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Ukraine-Krieg: Syrien als russisches Testgelände

Demonstration gegen Putins Krieg in der Ukraine
Demonstration gegen Putins Krieg in der Ukraine (© Imago Images / aal.photo)

Die russische militärische Vorgehensweise in der Ukraine gleicht jener, die Wladimir Putin schon bei seinem Eingreifen in den syrischen Bürgerkrieg angewendet hat.

Die syrische Stadt Aleppo im Norden des Landes war einst ein blühendes Wirtschaftszentrum mit einer Einwohnerzahl von knapp zwei Millionen Bürgern. Heute gleicht sie einem Trümmerhaufen, der alles unter sich begraben hat. Einst, das war vor dem Jahr 2015, bevor sich der russische Machthaber Wladimir Putin mit aller militärischer Stärke in den Bürgerkrieg eingeschaltet hatte, um den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad im Kampf um dessen Machterhalt zu unterstützen.

Putins Kriegsführung war so simpel wie grausam: Es galt, mithilfe der russischen Luftwaffe alles und alle in Grund und Boden zu schießen, was sich nur bombardieren ließ. Anvisiert wurden nicht die gegnerischen kämpfenden Verbände, sondern vorrangig die Städte und deren Bewohner, nachdem diese von jeglicher Versorgung abgeschnitten worden waren.

Und Putin setzte alles ein, was das russische Militär an Neuentwicklungen zu bieten hatte: Modernste Aufklärungstechnik, Präzisionswaffensysteme, Drohnen, Kampfjets, bunkerbrechende Raketen, U-Boote. Gekämpft wurde nicht auf dem Boden – Putin schickte kaum Bodentruppen nach Syrien –, sondern von der Luft aus.

Erklärtes Ziel war die Zerstörung jeglicher Infrastruktur und privater Versorgungseinrichtungen. Strom-, Energie- und Telekommunikationseinrichtungen wurden zum Erliegen gebracht, Spitäler, Schulen, Wohnhäuser vernichtet.

Auf die Bevölkerung wurde bewusst keine Rücksicht genommen, ganz im Gegenteil: Die massive Bombardierung von Städten sollte für möglichst hohe Verlustzahlen sorgen und für eine grundlegende Demoralisierung jener, welche die Angriffe überlebt hatten. Weit über 20.000 syrische Bürger hatten dazu keine Chance.

In Syrien wie in der Ukraine: Einsatz von Streubomben

Und hier schließt sich der Kreis zum jetzigen russischen Angriff auf die Ukraine. Denn wie sich schon nach kaum zwei Wochen Krieg herausstellt, wendet Kriegstreiber Putin dieselben Mittel an, die er in Syrien quasi testen konnte – und dazu zählt auch der Einsatz von Streumunition.

Unter dem Begriff Streumunition versteht man Bomben, die mehrere kleinere Sprengkörper mit jeweils bis zu zwanzig Kilogramm Gewicht enthalten, die nach dem Abwurf in großem Radius ziellos verstreut werden. Ihre explodierenden Teile fliegen in alle Richtungen und richten bei Menschen verheerende Verletzungen an.

Hinzu kommt, dass nicht alle bei ihrem Aufprall sofort detonieren, sondern häufig als sogenannte Blindgänger auf dem Boden liegen bleiben. Wegen ihrer geringen Größe werden sie nicht immer entdeckt bzw. als solche identifiziert, sondern als harmlose Gegenstände angesehen. Gerade dieser Umstand führt – auch noch in Friedenszeiten – oftmals dazu, dass zum Beispiel Kinder mit ihnen spielen, was dann unweigerlich zu deren Explosion führt.

Um den Einsatz dieser katastrophalen Waffe zu unterbinden, wurde im Jahr 2010 von den Vereinten Nationen als völkerrechtlicher Vertrag die Oslo-Konvention über das Verbot von Streubomben verabschiedet. Das Abkommen umfasst das kategorische Verbot von Einsatz, Entwicklung, Herstellung, Lagerung und Transfer von Streumunition. Bislang haben über hundert Staaten die Konvention ratifiziert – nicht jedoch Russland.

Mittlerweile ist erwiesen, dass Aggressor Putin diese Munition auch in der Ukraine einsetzen lässt. Laut der NGO Human Watch wurde die zweitgrößte Stadt der Ukraine, Charkiw, schon mit Streumunition beschossen. Aber auch andere Städte und größere Ortschaften kamen unter ihren Beschuss. Im Visier sind Malyn, Mariupol, Odessa und Sumy.

Je weniger Fortschritte die russische Armee in der Ukraine macht, umso größer wird die Gefahr, dass der schon jetzt eher desillusionierte Wladimir Putin die ukrainische Bevölkerung rücksichtslos aus allen Rohren beschießen wird. Internationale Militärexperten befürchten eine Einkesselung der Hauptstadt Kiew, wobei alle Versorgungswege in die Stadt hinein blockiert werden sollen mit dem Ziel, die Bevölkerung auszuhungern.

»Angst«, so weiß die ehemalige ukrainische Ministerpräsidentin Julia Timoschenko, »ist Putins wichtigste Waffe«. Im Gegensatz zur syrischen Bevölkerung wird die ukrainische jedoch zumindest teilweise vom Westen mit Waffen ausgestattet, die es ihr ermöglicht, ihr Land zu verteidigen. Hoffen wir also, dass Putins »wichtigste Waffe« in der Ukraine keine Chance hat.

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