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Islamisches Zentrum Hamburg: Das Shia-Kartell (Teil 2)

Die Blaue Moschee des Islamischen Zentrums Hamburg
Die Blaue Moschee des Islamischen Zentrums Hamburg (© Imago Images / Shotshop)

Recherchen im Umfeld des IZH deckten nicht nur dessen Beziehungen zur Hisbollah auf, sondern auch seine Versuche, sie zu verschleiern.

Sigrid Herrmann-Marschall fiel bei ihren in Teil1 des Artikel dargestellten Recherchen noch etwas anderes ins Auge, nämlich die Facebook-Seite „Libanon Echo in Deutschland“ die ihren Aussagen zufolge „einige Vereine zusammenführt“ und „eine reihum organisierte ‚Bildungsarbeit‘ durch Vorträge“ vermittle. Nach ihrer Kenntnis nehmen an der Veranstaltungsreihe 12 Vereinigungen teil, drei davon gehören zu denen, in deren Räumlichkeiten die Durchsuchungen stattfanden. Herrmann-Marschall resümiert:

„Der Hamburger Verfassungsschutz weist im aktuellen Bericht auf Seite 50 auch darauf hin, dass er etwa 30 Vereine bundesweit als Organisationen sieht, in denen sich eine Hizbollah-nahe Klientel trifft. Insofern mag das aktuell sichtbar gewordene Geflecht einen Teil abbilden, auch wenn sicher nicht in jedem der Vereine offen oder verdeckt für die Hizbollah geworben werden mag. Zur eigenen Community hin werden jedoch generell andere Botschaften verbreitet als zur Mehrheitsgesellschaft hin, das Eigenbild ist ein anderes.“

Wie gut das Außenmarketing wirkt, zeigt die Tatsache, dass der offene Brief des Leiters des IZH prominent im Hamburger Abendblattbesprochen wurde. Das Blatt schob allerdings einen Tag später einen Artikel nach, in dem der CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph de Vries die mangelnde Distanz Mohammad Hadi Mofattehs gegenüber der „Hizb Allah“ kritisierte.

Munteres Miteinander

Diese mangelnde Distanzierung ist weniger verwunderlich vor dem Hintergrund der Tatsache, dass das IZH 2009 die Initiative ergriff, um den Dachverband „Islamische Gemeinschaft der Schiiten in Deutschland“ (IGS) zu gründen.

Der IGS vereint etwa 150 Vereinigungen, darunter auch die Organisation „Islamischer Weg“, deren Vorsitzender Yavuz Özoǧuz ist, Bruder der SPD-Bundestagsabgeordneten und ehemaligen Integrationsbeauftragten Aydan Özoǧuz. Der „Islamische Weg“ gehört laut Yavuz Özoǧuz bzw. der von ihm herausgegebenen „Enzyklopädie des Islam“ neben dem IZH zu den Gründungsmitgliedern der IGS.

Auf der Facebook-Seite des von Sigrid Herrmann-Marschall erwähnten „Markaz Iman Rida Essen“ sind Fotos eines Treffens im IZH zu sehen, wobei es erläuternd heißt:

„Die Teilnahme des Verbandes libanesischer Expats an den Wahlen im Islamischen Zentrum Hamburg zur Bestimmung der Mitglieden der Deutschen Schiitischen Union (IGS) in Anwesenheit Seiner Eminenz Ayatollah Sheikh Ramadani und Seiner Eminenz Suleiman al-Musawi.“

Bei besagtem Treffen am 20. Mai 2017 nahmen dem Iraniansforum zufolge „Vertreter der mit der IGS verbundenen schiitischen Zentren samt der libanesischen Hizbollah-Vereine aus verschiedenen deutschen Städten“ teil. Reza Ramezani, damals noch Leiter des IZH und einer der drei Vorsitzenden der SCHURA, hielt dort eine Rede.

