So wie die Hamas den Zugang zu den israelischen Geiseln verunmögliche, habe auch Jerusalem seit dem 7. Oktober die Besuchsmöglichkeiten von palästinensischen Häftlingen in israelischen Gefängnissen erschwert.
Die Hamas hält 136 Geiseln gefangen, die während ihres Terrorangriffs auf Israel verschleppt wurden. »Seit dem 7. Oktober hat Israel Besuche bei den palästinensischen Gefangenen in den Gefängnissen ausgesetzt. Gleichzeitig hat die Hamas bisher keine Besuche bei den von ihr entführten Geiseln zugelassen. Dies ist inakzeptabel«, sagte der Regionaldirektor des Roten Kreuzes (IKRK) für den Nahen und Mittleren Osten, Fabrizio Carboni, unter Bezug auf das Datum des Massakers in einem Interview mit der in London erscheinenden, arabischsprachigen Zeitung Asharq Al-Awsat.
Carboni erklärte zunächst, das Internationale Rote Kreuz besuche regelmäßig palästinensische Sicherheitsgefangene in Israel und erleichtere Besuche ihrer Familien, bevor er beklagte, dass die israelischen Behörden nach dem Hamas-Überfall beschlossen hätten, »die Besuche durch das Internationale Rote Kreuz auszusetzen. Wir bedauern dies und sind weiterhin im Gespräch mit den Betroffenen, um diese Besuche wieder aufnehmen zu können. Es ist auch traurig, dass die Hamas uns nicht erlaubt, die Entführten zu besuchen, die sie gefangen hält.«
Bereits im Dezember machte die Präsidentin des Roten Kreuzes, Mirjana Spoljaric, Israel zu einem Teil an der Situation mitverantwortlich und meinte gegenüber Channel 12, »sowohl« die Hamas als auch Israel seien dafür verantwortlich, dass das IKRK die Geiseln nicht erreichen könne.
Hilfe beim Papierkram
Laut einem Bericht der israelischen NGO Palestinian Media Watch (PMW) hilft das Internationale Rote Kreuz inhaftierten palästinensischen Terroristen, die sogenannten Märtyrer– oder Terrorrenten von der Palästinensischen Autonomiebehörde zu erhalten. Nach Angaben von PMW füllen inhaftierte Palästinenser dabei die Formulare aus, um die Rente zu erhalten, und das Rote Kreuz liefert die Papiere anschließend nach Ramallah.
Die israelische Menschenrechtsorganisation Shurat HaDin kündigte letzten Monat an, im Namen von vierundzwanzig Klägern eine Klage über zehn Millionen Schekel (ca. 2,5 Mio. Euro) gegen das Internationale Komitee vom Roten Kreuz einzureichen. In der Klage, die beim Jerusalemer Bezirksgericht eingereicht wurde, wird das in Genf ansässige IKRK beschuldigt, nach dem Hamas-Massaker zu spät gehandelt und die von der Terrorgruppe festgehaltenen Geiseln weder besucht noch medizinisch versorgt zu haben.
Die israelischen Geiseln sollten dringend benötigte Medikamente erhalten, die vor fast einer Woche im Rahmen eines katarisch-französischen Abkommens in den Gazastreifen gelangten. Ob die Betroffenen sie tatsächlich erhalten haben, ist bis heute ungeklärt. Mitte Januar erzählte der Bruder einer Entführten, eine Rot-Kreuz-Mitarbeiterin habe seiner Familie Moralvorträge gehalten, sich mehr um die Bewohner von Gaza zu kümmern als um die medizinische Versorgung seiner Schwester.