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Schwierige Zeit für Juden in Großbritannien

Antisemitische Demonstration in Großbritannien
Antisemitische Demonstration in Großbritannien (© Imago Images / NurPhoto)

Auf einem Flughafen in Großbritannien war ein israelisches Brüderpaar stundenlangen Schikanen durch Polizeibeamte ausgesetzt, nachdem sich die jungen Männer als Überlebende des Hamas-Massakers zu erkennen gegeben hatten.

Zwei israelische Überlebende des Massakers beim Supernova-Festival am 7. Oktober 2023 sollen am Sonntagabend des 24. März am Flughafen Manchester über Stunden hinweg von der Einwanderungsbehörde grundlos festgehalten worden sein. Dabei sollen zwei Beamte sie angeschrien, bedroht und gesagt haben: »Wir müssen sicherstellen, dass Sie nicht hier das tun, was Sie mit den Menschen in Gaza machen.« Der israelische Nachrichtensender i24 News English und die britischen Tageszeitungen Daily Mail und The Guardian haben darüber berichtet.

Daniel (23) und Neria Sharabi (22) waren von Brüssel nach Manchester gereist, um Vorträge über die mentalen Folgen für die Überlebenden des 7. Oktober zu halten und Spenden für deren Unterstützung zu sammeln. Die beiden Brüder hatten während des Hamas-Massakers auf dem Festivalgelände an die dreißig Menschen verteidigt, indem sie sich hinter einem Panzer versteckten und ihnen unbekannte Waffen gegen die Terroristen einsetzten, während ihnen ein Reservekommandant per Telefon Anweisungen gab. Sie versorgten auch die Verwundeten, die sich bei ihnen versteckt hielten. 

Am Flughafen Manchester wurden sie zwei Stunden lang festgehalten und waren eigenen Angaben nach einem aggressiven Ton ausgesetzt, der »unnötig und erniedrigend« gewesen sei.

Der 22-Jährige schilderte gegenüber der Daily Mail sein Aufeinandertreffen mit dem Beamten am Flughafen: »Ich glaube, er dachte anfangs, ich sei Moslem, denn er fragte mich, welcher Religion ich angehöre. Nachdem ich sagte, dass ich Jude bin, änderte sich alles und ich konnte es in seinem Gesicht sehen.« Sie seien gefragt worden, warum sie in England seien. »Ich sagte ihnen, dass ich die Massaker vom 7. Oktober überlebt habe und hier bin, um meine Geschichte zu erzählen. Und in der Sekunde, in der ich das gesagt habe, ist er einfach ausgeflippt. Von diesem Moment an begann er, uns zu verhören. Er sagte uns, wir sollten uns dort drüben hinsetzen und uns nicht bewegen, sie müssten uns verhören.«

Das Brüderpaar sei von allen anderen getrennt worden und hätte eineinhalb Stunden auf den Vernehmungsbeamten warten müssen. »Sie fingen einfach an, uns eine Menge seltsamer Fragen zu stellen, ob wir noch bei der Armee sind, wie lange wir gedient haben, was wir tun. Am Ende haben sie nichts gefunden und die Polizisten wurden wütend und sauer, weil sie nichts herausfanden.«

Daniel Sherabi sagt, er wolle eine Entschuldigung von der britischen Regierung für die Art und Weise, wie er und sein Bruder bei ihrer Ankunft am Sonntagabend behandelt wurden. »Ich habe nicht den geringsten Zweifel daran, dass wir festgehalten wurden, weil wir Israelis sind. Wir haben die Beamten immer wieder gefragt, warum sie uns angehalten haben. War es, weil wir Israelis oder weil wir Juden sind? Natürlich haben sie es nie zugegeben, aber es war uns klar, dass dies der einzige Grund war. Wir waren schockiert über die Art und Weise, wie wir behandelt wurden. Wenn jemand aus dem Ausland in dein Land kommt, erwartest du, dass man dich willkommen heißt und freundlich behandelt, nicht so.«

Die Erfahrung habe den Schrecken des 7. Oktober zurückgebracht. »Nachdem wir endlich den Flughafen verlassen durften, schlief keiner von uns viel wegen der Art und Weise, wie wir behandelt wurden.«

Schwierige Zeit für Juden 

Der Vorsitzende des Jewish Representative Council of Greater Manchester & Region (JRC) Marc Levy berichtete im Interview mit i24 News: »Warum sie auf diese Weise behandelt wurden, darüber haben wir keine Informationen. Interessant ist, dass wir, nachdem die Story bekannt geworden war, von anderen Leuten kontaktiert wurden, die ebenfalls mit israelischen Reisepässen gereist sind und beim Passieren der Grenzkontrollen hier in Großbritannien ähnliche Formen der Diskriminierung erlebt haben.«

Innenminister James Cleverly und der Flughafenbetreiber hätten, nachdem der JRC sie in Kenntnis gesetzt hatte, eine vollständige Untersuchung des Vorfalls angekündigt, fügte Levy hinzu. Dafür sei er dankbar. »Wir erwarten mit Spannung die Ergebnisse.« Levy beschreibt die beiden Brüder als sehr ruhig und freundlich. »Sie haben bei der Community hier im Großraum Manchester einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Jeder, der ihnen begegnet ist, hat gesagt, wie wunderbar, ruhig und höflich sie sind.« Sie würden niemals ihre Stimme erheben oder jemanden respektlos behandeln, weder einen britischen Grenzbeamten noch sonst einen Menschen, versicherte er. 

