„Das Assad-Regime hat die ethnisch-religiösen Minderheiten in Syrien über Generationen hinweg glauben gemacht, dass es sie beschütze. Nach ihm, so warnte das Regime, müsse mit Blutvergießen gerechnet werden. Eine der ersten Handlungen Präsident Basahr al-Assads zu Beginn des Aufstands bestand darin, die Gefängnistore zu öffnen, um dschihadistische Verbrecher freizulassen. Er schuf eben jenes Chaos, das er vorhergesagt hatte und das zur Stärkung des Islamischen Staats und etlicher gewalttätiger Gruppen führte, die dann gegen Christen vorgegangen sind. Seit Jahrzehnten haben die Oberhäupter der Kirchen in Syrien an jedem christlichen Feiertag Erklärungen zum Lob der syrischen Regierung verlesen. Geschrieben wurden sie von der Regierung. Als ich zwischen 1997 und 2002 in Damaskus war, hörte ich mitunter, wie sie mehr schlecht als recht verlesen wurden. Da Vertreter des Staatssicherheitsdienstes in der Kirche waren, war jedwede Kritik ausgeschlossen.
Die Kirchen in Syrien befinden sich in Gefangenschaft. Ihre Anführer trauen sich nicht, die syrische Regierung zu kritisieren, da sie die möglichen Konsequenzen für sich persönlich und ihre Gemeinden fürchten. Manche verweisen auf den Schutz, den die syrische Regierung den Minderheiten und insbesondere den Christen geboten habe. ‚Schutz’ ist der richtige Begriff, bedenkt man, dass die Herrscher Syriens eine gierige Mafia sind, denen jedes Mittel zur ihrer eigenen Bereicherung und der ihrer Freunde und Familien recht ist. Als die verschiedenen christlichen Städte in der Region Qalamoun an unterschiedliche dschihadistische Gruppen fielen, war die syrische Armee nirgends zu sehen und unternahm nichts, um die Menschen zu beschützen. (…)
Die Erklärung der Kirchenoberhäupter, in der die ‚brutale Aggression’ der Vereinigten Staaten, Frankreichs und des Vereinigten Königreichs verurteilt wird, mag den tatsächlichen Standpunkt der Patriarchen darstellen. Doch war es ihnen in ihrer Amtszeit niemals gestattet, die blutige Politik der Unterdrückung durch die syrische Regierung zu kritisieren und sich beispielsweise zum Bericht der UNO über den Chemiewaffeneinsatz der syrischen Regierung am 21. August 2013 zu äußern.“ (Steven Griffith: „The Syrian Churches are in captivity to Assad“)