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4 Krankenhäuser in 12 Stunden: Protokoll russischer Kriegsverbrechen in Syrien

Eine russische SU-34 im Luftraum über Syrien. Flugzeuge von diesem Typus führen Angriffe auf Krankenhäuser aus. (Mil.ru/CC BY 4.0

„Die russische Luftwaffe hat wiederholt Krankenhäuser in Syrien bombardiert, um die letzten Widerstandsnester gegen Präsident Bashar al-Assad zu zerstören. Das zeigt eine Untersuchung der New York Times.

Eine Analyse von bisher unveröffentlichten Funkaufnahmen der russischen Luftwaffe, Flugzeug-Spotterprotokollen und Zeugenberichten ermöglichte es der Times, die Bombardierung von vier Krankenhäusern in nur 12 Stunden im Mai detailliert nachzuverfolgen und russische Piloten mit jedem einzelnen der Angriffe in Verbindung zu bringen.

Der 12-Stunden-Zeitraum, der am 5. Mai begann, stellt einen kleinen Ausschnitt aus dem Luftkrieg in Syrien dar, ist aber ein Mikrokosmos der vierjährigen russischen Militärintervention im syrischen Bürgerkrieg. (…)

Russland wird seit langem vorgeworfen, systematische Angriffe auf Krankenhäuser und Kliniken in rebellischen Gebieten als Teil einer Strategie durchgeführt zu haben, die Assad helfen soll, den Sieg im achtjährigen Krieg zu erringen.

Physicians for Human Rights, eine Interessengruppe, die Angriffe auf medizinisches Personal in Syrien verfolgt, hat seit 2011 mindestens 583 solcher Angriffe dokumentiert, davon 266 seit der Intervention Russlands im September 2015. Seit 2011 wurden mindestens 916 medizinische Mitarbeiter getötet.

Die Times trug eine große Sammlung von Beweisen zusammen, um die Luftschläge vom 5. und 6. Mai zu analysieren. Social-Media-Beiträge aus Syrien, Interviews mit Zeugen und Aufzeichnungen von Wohltätigkeitsorganisationen, die die vier Krankenhäuser unterstützten, dokumentierten den Zeitpunkt von jedem der Luftschläge. Die Times erhielt Protokolle, die von Flugzeugspottern am Boden geführt wurden. Sie warnten die Zivilisten vor herannahenden Luftangriffen (…).  Dann hörten und entschlüsselten wir Tausende von Funksprüchen der russischen Luftwaffe, die monatelange Pilotenaktivitäten am Himmel über Nordwestsyrien aufzeichneten. Die Aufnahmen wurden der Times von einem Netzwerk von Beobachtern zur Verfügung gestellt, die zu ihrer Sicherheit auf Anonymität bestanden. (…)

Die fahrlässige oder absichtliche Bombardierung von Krankenhäusern ist ein Kriegsverbrechen, aber inmitten eines komplexen Bürgerkriegs ist es äußerst schwierig, die Schuld für Angriffe eindeutig zu belegen. Bis jetzt fehlte es syrischen medizinischen Mitarbeitern und Menschenrechtsgruppen an Beweisen. (…)

Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, leitete im August eine Untersuchung der Bombardierung von Krankenhäusern ein. Die noch andauernde Untersuchung soll u.a. feststellen, warum Krankenhäuser angegriffen wurden, obwohl sie ihre Standorte freiwillig auf eine von den Vereinten Nationen geführte Liste von geschützten Einrichtungen gesetzt haben, die Russland und anderen Kämpfern zur Verfügung gestellt wurde, um die Spitäler vor Angriffen zu schützen. Mitarbeiter syrischer Krankenhäuser glauben, dass die Liste der Vereinten Nationen von den russischen und syrischen Luftstreitkräften als Zielliste verwendet wurde. (…)

Vom 29. April bis Mitte September, als russische und syrische Regierungstruppen das letzte Rebellenterritorium im Nordwesten angriffen, wurden dem Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen zufolge 54 Krankenhäuser und Kliniken in Oppositionsgebieten angegriffen. Mindestens sieben hatten versucht, sich zu schützen, indem sie ihren Standort auf die Liste gesetzt hatten, so die Weltgesundheitsorganisation.

Am 5. und 6. Mai griff Russland vier Krankenhäuser an. Alle waren auf der Liste.“ (Evan Hill/Christiaan Triebert in der New York Times: „12 Hours. 4 Syrian Hospitals Bombed. One Culprit: Russia.“)

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