Der Antisemitismus hat sich zu allen Zeiten den jeweils aktuellen politischen und kulturellen Gegebenheiten angepasst – so auch heute.
Bret Stephens, National Post
Der Antizionismus ist einzigartig, weil er der Ansicht ist, dass die zionistische Unternehmung, das heißt der Staat Israel, bereits an sich falsch ist, und dass letztendlich nicht nur die israelische Politik geändert werden, sondern dass es Israel an sich verschwinden muss. (…) Auch wenn Sie eine Sekunde lang die Prämisse akzeptieren würden, dass Antizionismus kein Antisemitismus ist, müssten Sie sich mit der eliminatorischen Ideologie auseinandersetzen, die den Kern des Antizionismus ausmacht. (…)
Der Antizionismus tendiert außerdem sehr häufig dazu, die Bilder, Stereotypen und Verleumdungen der antisemitischen Tradition zu übernehmen, deren Geschichte sich über Tausende von Jahren erstreckt. Wenn Sie zum Beispiel hören, dass Israel im Gazastreifen einen Völkermord begehe – was real ganz offensichtlich nicht der Fall ist –, dann wird dieses Wort missbraucht und ein klassisch antisemitisches Stereotyp verwendet, das besagen will, dass das jüdische Volk über eine bestimmte Art von Blutgier verfüge. Oder wenn jemand sagt, dass Israel oder die israelischen Politiker die Welt hypnotisiert hätten, um sie dazu zu bringen, genau das zu tun, was Israel von ihr wolle, dann handelt es sich ebenfalls um ein altes antisemitisches Bild in neuem Gewand.
Und schließlich ist Antisemitismus Antizionismus, weil sich alle Formen des Judenhasses in der Geschichte fast wie ein Virus an die kulturellen und politischen Moden ihrer Zeit angepasst haben. Heutzutage ist es für die Menschen sehr schwierig, Antisemiten zu sein und Juden aus rassistischen Gründen zu hassen – aus dem offensichtlichen Grund, dass diese Ideologie glücklicherweise mit dem Sieg über das Dritte Reich aus der Mode gekommen ist.
Es ist unmodern, Juden einfach aus religiösen Gründen zu hassen, aber es ist modisch geworden, Juden zu hassen, indem man ihre Staatszugehörigkeit, ihre Nationalität und ihre Bereitschaft, die Grenzen ihres Staates zu verteidigen, als Vorwand heranzieht, um das jüdische Volk als besonders schändlich hinzustellen und es wie kaum ein anderes Volk auf der Welt zu hassen. Deshalb ist der Antizionismus vom Antisemitismus nicht zu unterscheiden. Er ist der Antisemitismus unserer Zeit.