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Israel: Kein anderes Militär hatte es je mit solch einem Gegner zu tun

Israelische Soldaten bei ihrem Einsatz in Gaza
Israelische Soldaten bei ihrem Einsatz in Gaza (Quelle: JNS)

Nach dem anfänglichen Erschrecken über das Hamas-Massaker halten mittlerweile vermehrt die alten Muster Einzug in die Medienberichterstattung: Israel ist schuld am Elend des Krieges. Warum diese Darstellung verkürzt und falsch ist.

Deutschland habe Israel einen »Blankoscheck« für seine »aggressive« und »unverhältnismäßige Kriegsführung« in Gaza ausgestellt, sagte Khola Maryam Hübsch heute Morgen in einem Beitrag für den Deutschlandfunk (DLF). Damit mache sich Deutschland »zum Verbündeten eines Kriegs, der in 130 Tagen 28.000 Menschen das Leben gekostet hat, davon die Hälfte Kinder«, gab Hübsch dabei die vom Hamas-geführten Gesundheitsministerium in Gaza stammenden Zahlen wieder – ohne jede kritische Einordnung der Quelle, auf die sie sich hier bezog. 

Er sei »eine humanitäre Katastrophe mit Ansage«, erklärte die DLF-Publizistin über Israels Krieg gegen die Hamas, ohne auch nur mit einem Wort zu benennen, dass es die Hamas war, die am 7. Oktober 2023 den bestehenden Waffenstillstand verletzt und den Waffengang vom Zaun gebrochen hat.

Darüber hinaus ging in dem Beitrag eines unter, das neben all der Israelkritik, die Hübsch in die vier Minuten 47 Sekunden packte, wohl keinen Platz haben durfte, worauf hingegen der Experte für urbane Kriegsführung, John Spencer, in einem Artikel für Newsweek unlängst hingewiesen hat: dass Israel nämlich mehr Maßnahmen zur Verhinderung ziviler Opfer ergriffen habe als jede andere Nation in der Geschichte.

Als jemand, der urbane Kriegsführung im Modern War Institute in West Point lehrt, habe ihn überrascht, dass Israel Zivilisten in Gaza angerufen, ihnen Textnachrichten geschickt und sogar Karten an sie ausgegeben hatte, auf denen stand, wo seine Verteidigungsstreitkräfte (IDF) an dem in Frage kommenden Tag operieren. Er habe noch nie ein Militär erlebt, das so etwas getan hat, erklärte Spencer, nachdem er vergangenen Monat Israel besucht und das Kampfgebiet in und um Gaza besichtigt hatte. 

Das israelische Vorgehen verschaffe seinem angreifenden Militär insofern einen Nachteil, als es den Hamas-Truppen signalisiere, was es vorhabe und unternehme. »Das Überraschungsmoment hat in Kriegen normalerweise oberste Priorität, aber Israel gibt all das auf, um Schaden von der Zivilbevölkerung abzuwenden«, präzisierte Spencer in einem Interview seine Aussagen.

Bei all dem gehe es ihm nicht darum, schrieb er in Newsweek, »Israel auf ein Podest zu heben oder das Leid der Menschen in Gaza herunterzuspielen, sondern vielmehr um die Korrektur einer Reihe von Fehlannahmen, welche die urbane Kriegsführung betreffen«. Die allgemeine Unkenntnis, verbunden mit einem Unwissen über die besonderen Umstände des israelischen Kriegs in Gaza führten in Verbindung mit mangelnden Kenntnissen über das Kriegsrecht dazu, dass Israel mit unfairen Maßstäben gemessen werde.

Noch nie zuvor

Um zu einer korrekten Einschätzung zu kommen, so Spencer, müsse man sich vor Augen halten, dass Israel in Gaza mit einem Gegner und einem Terrain konfrontiert sei, wie es noch keine Armee zuvor erleben musste.

Am ehesten vergleichbar sei die Situation in Gaza noch mit jener, auf die amerikanische Truppen 2003/04 in irakischen Städten wie Bagdad und Fallujah trafen, oder US-Truppen zusammen mit irakischen Verbänden 2016/17 bei der neun Monate dauernden Befreiung Mossuls vom Islamischen Staat. Mossul, zitiert das Wall Street Journal Spencer, war eine Schlacht in einer Stadt gegen drei- bis fünftausend IS-Kämpfer mit begrenzter Verteidigung, was quantitativ als auch qualitativ nicht mit dem zu vergleichen sei, womit Israel es in Gaza zu tun habe.

Zugleich unterscheide sich Israels Situation auch vom Anti-IS-Kampf – nicht zuletzt aufgrund des beispiellosen Tunnelsystems, das die Hamas unter Gaza errichtet hat. Die Errichtung von Tunneln sei an und für sich zwar nicht neu, erklärte Spencer, und auch der Islamische Staat habe sich dieser Technik bedient, um sich in den unterirdischen Anlagen zu verstecken oder seine Kämpfer unbemerkt von einem Ort zum anderen zu verlegen. Sie aber absichtlich unter ziviler Infrastruktur zu bauen und das aus dem einzigen Grund, das Kriegsrecht gegen das Militär der anderen Seite zu wenden, das sei neu und präzedenzlos. Die Hamas nutze bestehendes Recht wie die Genfer Konvention, die sie selbst nicht respektiert, als Waffe gegen diejenigen, die sie sich an sie halten. 

»Israel kämpft nicht in einer Schlacht wie Fallujah, Mossul oder Raqqa, sondern in einem Krieg, der aus synchronen, großen Stadtschlachten besteht. Kein Militär in der modernen Geschichte hat es mit mehr als 30.000 Verteidigern in mehr als sieben Städten zu tun gehabt, die menschliche Schutzschilde benutzen und sich in Hunderten Kilometern unterirdischer Tunnelnetzwerke verstecken, welche absichtlich unter zivilen Einrichtungen gebaut wurden, während sie Hunderte von Geiseln festhalten«, erklärte Spencer abschließend noch einmal die Besonderheiten, denen Israel sich in seinem Krieg gegen die Hamas gegenübersieht. 

All das könnte und müsste auch eine Publizistin wie Khola Maryam Hübsch wissen und berücksichtigen, wenn sie einen Kommentar über eben jenen Krieg verfasst. Ihr scheint es jedoch wichtiger zu sein, Israel die alleinige Schuld an der Lage in Gaza zu geben, um abschließend aus der »historischen Verantwortung« Deutschlands heraus und für den »Frieden weltweit« einen »humanitären Waffenstillstand« zu fordern, der nichts anderes wäre als ein Sieg der Hamas.

Dies ist ein Auszug aus unserem Newsletter vom 20. Februar. Wenn Sie den nächsten Newsletter erhalten möchten, melden Sie sich an!

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