Es ist hinlänglich bekannt, dass es sich die internationale Hamas-Führung in den Luxushotels des Golfstaates Katar gut gehen lässt. Doch auch die lokale Leitung im Gazastreifen häufte riesige Vermögen an.
Im Gazastreifen leben rund 2,1 Millionen Palästinenser. Aufgrund des aktuellen Konflikts ist immer wieder von einer humanitären Krise die Rede, wobei Israel zurecht darauf beharrt, dass die gegenwärtige Lage einzig und allein die radikal-islamische Terrorvereinigung Hamas heraufbeschworen hat.
Doch dass sich die Versorgungslage der Bevölkerung generell im Laufe der Jahre kontinuierlich verschlechtert hat, steht zweifellos mit den sechzehn Jahren Hamas-Herrschaft in Zusammenhang, die keineswegs nur in Kriegszeiten auf Kosten der Zivilisten Ressourcen hortet und sich wenig darum kümmert, dass, wie im September 2022 angegeben wurde, 65 Prozent der Bevölkerung des Gazastreifens unterhalb der Armutsgrenze leben.
Warnung der Vereinten Nationen
Ein im Jahr 2012 veröffentlichter Bericht der Vereinten Nationen ging der Frage nach, auf welche Lebensbedingungen die Einwohner des Gazastreifens im Jahr 2020 blicken werden. Viele Eckdaten evaluierend wurde damals festgehalten, dass schon im Erhebungszeitraum die Infrastruktur in den Bereichen Strom, Wasser, Hygiene und Abwasser, aber auch Wohnungsbau, Gesundheits- und Bildungswesen und die sozialen und kommunalen Dienstleistungen nicht annähernd die Bedürfnisse der Bevölkerung deckten. Angesichts der desolaten Ausgangslage und des rasanten Bevölkerungswachstums kam der Bericht zu der Schlussfolgerung, dass im Jahr 2020 der Gazastreifen »nicht mehr bewohnbar« sein werde.
Natürlich wurde in der Untersuchung erwähnt, dass es Israel war, das die Wirtschaft des Gazastreifens isolierte, als es im Jahr 2005 Militär und Zivilisten abzog und die Grenze schloss. Aufgezählt wurden selbstverständlich auch die Schäden, die der Infrastruktur als auch der Wirtschaft durch die israelischen Militäroperationen zugefügt wurden. Zwar wurden die von Israel in den Gazastreifen überstellten Hilfslieferungen erwähnt, doch erneut Israel indirekt der schwarze Peter zugeschoben, als diese ohne weiterführende Erklärungen als unzureichend hingestellt wurden.
Kein Wort zu den in Gaza zu bemerkenden Spuren der langjährigen Herrschaftsgeschichte des Anrainerstaates Ägypten. Keine Bezugnahme auf die Auswirkungen des Zerwürfnisses zwischen Fatah und Hamas. Mehr noch: Die Hamas, die zum Zeitpunkt der Publikation bereits seit fünf Jahren im Gazastreifen herrschte, wurde kein einziges Mal erwähnt.
Hilfslieferungen für die Terroristen
Um den Schmuggel von Kriegsmitteln an die Hamas und andere Terrororganisationen zu verhindern, bestand Israel immer wieder auf Kontrollen und war gezwungen, ausländische Lieferungen zurückzuhalten, wie zwei Beispiele aus jüngster Vergangenheit zeigen: Im heurigen Juli spürte der israelische Zoll in einer als 54 Tonnen Gips deklarierten Ladung insgesamt 16 Tonnen Ammoniumchlorid auf, das zur Herstellung von Raketentreibstoff benötigt wird, und Anfang August wurden bei einer Stichprobe militärisch nutzbare Drohnen entdeckt.
Nach Israels bislang längster Kampfhandlung gegen die Hamas im Sommer 2014 wurde international für den Wiederaufbau des Gazastreifens plädiert, was zum Gaza Reconstruction Mechanism-Abkommen zwischen der UNO, der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) und Israel führte und eigentlich den Bewohnern hätte zugutekommen sollen.
Doch die Hamas bediente sich, wie auch schon früher, ungeniert der Baustoffe, um statt Wohnungen für die Allgemeinheit Tunnel für ihre Organisation zu errichten. Im Jahr 2016 entwendete sie dermaßen viel Zement, dass Israel die Lieferungen zeitweise stoppte, wofür es international heftig kritisiert wurde. Im Gegensatz dazu wurde der palästinensische Ableger Muslimbruderschaft lediglich aufgefordert, dies zu unterlassen, was die Terrororganisation nicht daran hinderte, ihre eigenen Bauvorhaben weiter voranzutreiben. Dazu gehörte damals auch der Ausbau des gehobenen Wohnviertels al-Rimal mit den dort gelegenen Hamas-Hauptquartieren und der Privatvillen für die Führungsschicht.
Intensiv weitergearbeitet wurde vor allem an der vielfältigen Verzweigung der sogenannten Metro. Dieses gut ausgebaute und noch besser ausgestattete unterirdische Netzwerk von mehreren hundert Kilometern Länge dient den Hamas-Kämpfern als Unterschlupf; die Ausstiegslöcher werden für Überraschungsangriffe und zum Abschuss von Raketen genutzt, die ebenso wie andere Kriegsmittel im Tunnelsystem gelagert werden. Gegenwärtig werden hier vermutlich die in den Gazastreifen verschleppten Geiseln festgehalten.
