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Iranische Polizei bestätigt: Sittenpolizei wieder auf den Straßen unterwegs 

Im Iran setzt die Sittenpolizei wieder die Verschleierungspflicht durch
Im Iran setzt die Sittenpolizei wieder die Verschleierungspflicht durch (Quelle: Amir Farshad Ebrahimi / CC BY SA 2.0 )

Die Einsätze der Sittenpolizei waren vorübergehend zurückgefahren worden, nachdem es zu Protesten gekommen war, als Jina Mahsa Amini im vergangenen September in ihrem Gewahrsam getötet wurde. 

Die iranische Polizei kündigte am Sonntag an, sie wieder Patrouillen der Sittenpolizei auf die Straße zu schicken, um die Hidschab-Gesetze durchzusetzen, nachdem die Einsätze der Polizei vor etwa einem halben Jahr durch Kameras und andere technische Maßnahmen ersetzt worden waren. 

»Ab heute werden wir uns mittels Einrichtung von Auto- und Fußpatrouillen im ganzen Land sowie mittels Durchführung zahlreicher Polizeieinsätze denejnigen widmen, die ungeachtet der Konsequenzen, die das Tragen von Kleidung außerhalb der Norm mit sich bringt, leider immer noch darauf bestehen, die Norm zu brechen. Hiermit wollen wir sie warnen und daran erinnern, dass im Falle der Nichteinhaltung der polizeilichen Anordnungen rechtliche Schritte eingeleitet und sie dem Justizsystem zugeführt werden», sagte Polizeisprecher Saeed Montazeral-Mahdi in einer Erklärung, die von iranischen Medien veröffentlicht wurden.

Er sagte, die Entscheidung sei angesichts der »Forderungen des Volkes und der Bitten verschiedener gesellschaftlicher Gruppen und Institutionen sowie der Betonung des ehrenwerten Präsidenten und der Justiz im Rahmen des Gesetzes« getroffen worden, um »die öffentliche Sicherheit zu erweitern und das Fundament der Familie zu stärken«.

Nach Angaben von Radio Farda berichten iranische Bürger bereits über eine Zunahme von mit Moralpolizisten besetzten Minibussen auf den Straßen des Landes.

Die Sittenpolizei wurde 2005 unter der Regierung des damaligen Präsidenten Mahmud Ahmadinijad gegründet und dient als Religionspolizei, die direkt dem Obersten Führer Ali Khamenei unterstellt war. Die typische Einheit besteht aus einem Minibus mit einer gemischten männlichen und weiblichen Besatzung, die an belebten öffentlichen Plätzen patrouilliert, um Verhalten und Kleidung zu kontrollieren, die als unangemessen gelten.

Der Vorsitzende des Sozialausschusses des iranischen Parlaments, Vali Esmaili, wies die Ankündigung der Polizei am Sonntag zurück und sagte gegenüber dem Iranian Student News Network, es sei »unwahrscheinlich, dass es eine Koordinierung oder eine Vereinbarung mit dem Parlament gegeben habe, um die moralischen Sicherheitspatrouillen wieder aufzunehmen”. 

Esmaili betonte, dass bei dem Versuch, Einfluss auf kulturelle und soziale Aktionen zu nehmen, die Maßnahmen »in einer angemessenen Weise und im Einklang mit dem kulturellen Umfeld« ergriffen werden sollten. Wähle man einen anderen Weg als den von ihm genannten, »werden wir mit Sicherheit keine ideale Antwort erhalten und es kann nur eine vorübergehende Wirkung haben«, sagte Esmaili, der darauf hinwies, dass das iranische Parlament einen Gesetzentwurf zum Hijab arbeite. Der Gesetzentwurf würde die Strafen für Frauen, die den Hidschab nicht tragen, verschärfen.

Nach Protesten vorübergehend eingeschränkt

Die Moralpolizei stand seit September vergangenen Jahres im Mittelpunkt der Spannungen im Iran, als Jina Mahsa Amini in ihrem Gewahrsam getötet wurde, nachdem sie wegen unangemessenen Tragens des Hidschabs festgenommen worden war. Aminis Tod löste landesweite Proteste aus, die den Iran monatelang erschütterten. Anfang Dezember erklärte die Islamische Republik in einem Ablenkungsmanöver, die Moralpolizei sei aufgelöst worden, wobei Kritiker sofort darauf hinwiesen, dass dies nur eine Nebelkerze sei und andere Überwachungsmechanismen eingesetzt würden.

In den vergangenen Monaten hatten iranische Beamte angekündigt, dass Kameras an öffentlichen Plätzen eingesetzt würden, um Frauen zu identifizieren, die in den Hidschab nicht gesetzeskonform tragen. Frauen, die dabei erwischt würden, bekämen eine Warnung. Sollten sie erneut erwischt werden, würden sie zu einer Anhörung vorgeladen werden. Frauen, die nach einer Verwarnung in ihren Fahrzeugen keinen Hidschab tragen, werde das Fahrzeug beschlagnahmt.

Montazeral-Mahdi sagte im April gegenüber der Nachrichtenagentur IRNA, innerhalb von 24 Stunden nach Einführung des neuen Plans seien mehrere hundert Fälle, in denen Frauen im Auto keinen Hidschab trugen, von der Polizei registriert und die Eigentümer der Fahrzeuge per SMS verwarnt worden.  Darüber seien wurden rund 3.500 Textnachrichten an Unternehmen verschickt, in denen sie zur Einhaltung der Hijab-Vorschriften ermahnt wurden. 532 Unternehmen verpflichteten sich, die Vorschriften einzuhalten. Hunderte von Geschäften wurden geschlossen, weil sie Frauen, die keinen Hidschab trugen, den Zutritt gewährten.

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