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Barcelonas israelfeindliche Bürgermeisterin abgewählt

Am 8. Februar hatte Barcelonas – nun abgewählte – Bürgermeisterin den Abruch der Beziehungen zu Israel verkündet
Am 8. Februar hatte Barcelonas – nun abgewählte – Bürgermeisterin den Abruch der Beziehungen zu Israel verkündet (© Imago Images / ZUMA Wire)

Die derzeitige spanische Exekutive wird in großer Zahl von Politikern vertreten, die offen die Vernichtung des Staates Israel propagieren und antisemitische Kampagnen unterstützen.

Es gibt Kommunalpolitiker, denen es nicht ausreicht, bei der Verwaltung einer Großstadt mitzuwirken und Entscheidungen zu treffen, die das Leben Hunderttausender Menschen in der Gegenwart und der Zukunft beeinflussen, sie wollen mehr. Sie wollen Außenpolitik betreiben, Schauspieler auf der großen Weltbühne sein.

Der Schriftsteller, Dramaturg und Theaterleiter Tuvia Tenenbom berichtete 2013 in einem Interview mit dem Blog Lizas Welt, als er in Köln so jemanden getroffen habe: Einen Vertreter der Stadt, der von seinen Kollegen »Außenminister« genannt wurde, weil er, wie Tenenbom es ausdrückte, »für Außenpolitik zuständig« war. Tenenbom erzählte, was dieser Politiker zu ihm gesagt habe: »Als Deutscher fühle ich Verantwortung für das, was mit den Juden passiert ist. Es ist die Mission meines Lebens, die Juden und den Staat Israel zu beschützen.« Tenenbom habe erwidert: »An Sie will ich mich erinnern, können Sie mir bitte Ihre Visitenkarte geben?« Wie es weiterging, schilderte Tenenbom so:

»Er hatte sie nicht dabei, also gingen wir zu seinem Büro. Dieser Mensch, der die Juden und den Staat Israel so sehr liebt, hatte ein einziges Foto an der Wand hängen. Es zeigte ihn und Mahmoud Abbas. Ich sah das Foto an und sagte: Oh, Rabbi Mahmoud Abbas!‹ Er erwiderte: ›Gerade, weil ich so viel Verantwortung für die Juden und den Staat Israel empfinde, ist es die Mission meines Lebens, die palästinensische Sache zu schützen.‹«

Sendungsbewusstsein

Von Köln aus also sollte das Heilige Land zur Ordnung gerufen werden – als hätte das Zeitalter der Kreuzzüge niemals aufgehört. Barcelonas linksgerichtete Bürgermeisterin Ada Colau zeigte ein ähnliches Sendungsbewusstsein, als sie im Februar dieses Jahres allen Ernstes erklärte, die »Beziehungen zu Israel« abzubrechen. Colau hatte die Bürgermeisterwahlen 2015 und 2019 gewonnen und war dabei von der Wahlplattform Barcelona en Comú unterstützt worden, der auch die linksradikale Partei Podemos angehört. 

Wie hat die Bürgermeisterin der pittoresken Metropole am Mittelmeer die »Beziehungen zu Israel« abgebrochen? Gemeint war, dass Barcelona der Partnerstadt Tel Aviv die Freundschaft aufkündigte. Die Städtepartnerschaft mit Tel Aviv war 1998 zeitgleich mit einer Partnerschaft mit Gaza-Stadt begonnen worden. Zur Begründung sagte Colau: »Diese Situation der Apartheid ist unerträglich.«

Weiters erklärte sie, »mehr als 4.000 Bürger« hätten ihre Unterschrift unter die Forderung gesetzt, »das Verbrechen der Apartheid gegen das palästinensische Volk zu verurteilen … und das Städtepartnerschaftsabkommen zwischen Barcelona und Tel Aviv zu annullieren«. Im Großraum Barcelona leben mehr als fünf Millionen Menschen. Es hat also offenbar nicht ganz jeder Tausendste von ihnen die Anti-Israel-Erklärung unterschrieben. Der Verband der jüdischen Gemeinden Spaniens bezeichnete den Schritt als einen Akt des »raffinierten Antisemitismus«.

Colau erwähnte, dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu einen Brief geschrieben zu haben, in dem sie ihm »Gewalt« vorgeworfen habe, die das »palästinensische Volk seit mehr als siebzig Jahren«, also seit der israelischen Staatsgründung, zu erleiden habe. Sie hoffe, die Aussetzung der Städtepartnerschaft sei »nur vorübergehend«. 

Anti-Israel-Bürgermeisterin abgewählt

Diese Hoffnung scheint sich zu erfüllen: Bei den spanischen Kommunal- und Regionalwahlen am 28. Mai wurde Colau abgewählt. Sie verlor gegen den liberalkonservativen Herausforderer Xavier Trias, der schon von 2011 bis 2015 Bürgermeister Barcelonas gewesen war. Mena-Watch sprach darüber mit Juan Hernandez, Sprecher des Vereins Acción y Comunicación sobre Oriente Medio (ACOM), einer Organisation, die seit Jahren einen juristischen Kampf gegen BDS in Spanien führt.

