Nachdem der Internetkonzern Digikala Fotos von weiblichen Angestellten ohne Hidschab veröffentlicht hatte, verhängte das Regime drastische Maßnahmen gegen das Unternehmen.
Die iranischen Behörden haben eines der Büros des größten E-Commerce-Unternehmens des Landes geschlossen und Gerichtsverfahren eingeleitet, nachdem das Unternehmen im Internet Fotos veröffentlicht hatte, auf denen weibliche Angestellte zu sehen waren, die nicht das vorgeschriebene islamische Kopftuch trugen, wie halbstaatliche Medien berichteten. Der Schritt ist Teil einer neuen Kampagne, die vergangene Woche gestartet wurde, um die islamische Kleiderordnung wieder streng durchzusetzen, weshalb auch die zuletzt aus der Öffentlichkeit abgezogene Sittenpolizei wieder auf Patrouille geschickt wurde.
Dem inoffiziell als »Irans Amazon« bekannten E-Commerce-Unternehmen Digikala wird vorgeworfen, gegen das Gesetz verstoßen zu haben, indem es Bilder von einer Betriebsversammlung veröffentlichte, bei der mehrere weibliche Angestellte keinen Hidschab trugen. Das Unternehmen hat mehr als vierzig Millionen aktive monatliche Nutzer und versammelt über 300.000 Händler unter seinem Dach. Die Iraner sind aufgrund der westlichen Sanktionen im Zusammenhang mit dem Atomprogramm des Landes weitgehend von internationalen Händlern wie Amazon abgeschnitten.
Die Website der mit der Stadtverwaltung der Hauptstadt Teheran verbundenen Tageszeitung Hamshahri berichtete Anfang dieser Woche, eines der Büros von Digikala sei versiegelt worden, die Website funktioniere jedoch nach wie vor. Auf der Website der iranischen Justiz hieß es, es seien Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit den Fotos eingeleitet worden, ohne dass dies jedoch näher erläutert wurde.
Repressionen wieder verschärft
Letzten Herbst waren landesweite Proteste ausgebrochen, nachdem die 22-jährige Jina Mahsa Amini in der Obhut der Sittenpolizei gestorben war. Amini war festgenommen worden, weil sie gegen die Kleiderordnung verstoßen hatte, die vorschreibt, dass sich sowohl Männer als auch Frauen konservativ kleiden und Frauen in der Öffentlichkeit ihr Haar bedecken müssen.
Die Proteste, bei denen Frauen eine führende Rolle spielten, weiteten sich schnell zu Forderungen nach dem Sturz der iranischen Theokratie aus, die nach der Revolution von 1979 die Macht übernommen hatte. Die Behörden reagierten mit hartem Durchgreifen, bei dem mehr als fünfhundert Demonstranten getötet und fast 20.000 inhaftiert wurden. Anfang dieses Jahres klangen die Proteste zwar ab, doch es gibt immer noch allgemein verbreitete Anzeichen von Unzufriedenheit.
Nach Beginn der Proteste verschwand die Sittenpolizei zum Zweck der Deeskalation weitgehend von den Straßen, und viele Frauen, insbesondere in Teheran und anderen Städten, trugen keinen Hidschab mehr. Die Behörden beharrten jedoch stets darauf, dass die Regeln nie geändert worden seien. Irans herrschende Geistliche betrachten den Hidschab als einen Grundpfeiler der Islamischen Republik und halten westliche Kleidung für ein Zeichen von Dekadenz.