Es sei derzeit »eine schwierige Zeit« für Juden in Großbritannien. Es gebe regelmäßig antisemitische Kundgebungen und Plakate in den Innenstädten; Parolen, mit denen ein Genozid an den Juden gefordert werde; Orte, die Juden nicht gefahrlos aufsuchen könnten. Vor allem an Wochenenden eskaliere mancherorts in Großbritannien der Antisemitismus. 

Levy bestreitet nicht das Recht von Menschen, gegen Israels Regierung zu demonstrieren. Bei den fast wöchentlich stattfindenden Demonstrationen gehe es aber nicht um Kritik. »Diese Leute sind völlig still bei jedem anderen politischen Thema.« Nur wenn Israel sich gegen den Terror der Hamas verteidige, motiviere sie das zum Protest. »Die erste Demonstration gegen Israel fand am Abend des 7. Oktober statt.« Diese Menschen seien also nicht etwa besorgt wegen einer in ihren Augen unangemessenen Reaktion Israels, nein, »sie feiern aktiv das größte Pogrom und Massaker seit dem Holocaust.«

Auch an den Universitäten gebe es eine starke antisemitische Stimmung und Drohungen gegen israelische Redner. Levy erinnerte an den Fall des jüdischen Kaplans der Universität Leeds, Rabbi Zecharia Deutsh, der Hunderte Morddrohungen erhielt, nachdem er nach den Massakern des 7. Oktober als Reservist der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte nach Israel geflogen war. Eine Petition, die Deutshs Entlassung forderte, da er die Universität Leeds zu einem »unsicheren Ort« mache, erhielt mehr als 10.000 Unterschriften. Auf Anraten der Polizei musste der Rabbiner mit seiner Frau und seinen Kindern untertauchen.

Levy erwähnte auch den Fall eines neunjährigen, ultraorthodoxen jüdischen Jungen, der im Kinderkrankenhaus von Manchester wegen einer seltenen Blutkrankheit behandelt wird. Eine Krankenschwester, die propalästinensische Aufnäher getragen habe, soll das Kind, das eine Infusionsnadel im Arm hatte, regelrecht »aus dem Bett geworfen« und gezwungen haben, auf dem Fußboden zu liegen, behauptet der Onkel des Jungen.

Die jüdische Gemeinde sei »sehr besorgt«, so Levy. Israelis vor Reisen nach Großbritannien warnen möchte er allerdings nicht, im Gegenteil; gebe es hier doch eine sehr lebendige jüdische Gemeinde. Die geschilderten Vorfälle sollten israelischen Besuchern keine Angst machen, sie seien »sehr willkommen«.

2,5 Millionen Hamas-Anhänger

Daniel und Neria Sharabi jedoch haben Großbritannien so schnell wie möglich wieder verlassen. Neria sagte vor der Abreise gegenüber der Daily Mail: »Ich fühle mich nicht sicher. Wenn die Polizei so mit Zivilisten umgeht, möchte ich nicht hier sein. Die Leute hier bitten uns, noch ein wenig zu bleiben, aber ich fühle mich hier nicht sicher. Ich will nach Hause, und wir werden heute unseren Flug nach Hause nehmen.« Er sei zum ersten Mal und zum letzten Mal in Großbritannien. »Ich möchte nicht noch einmal das erleben, was ich erlebt habe.«

Unterdessen wurde bekannt, dass ein zehnjähriger Junge aus London in den sozialen Netzwerken zum Opfer von Hassausbrüchen wurde, nachdem er ein Foto veröffentlicht hatte, das ihn während des jüdischen Purimfestes, bei dem viele Kinder und Erwachsene Kostüme tragen, als israelischen Soldaten verkleidet zeigte. i24 News meldete dazu: »Das Foto wurde von Accounts, denen Hunderttausende Menschen folgten, weit verbreitet und löste eine Welle von Hasskommentaren und Drohungen gegen das Kind aus. Unter den vielen schockierenden Posts bezeichneten einige Nutzer den Jungen als Nazi‹ und ›Tier‹, während andere ihn körperlich bedrohten. Kommentare wie ›Sieht aus wie ein Terrorist. Tötet ihn‹ veranschaulichen die verbale Gewalt, die gegen das Kind entfesselt wurde.«

Laut einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov hegen vier Prozent der Briten – das sind 2,5 Millionen Menschen – Sympathien für die Hamas.

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