Die Städtepartnerschaft mit Tel Aviv sei die einzige gewesen, die von Bürgermeisterin Colau und ihren Mitstreitern infrage gestellt und letztlich annulliert wurde, so Hernandez. Barcelona habe Städtepartnerschaften mit Gaza, Sankt Petersburg und Havanna, und um diese gebe es keine Diskussionen. »Aber nicht nur das, denn sie haben die Beziehungen ›mit dem Staat Israel‹ abgebrochen«, was gar nicht im gesetzlichen Kompetenzbereich einer Bürgermeisterin liege. 

Diese Maßnahme sei »kein Zufall«, Bürgermeisterin Colau und Podemos hätten dies auch nicht in eigener Regie entschieden, so Hernandez. Aus seiner Sicht sei es »das Ergebnis einer gemeinsamen Aktion der Linken und des katalanischen Separatismus, die vor vielen Jahren begann«. Er verweist auf die Website von ACOM, auf der auch auf Englisch beschrieben wird (hier und hier), wie die antisemitische BDS-Kampagne die Stadtverwaltung übernommen hat, mit der Folge, dass es in Barcelona von der Stadt finanzierte Werbeplakate für die in der EU verbotene palästinensische Terrororganisation PFLP gab, während ein Wasserballspiel der Frauen zwischen Spanien und Israel wegen vorgeschobener »Sicherheitsbedenken« verboten wurde.

Barcelona gehört (noch) zu den Boykotteuren

Gibt es derzeit Boykottmaßnahmen gegen Israel in anderen spanischen Städten? Dazu Hernandez: »Alle institutionellen Beschlüsse, die diskriminierende Räume und Boykotte gegen Israel und gegen jeden Bürger oder jede Organisation, die sich nicht gegen die Existenz des Staates Israel ausspricht, geschaffen haben, sind vor Gericht gebracht worden.« Dank der juristischen Initiative der ACOM seien 86 Beschlüsse für ungültig erklärt worden. »Sogar der Oberste Gerichtshof Spaniens hat BDS verurteilt

In der Praxis gebe es noch Städte, die einen Boykott praktizieren, gerichtliche Entscheidungen in diesen konkreten Fällen dazu stünden noch aus. »Tatsache ist jedoch, dass Barcelona dazu gehört. Wir sind gespannt, was die nächste Stadtregierung tun wird, ob sie die Maßnahme aufhebt oder nicht.« Eine Klage von ACOM gegen Barcelonas Stadtverwaltung sei bereits vom Gericht zur Verhandlung angenommen.

War der Israel-Boykott ein Thema im Wahlkampf? »Für den durchschnittlichen Wähler von Colau, sowohl von Podemos als auch von den [katalanisch] separatistischen Gruppen CUP und ERC, die sehr positioniert und in anti-israelischen Positionen gefestigt sind, sind solche diskriminierenden Aktionen von Interesse«, analysierte Hernandez. »Es hat sich jedoch gezeigt, dass dies für die Mehrheit der Bevölkerung nicht zutrifft.«

Spaniens Linke als Anti-Israel-Kraft

Gehe man in der Geschichte Spaniens über sechzig Jahre zurück, sei die Ablehnung alles Jüdischen wie im übrigen Europa »eindeutig ein Thema der Rechten« gewesen, so Hernandez. Heute hingegen sei die spanische Rechte »fast gänzlich pro-israelisch«, wenn auch manchmal wankelmütig, etwa bei Abstimmungen in der UNO.Hernandez erinnerte daran, dass José María Aznar, Gründer der Partido Popular und Ministerpräsident zwischen 1996 und 2004, die Initiative der Freunde Israels förderte und leitete. 

Zu Vox, der zweiten spanischen Rechtspartei und drittstärksten parlamentarischen Kraft, die von den Medien oft als »rechtsextrem« gebrandmarkt werde, sei zu sagen, »dass ihre wichtigsten Führungspersönlichkeiten, allen voran ihr Präsident Santiago Abascal, wiederholt und ausdrücklich ihre Nähe zur jüdischen Minderheit als einen wesentlichen Bestandteil unserer Gesellschaft bekundet und ihre Unterstützung für Israel offen und häufig zum Ausdruck gebracht« hätten. »Im Gegensatz dazu ist die sozialistische Linke, die unsere diplomatischen Beziehungen zu Israel aufgebaut hat, im Lauf der Zeit dem jüdischen Staat gegenüber immer kälter und schließlich offen feindselig geworden, wie die Regierung von Pedro Sánchez deutlich gezeigt hat.« 

Regierungspolitiker für Auslöschung Israels

Dennoch seien das Existenzrecht Israels und der Wunsch, das jüdische Leben in Spanien zu normalisieren, immer Konsens aller Regierungen im demokratischen Spanien gewesen. Die Existenz Israels als Staat sei nie infrage gestellt worden und es habe auch nie offene Schikanen gegen Juden gegeben, die sich weigern, sich von Handlungen der israelischen Regierung zu distanzieren. »Kein Politiker, der von den Wählern unterstützt wurde, hat sich jemals offen feindselig gegenüber Israel und ›den Zionisten‹ geäußert.«

