Bei seinem Besuch in Washington versuchte der irakische Premierminister, ein Gleichgewicht zwischen dem innenpolitischen Druck und den Erwartungen der USA zu finden.
Der irakische Premierminister Mohammed Shia al-Sudani erklärte, er wolle nicht, dass sein Land in eine Eskalation der Konflikte im Nahen Osten verwickelt werde, nachdem der Iran den irakischen Luftraum für seinen Drohnen- und Raketenangriff auf Israel genutzt hatte. In einer Rede am Dienstag während seines einwöchigen Besuchs in Washington warf al-Sudani Israel auch vor, palästinensische Zivilisten direkt anzugreifen. Einzelheiten darüber, wann die US-Truppen den Irak verlassen könnten, würden für Juli erwartet.
Der Irak habe »nicht die Absicht, sich an dieser Eskalation zu beteiligen, die einen großen Einfluss auf unser Land und die Sicherheit und Stabilität unseres Landes hat«, sagte der Premier und fügte hinzu, das »Grundproblem« der derzeitigen Spannungen bestehe in der »ungelösten Palästinenserfrage und in Israels Krieg in Gaza«. Ohne eine gerechte Lösung wird es immer Gruppen geben, »die glauben, dass sie einen Grund zum Kämpfen haben«, sagte er und beschuldigte Israels Premierminister Benjamin Netanjahu, den Konflikt in der Region absichtlich auszuweiten.
»Jeder ist Zeuge des Verbrechens, das an den Palästinensern verübt wird, es ist ein Völkermord im wahrsten Sinne des Wortes«, wiederholte der irakische Premier die Propaganda, die man von der Hamas oder aus dem Iran kennt.
Neue sicherheitspolitische Ausrichtung
Mohammed Shia al-Sudani, der seit 2022 das Amt des Premierministers bekleidet, ist in diplomatischer Mission unterwegs, da der Irak eine neugestaltete Beziehung zu Washington anstrebt, die sich von der sicherheitspolitischen Ausrichtung der vergangenen zwei Jahrzehnte abwendet. So wünscht die irakische Regierung, dass das amerikanische Militär das Land verlässt. Diesbezügliche Gespräche sind im Gange, wurden aber durch die Folgen des 7. Oktobers 2023 verzögert. Laut al-Sudani werde die mit dem Thema befasste Kommission voraussichtlich im Juli einen Zeitplan bekannt geben.
Im Jahr 2014 waren Tausende von amerikanischen und internationalen Soldaten in den Irak und nach Syrien verlegt worden, um den Kampf gegen den Islamischen Staat zu unterstützen. Etwa 2.500 US-Soldaten verblieben bis heute im Irak und unterstützen die irakischen Streitkräfte mit Beratungs- und Ausbildungsaufgaben.
Der Islamische Staat (IS) sei »jetzt nicht mehr dieselbe Bedrohung im Irak wie in der Vergangenheit. Daher ist es ganz natürlich, diese Koalition, die auf Einladung der irakischen Regierung gebildet wurde, einer Revision zu unterziehen«, so der Premier, der sich am Montag mit Präsident Joe Biden im Weißen Haus zu einem traf, auf dem die USA den Irak wohl auch dazu gedrängt haben, mehr gegen die vom Iran unterstützten Gruppen im Land zu unternehmen.
Seit dem 7. Oktober letzten Jahres haben vom Iran unterstützte Stellvertretermilizen mehr als 170 Angriffe gegen amerikanische Truppen und Einrichtungen im Irak und in Syrien durchgeführt, die aber nachgelassen haben, nachdem im Januar drei amerikanische Soldaten in Jordanien getötet wurden. Es sei die politische und militärische Unterstützung der US-Regierung für Israel, die anhalte »obwohl die Zahl der palästinensischen Todesopfer weiter steigt«, die bewaffnete Gruppen im Irak ermutige, Angriffe auf US-Truppen zu verüben, und seine Bemühungen erschwere, diese Gruppen in Schach zu halten, gab Al-Sudani Israel die Schuld am Terror im Irak.
Auf die Frage nach der Abhängigkeit des Iraks von iranischem Erdgas verwies al-Sudani auf ein »vielversprechendes Projekt« und sagte, sein Land werde innerhalb von drei bis fünf Jahren bei der Gasproduktion autark sein.