Staatliche Förderung eines problematischen Dachverbands

Das Treffen ist auch auf der Webseite des IZH verewigt. Auf den Fotos erkannte Sigrid Herrmann-Marschall die schiitischen Aktivisten Ünal Kaymakci aus Frankfurt sowie Dawood Nazirizadeh aus Wiesbaden. Außerdem ist Yavuz Özoǧuz sehr deutlich zu erkennen, Bruder der ehemaligen Integrationsbeauftragten, die des Öfteren verlauten ließ, dass sie die Ansichten ihrer Brüder – Gürkhan Özoǧuz hat sich mitsamt seinem Bruder in die Dienste Allahs gestellt – nicht teile.

Als allerdings die IGS in die Kritik geriet, nachdem bekannt geworden war, dass sie oder einzelne ihrer Unternehmungen aus staatlichen Mitteln gefördert werden sollte, fehlt eine kritische Stimme: Die von Aydan Özoǧuz. Mittlerweile ist bekannt, dass die IGS sehr wohlwollend mit staatlicher Unterstützung bedacht wurde.

In der Antwort auf eine Kleine Schriftliche Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion heißt es:

„Aus Kapitel 1702 Titel 684 04 wird im Rahmen des Bundesprogramms ‚Demokratie leben!‘ das Modellprojekt ‚Präventionsnetzwerk gegen religiös begründeten Extremismus‘ des Trägers und Zuwendungsempfängers Türkische Gemeinde in Deutschland e. V. (TGD) gefördert. Die IGS ist einer von fünf Kooperationspartnern im Modellprojekt.

Im Rahmen dieser Kooperation wurden durch die TGD Mittel an die IGS zur Durchführung von projektbezogenen Maßnahmen zweckgebunden weitergeleitet. Im Haushaltsjahr 2016 wurden 15 848,38 Euro an die IGS weitergeleitet. Im Haushaltsjahr 2017 wurden – vorbehaltlich der noch zu erfolgenden Verwendungsnachweisprüfung – 17 450,00 Euro an die IGS weitergeleitet. Mit dem Modellprojekt soll ein bundesweites Präventionsnetzwerk gegen religiös begründeten Extremismus entstehen.

Im Rahmen der Förderung des Projektes ‚Extrem engagiert! Kompetenzprogramm junger Muslime‘ durch den EU-Fonds für Innere Sicherheit erhält die IGS eine Kofinanzierung aus dem Bundesprogramm ‚Demokratie leben!‘. Im Haushaltsjahr 2017 erhielt die IGS – vorbehaltlich der noch zu erfolgenden Verwendungsnachweisprüfung – 6 579,78 Euro. Im Haushaltsjahr 2018 sind 41 931,49 Euro zur Kofinanzierung vorgesehen. Im Haushaltsjahr 2019 sind 45 872,72 Euro zur Kofinanzierung vorgesehen.“

Ende Juli 2017 veranstaltete die IGS einen Workshop zum Thema „Islamverständnis zwischen Rationalität und Radikalität – Historisch-theologische Hintergründe und soziale Herausforderungen“ im Al-Mustafa-Institut in Berlin. Diese Veranstaltung sollte ursprünglich vom Bundesfamilienministerium gefördert werden, doch dieses zog die Zusage für die Förderung zurück. Die damalige Familienministerin Katharina Barley (SPD) wurde von der aus dem Iran stammenden Menschenrechtlerin Mina Ahadi darauf hingewiesen, dass damit eine dem Teheraner Regime nahestehende Dachorganisation gefördert würde, Ahadi erklärte in einem offenen Brief an Barley erklärte, dass dies eine „riesige Ohrfeige für die säkulare Frauenbewegung im Iran“ sei.

Auch aus Töpfen der EU wurde die IGS gefördert, worauf die Organisation „Stop the Bomb“ hinwies.

Im Frühjahr 2019 gab das Bundesinnenministerium bekannt, die IGS künftig nicht mehr zu fördern. „Diese Einsicht kommt rund 380.000 Euro zu spät“, kommentierte Bild-Redakteurin Antje Schippmann: „In den vergangenen Jahren“ seien rund 380.000 € geflossen, und zwar ausgerechnet für Projekte im Bereich der „Extremismus-Prävention“, ist in ihrem Bericht zu lesen.