Katar und das liebe Geld
Dass ausgerechnet Katar bei der Freilassung der Geiseln vermittelt, missfällt vielen in Israel, denn die internationale Führungsschicht der Hamas lebt in diesem Golfstaat in Saus und Braus. Bemerkenswert ist der Umstand, dass ausgerechnet im Laufe des letzten Jahres einige prominente lokale Hamas-Anführer unter fadenscheinigen Erklärungen in das Emirat übersiedelt sind. Zu ihnen gehören Yahya Sinwars Amtsvorgänger Ismail Haniyeh und sein Stellvertreter Khalil al-Hayya, die gemeinsam mit ihren Familien schon vor Monaten den Gazastreifen Richtung Katar verlassen haben. Dort genießen sie die Gesellschaft von Katar-Langzeitgästen wie Khaled Mashal und Mousa Abu Marzouk, zwei Führungskräfte des internationalen Hamas-Politbüros, die schon vor einem Jahrzehnt als mehrfache Milliardäre eingeschätzt wurden.
Doch gerade Katar kommt noch eine ganz andere Rolle zu, wenn es um das von der Hamas angehäufte Vermögen geht. Dazu zählen die Hilfslieferungen und schließlich auch die in Abstimmung mit den USA und Israel aus Doha streckenweise monatlich in den Gazastreifen gelieferten Koffer mit jeweils rund 15 Millionen Dollar, die der Golfstaat offiziell zur Bezahlung der Gehälter von Angestellten im öffentlichen Sektor wie für das Gesundheitswesen bereitstellte. Für den Zeitraum zwischen 2012 und 2018 wird die Summe, die Katar in den Gazastreifen und somit auch in die Taschen der Hamas fließen ließ, auf rund 1,1 Milliarden Dollar geschätzt.
Legale Einnahmen und getarnte Geldquellen
Dass die Hamas im Sommer 2007 mit Waffengewalt die Herrschaft im Gazastreifen an sich riss, ist eine Seite der Medaille. Die andere ist, dass die Terrororganisation damit auch die zivilen Verwaltungsstrukturen übernommen hat. Somit treibt die Hamas Steuern und andere Abgaben ein. Allein die Zolleinnahmen, die der ägyptische Grenzposten Rafah einbringt, sollen sich auf über ein Dutzend Millionen Dollar monatlich belaufen.
Hinzu kommt, dass die PA trotz aller Konflikte mit der Hamas für die über Israel abgewickelten Lieferungen in den Gazastreifen aufkommt, wobei Israel die Kosten von den – laut Osloer Einkommen von Jerusalem eingehobenen – Steuereinnahmen der PA abzieht. Laut einem letzten Mai veröffentlichten UN-Bericht stehen rund dreißig Prozent aller Ausgaben der PA mit dem Gazastreifen in Verbindung, ohne dass nennenswerte Einnahmen zurückfließen.
Ägypten hat sich bemüht, das Netzwerk der Schmuggeltunnel, das von seinem Territorium aus in den Gazastreifen führt, zu zerstören, und doch gibt es seit einigen Jahren erneut dafür Belege, dass weiterhin Kämpfer, Kriegsmittel und Luxusgüter auf diese Weise in den Gazastreifen gelangen.
Dass nichts davon den einfachen Bürgern zukommt, die sich im Durchschnitt mit Einkünften von 200 Euro pro Monat durchschlagen müssen, liegt auf der Hand. Wesentlich besser dran waren die rund 20.000 Einwohner mit einer Arbeitserlaubnis für Israel, wo sie als Ungelernte einen Mindestlohn von fast 1.400 Euro und als Facharbeiter noch sehr viel mehr erhielten, sodass sie ganze Clans ernähren konnten. Doch auch sie sind vergleichsweise arm dran, glaubt man der BBC, die das Privatvermögen des Top-Hamas-Manns Yahya Sinwar mit rund drei Millionen Dollar beziffert.
Dass bei der Hamas zudem internationale Hilfsgelder landen, auch wenn die Geberstaaten dies nur ungern eingestehen, steht ebenfalls außer Frage. Die Hamas profitiert unter anderem von personellen Verquickungen mit Hilfsorganisationen wie beispielsweise World Vision, doch auch die Unterschlagung von Mitteln des UN-Palästinenser-Flüchtlingshilfswerks UNRWA ist keineswegs nur in Kriegszeiten gang und gäbe.
Laut dem amerikanischen Finanzministerium gehört die Hamas zu den reichsten Terrororganisationen der Welt; ihre Firmenbeteiligungen werden auf 500 Millionen Dollar geschätzt. Nicht ohne Grund verhängten die USA im Mai 2022 Sanktionen gegen sechs Hamas-nahe Firmen.
Zudem fließen Spenden von Staaten wie dem Iran in den Gazastreifen, wobei auch Spendenhilfswerke beteiligt sind. Bei solchen internationalen Transaktionen spielt zum einem das traditionelle Hawala-Banking-System eine Rolle, bei dem, wie das arabische Wort Hawala für »Wechsel« nahelegt, kein Geld fließt, sondern eine »Verrechnung zwischen zwei Töpfen« erfolgt. Zum anderen spielen Kryptowährungen bei illegalen Finanzaktivitäten von terroristischen Vereinigungen eine zunehmend größer werdende Rolle.
Das alles ist genauso ein Sumpf wie der von der Hamas regierte Gazastreifen. Israel mag gegen die dortigen Terroristen erfolgreich vorgehen, doch was danach folgt, steht auf einem anderen Blatt. Zum Kampf gegen die Hamas gehört nämlich weitaus mehr, denn solange sich in Deutschland mit Verbot belegte Hamas- und Samidoun-Aktivisten in die Schweiz absetzen können und sich die Hamas-Führung in Katar sicher fühlt, ist das letzte Wort in dieser Sache bestimmt noch nicht gesprochen.