Die »Regierungsbeteiligung der extremen Linken« habe »diese europäische Tradition der Nachkriegszeit« unterbrochen. »In der derzeitigen Exekutive sitzen Politiker, die offen das Verschwinden des Staates Israel propagieren und dessen ärgsten Feinden nahestehen«, so Hernandez. »Nachdem die neomarxistische Organisation Podemos und ihre kommunistischen Partner in die Regierung eingetreten waren, wurden die Kampagnen des neuen Antisemitismus alltäglich.« Podemos und seine Ableger seien aktuell »zweifellos die wichtigsten Vertreter des Antisemitismus in Spanien«. Ihre Feindseligkeit gegenüber Israel reiche weit in die Vergangenheit zurück, und ihre Kampagnen seien nur »durch eine Reihe von Gerichtsentscheidungen neutralisiert« worden.

Anti-Israel-Allianz von Linken und Separatisten

Laut Juan Hernandez habe es früher eine Spielart des »Katalanismus« gegeben, der mit Israel als dem staatlich gewordenen Ausdruck der nationalen Befreiungsbewegung der Juden sympathisierte. Dass diese Form des »Katalanismus« heute keine Rolle mehr spiele, zeige die jüngste offizielle Erklärung des von Separatisten und linken Parteien beherrschten katalanischen Parlaments, in der Israel als »Apartheidstaat« bezeichnet und ihm die Existenzberechtigung abgesprochen wird. »Ein derartiger offizieller Akt ist im heutigen Europa und sogar im gesamten Westen nach dem Zweiten Weltkrieg beispiellos.« 

Wie Hernandez betonte, sei diese Resolution ernst zu nehmen und »nur die Spitze des Eisbergs«: »Dutzende von BDS-Resolutionen wurden in dem von den Separatisten als ›Países Catalanes‹ (Katalonien, Valencia, Balearen) bezeichneten Gebiet angenommen, wodurch Millionen von Menschen diskriminierenden Maßnahmen ausgesetzt werden, die sich gegen Israelis richten und alle, die Israel unterstützen.«

Ist das Ergebnis der Kommunal- und Regionalwahlen eine Niederlage für den Israel-Boykott? Hernandez hält den Ball flach: Es seien ja keine Wahlen zum Nationalparlament gewesen. Dennoch hätten die extremsten israelfeindlichen Positionen »zweifellos einen herben Rückschlag erlitten« wie zuvor schon durch die gegen BDS gerichteten Gerichtsurteile, insbesondere durch das des Obersten Gerichtshofs.

Es zeige sich, dass der Rechtsstaat eine Brandmauer gegen »jene Gruppierungen darstelle, welche die Hassrede gegen Israel zu einem ständigen Werkzeug gemacht haben«. Der Blick müsse sich nun auf die Mitte-Links-Partei in Person von Pedro Sanchez, dem amtierenden Ministerpräsidenten, richten. Gemeinsam mit ihrem Koalitionspartner Podemos habe die Sozialistische Partei in der letzten Legislaturperiode »ihre Anti-Israel-Position radikalisiert« und die meisten gegen Israel gerichteten Boykottbeschlüsse im ganzen Land mitgetragen. Hinzu komme eine »starke anti-israelische Haltung« in internationalen Foren.

Sumar: Spaniens neue Anti-Israel-Plattform

Wachsamkeit sei auch gegenüber linken Parteineugründungen geboten, die Anlass zu »schlimmsten« Befürchtungen böten. »So zum Beispiel das Projekt Sumar (Zusammenzählen), das von der derzeitigen Arbeitsministerin Yolanda Díaz, einer Politikerin der Kommunistischen Partei, angeführt wird und die sich offen für den Boykott Israels ausspricht.« Die Präsidentin von Sumar, Marta Lois, sei 2016 daran beteiligt gewesen, dass die galizische Stadt Santiago de Compostela einen Boykott Israels beschloss, erklärte Hernandez. Eine der Konsequenzen dieses Boykotts sei die Nichtrealisierung des geplanten El-Al-Direktflugs von Tel Aviv nach Santiago de Compostela gewesen.

Hernandez warnte davor, dass der Hass auf Israel nicht auf das öffentlich sichtbare Personal von Sumar beschränkt sei: Er betreffe die gesamte Plattform und Führungspersönlichkeiten wie Enrique Santiago, den Generalsekretär der Kommunistischen Partei. Die Verteidigung von Terrorismus und die Relativierung des Holocausts seien bei Sumar gang und gäbe.

Zum Personal von Sumar könnte laut Hernandez auch Manuel Pineda gehören, Mitglied der Izquierda Unida (Vereinigte Linke), der Kommunistischen Partei und der PFLP-Vorfeldorganisation Samidoun. Derzeit ist er Abgeordneter im Europaparlament für die Fraktion Die Linke (GUE/NGL). Zu seinen engen Bundesgenossen zählen Ismail Haniyeh von der Hamas und Khaled Barakat von der PFLP. Im Jahr 2013 posierte Pineda im Gazastreifen neben zwei vermummten, mit Bazooka und Kalaschnikow bewaffneten Terroristen der PFLP.

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