dass sie Kinder eines geringeren Gottes sind, und sterben still und leise?«, schrieb sie. 

In einem von ihr weiterverbreiteten Tweet heißt es: »Die heutigen Ereignisse sind mehr als nur eine Operation, ein Aufstand, eine Revolte, ein weiterer Krieg usw. Dass palästinensische Bulldozer die Sperranlage niederreißen, die sie seit mehr als sechzehn Jahren gefangen hält, ist ein Symbol für den Trotz des Gazastreifens angesichts jahrzehntelanger Belagerung, Massaker und Besetzung.«

In einem weiteren von ihr geteilten Tweet wird die Entführung Hunderter Israelis, darunter Kinder und Babys, gepriesen, weil sich damit die, so wörtlich: »seltene Chance« eröffne, palästinensische Terroristen aus israelischer Haft freizupressen. Israel verübe angeblich »seit 75 Jahren Verbrechen gegen die Menschlichkeit«, es sei darum »kein Wunder«, wenn »die Unterdrückten sich wehren«, heißt es in einem anderen von der Amnesty-Sprecherin weiterverbreiteten Kommentar zu den Gräueltaten des 7. Oktober. Eine weitere von ihr verbreitete Botschaft lautet: »Jede Verurteilung von Gewalt ist schal, wenn sie nicht mit einer Verurteilung der israelischen Apartheid, des Siedlerkolonialismus und der Besatzung beginnt und endet.«

Beruflich ist diese Hamas-Unterstützerin, wie gesagt, Sprecherin einer erklärten Menschenrechtsorganisation. In dieser Eigenschaft veröffentlichte sie ihre Erklärung von Amnesty International zu den Versuchen des Meta-Konzerns, Antisemitismus auf Facebook zu beschränken: Es bestehe die »reale Gefahr«, dass solche Änderungen »die freie Meinungsäußerung gegen die systematischen Verletzungen der Rechte der Palästinenser durch die israelische Regierung und gegen die anhaltenden Angriffe im Gazastreifen, wo die reale und unmittelbare Gefahr eines Völkermordes droht, unterdrücken würden«. Diese vorgeschlagene Änderung sei »angesichts der derzeitigen katastrophalen Lage im Gazastreifen besonders beunruhigend«.

Meta dürfe nicht »unter dem Deckmantel des legitimen Kampfes gegen Diskriminierung und Rassismus die Kritik an staatlichen Unrechtstaten einschränken und das Recht auf freie Meinungsäußerung beschneiden«. Meta sei »verpflichtet, alle Menschenrechte während ihrer gesamten Geschäftstätigkeit zu achten, einschließlich des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Nichtdiskriminierung«. Als »Hintergrund« wird am Ende der Erklärung vermerkt: »Amnesty International bezieht keine Stellung zu Ideologien und politischen Systemen wie dem Zionismus. Unsere Erklärung bewertet oder kommentiert den Zionismus als politische Idee nicht.«

»Zionismus« meint nichts anderes als die Idee, dass Juden wie andere Völker einen eigenen Staat haben sollten. Dieser Staat existiert seit 1948 und heißt Israel. Wenn Amnesty International sagt, es beziehe keine Stellung zu dieser »Idee«, bedeutet das nichts anderes, als dass Amnesty International nichts dagegen hat, wenn der Staat Israel zerstört wird. Eine solche »Neutralität« legt die Organisation wohlgemerkt nicht an den Tag, wo es um den »Staat Palästina« geht, wie die Palästinensischen Autonomiegebiete auf der Amnesty-Website fälschlich genannt werden. 

Wer sich in der Frage, ob Israel überhaupt existieren darf, für neutral erklärt, der sagt, dass er sich eine Welt ohne Israel gut vorstellen kann. Der Wunsch nach der Zerstörung Israels dient dem Schüren von neuem Hass: Die Welt wäre ein Paradies, wenn die Juden und ihr Staat nicht wären. Die vermeintliche »Neutralität« in dieser für das Überleben des jüdischen Volkes zentralen Frage ist nichts anderes als Antisemitismus. Amnesty International signalisiert allen, die auf die Vernichtung des einzigen jüdischen Staates aus sind: »Nur zu, wir werden euch nicht aufhalten.«

Teil der Miniserie wird morgen hier erscheinen.

Bleiben Sie informiert!
Mit unserem wöchentlichen Newsletter erhalten Sie alle aktuellen Analysen und Kommentare unserer Experten und Autoren sowie ein Editorial des Herausgebers.

Zeigen Sie bitte Ihre Wertschätzung. Spenden Sie jetzt mit Bank oder Kreditkarte oder direkt über Ihren PayPal Account. 

Mehr zu den Themen

Das könnte Sie auch interessieren

Wir sprechen Tachles!

Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie einen unabhängigen Blickzu den Geschehnissen im Nahen Osten.
Bonus: Wöchentliches Editorial unseres Herausgebers!

Nur einmal wöchentlich. Versprochen!