Die Europäische Union und Israel verhandeln über Erdgaslieferungen, die über Flüssiggasterminals in Ägypten abgewickelt werden könnten.
Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine ist Europa, das rund 40 Prozent seines Erdgases aus Russland bezieht, auf der Suche nach alternativen Lieferanten. Ein möglicher Kandidat ist dabei ein Land, das bis vor wenigen Jahren wahrlich nicht für seinen Reichtum an Rohstoffen bekannt war. Doch seit dem Fund umfangreicher Offshore-Erdgasvorkommen im östlichen Mittelmeer wird Israel zunehmend zu einem relevanten Player am internationalen Energiemarkt.
Seit einigen Wochen verhandelt nun die Europäische Union mit Israel über mögliche Gaslieferungen. Da es die dafür nötigen Pipelines nicht gibt – dem Projekt EastMed-Pipeline wurde durch eine Absage seitens der USA wahrscheinlich der Todesstoß versetzt –, kann Israel den kostbaren Rohstoff nicht direkt nach Europa schicken. Deshalb sieht der Plan jetzt vor, das Gas nach Ägypten zu liefern, wo es nahe Alexandria in Flüssiggas (Liquid Natural Gas/LNG) umgewandelt und anschließend per Schiff auf die Reise nach Europa geschickt werden soll. Sollte ein entsprechender Vertrag wirklich zustande kommen, könnten erste Lieferungen bereits im kommenden Winter erfolgen.
Chancen für Israel
Das mit Europa winkende Gasgeschäft könnte eine Kehrtwende in der israelischen Energiepolitik zur Folge haben. Im Sinne des Umstiegs auf umweltverträglichere Energieträger hat Israel im Vorjahr eigentlich beschlossen, die Suche nach neuen Gasvorkommen zu beenden. Diese Entscheidung wird möglicherweise jetzt wieder rückgängig gemacht.
Dabei geht es aus israelischer Sicht um mehr als bloß den unmittelbaren wirtschaftlichen Gewinn, der aus dem Deal gezogen werden könnte. Denn einerseits würde die Bedeutung des Landes für Europa in sowohl wirtschaftlicher wie geopolitischer Sicht wachsen, andererseits würde die in Aussicht stehende Übereinkunft auch die israelisch-ägyptischen Beziehungen stärken.
Allerdings müsse Israel, wie der Manager des Verbandes unabhängiger israelischer Energieproduzenten betont, bei aller Euphorie aber auch den eigenen Energiebedarf im Auge behalten. Vorrangig müsse sein, die eigene Versorgung mit Erdgas für die kommenden Jahrzehnte sicherzustellen, nicht zuletzt, weil Israel in der Region nach wie vor von einer Vielzahl von Feinden umgeben ist – die kürzlich erstmals gewonnene Unabhängigkeit auf dem Erdgassektor dürfe nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden, nur weil Verträge mit der EU winken.