Die Türkei schickt erneut Tausende Migranten in Richtung griechischer Grenze. Erdogan möchte so weitere Hilfsgelder von der EU erpressen.
Alfred Hackensberger, Die Welt
Die Türkei ist dabei, eine zweite Flüchtlingskrise zu inszenieren – und das während der Corona-Epidemie, die das Land so schwer getroffen hat. Etwa 1200 Menschen starben bereits an der Viruserkrankung, knapp 60.000 sind infiziert, und die Zahl der Infektionen steigt rasant weiter.
Ende Februar hatte Ankara mit dem Versprechen offener Grenzen zu Griechenland und damit zur EU mehr als 20.000 Flüchtlinge angelockt. Einen Monat lang versuchten sie wieder und wieder, den Grenzfluss Evros zu überqueren, oft unterstützt von der türkischen Armee. Aber Griechenland hielt seine Landesgrenze dicht.
Ende März brannten dann türkische Soldaten die Zeltlager ab und transportierten die verbliebenen Flüchtlinge in Internierungslager. Dem türkischen Innenministerium zufolge handelte es sich um eine vorbeugende Maßnahme wegen des Coronavirus-Ausbruchs. Dabei drohte Innenminister Süleyman Soylu: „Wenn die Corona-Epidemie vorbei ist, werden wir keinen Migranten davon abhalten, an die türkisch-griechische Grenze zurückzukehren.“
Die Epidemie ist zwar noch lange nicht vorbei, aber dennoch scheint der Innenminister seine Drohung jetzt wahr zu machen. Busse bringen die Migranten kostenlos an das Mittelmeer, damit sie von dort auf eine der griechischen Inseln übersetzen. Die Türkei versucht nun, auf dieser neuen Route Druck auf die Europäische Union auszuüben – ein ohnehin verantwortungsloses Vorgehen, und im Angesicht der Corona-Pandemie höchst gefährlich.