Diese „vergangenen Jahre“ umfassen – zumindest teilweise – die Amtszeit von Aydan Özoǧuz als Integrationsbeauftragte der Bundesregierung von Dezember 2013 bis März 2018. Davor, von 2009 bis zu ihrer Ernennung als Bundesbeauftragte, war sie die integrationspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, und davor, von 2001 bis 2008, die integrationspolitische Sprecherin der Hamburger SPD-Bürgerschaftsfraktion. Der damalige Innensenator Michael Neumann (SPD) ist ihr Ex-Mann, wobei schwer vorstellbar ist, dass der Hamburger Senat mit der SCHURA verhandelte, und der Innensenator an diesen Verhandlungen nicht beteiligt war.

Ebenso ist es schwer vorstellbar, dass dieser sich nicht mit seiner damaligen Ehefrau darüber beriet, die in ihrer zu dieser Zeit ausgeübten Funktion als Bundes-Integrationsbeauftragte wohl eine Ansprechperson gewesen sein dürfte – und als Schwester, die just zu dieser Zeit in einem taz-Interview die zuvor erklärt distanzierte Haltung zu ihren Brüdern relativierte: „In meiner Familie sind auch meine Brüder eine Ausnahme. Aber die würden auch auf das Grundgesetz schwören.“

In dem Interview relativiert sie nicht nur die kritische Haltung zu ihren Brüdern, sondern argumentiert ihrerseits so, wie man es eher von Muslim-Markt, dem Internetportal ihrer Brüder, erwarten würde. Sie widerspricht energisch ihrem Ehemann, der Schulpflicht auch für Mädchen aus muslimischen Familien durchsetzen will, die von ihren Eltern vom Schwimmunterricht befreit werden. Ihr Mann verlangte „einen gesellschaftlichen Grundkonsens“, während sie konterte:

„Du musst auch mal an der richtigen Stelle so etwas wie Respekt entwickeln. Von einer Nonne verlangst du auch nicht, in einem öffentlichen Schwimmbad baden zu gehen. (…) Weil ich aus einer anderen Kultur komme, habe ich gelernt, dass man andere ein Stück weit anders sein lassen muss. Die Welt wächst zusammen, und wir regen uns auf, wie Amerikaner sich verhalten, Franzosen oder Türken. Die Frage ist doch: Wie kriegen wir das zusammen und lassen Menschen zugleich unterschiedlich sein?“

Das Merkwürdige sei doch, „dass die deutsche Mehrheitsgesellschaft kein Problem damit hat, wenn Frauen sich ausziehen, sondern wenn sie sich zu viel anziehen“ äußerte sie in Hinblick auf die Diskussion um den Hijab. Wenn eine Frau unterdrückt werde, sei das „kein muslimischer Weg“.

In einem SPIEGEL-Interview lehnte Özoǧuzein „pauschales Verbot“ der sogenannten Kinder-Ehen ab, beim Vorgehen gegen Islamisten mahnte sie zu „Augenmaß“. Die Welt fasst ihre Position fasste ihre Position wie folgt zusammen:

„Özoǧuz’ Ausführungen enden mit einer klaren Botschaft: ‚Wir stehen vor einem fundamentalen Wandel. Unsere Gesellschaft wird weiter vielfältiger werden, das wird auch anstrengend, mitunter schmerzhaft sein.‘ Das Zusammenleben müsse täglich neu ausgehandelt werden. Eine Einwanderungsgesellschaft zu sein heiße, ‚dass sich nicht nur die Menschen, die zu uns kommen, integrieren müssen‘.“

Zusammenfassend hat es den Anschein, dass Aydan Özoǧuz eher Fürsprecherin ihrer Brüder – zumindest aber der von ihnen vertretenen Wertvorstellungen – ist, als deren Kritikerin. Da wundert es weder, dass sie sich wie Sigrid Herrmann-Marschall herausfand, im Jahr 2011 als Teilnehmerin an einem „Treffen mit hochrangigen Muslimbruder-Funktionären unter IGD-Ägide [Islamische Gemeinschaft in Deutschland e.V. (IGD), heute: Deutsche Muslimische Gemeinschaft e.V. (DMG); Anm. B.G.] im etwas abgelegenen Bad Orbin“ angekündigt wurde; noch dass sie weder bei der Finanzierung der IGS vernehmlich wiedersprach, noch beim Staatsvertrag des Hamburger Senats mit der SCHURA.

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