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Was bringt die angekündigte BRICS-Erweiterung?

BRICS-Gipfel in Johanesburg. (© imago images/Xinhua)
BRICS-Gipfel in Johanesburg. (© imago images/Xinhua)

Sechs weitere Staaten, darunter vier aus dem Nahen Osten, wollen dem BRICS-Bündnis beitreten. Massive Differenzen bleiben bestehen.

Der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa gab am Donnerstag bekannt, dass das Bündnis der BRICS-Staaten die Aufnahme von sechs neuen Ländern beschlossen hat: Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Argentinien, Äthiopien, Ägypten und der Iran seien eingeladen, ab Januar 2024 Teil des Blocks zu werden.

Der indische Premierminister Narendra Modi sagte: »Die Aufnahme neuer BRICS-Mitglieder wird die Stärke der Organisation erhöhen und unseren gemeinsamen Bemühungen neuen Schwung verleihen.«

Bei der Vereinigung der BRICS-Staaten handelt es sich um eine Gruppe wichtiger sogenannter Schwellenländer. Ihr Name leitet sich von den Anfangsbuchstaben der Namen ihrer Mitglieder ab: Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Mit dem in Aussicht gestellten Beitritt der sechs neuen Länder wird die Gruppe in Zukunft elf Staaten umfassen.

Die BRICS-Staaten repräsentieren heute rund 42 Prozent der Weltbevölkerung und sind aktuell für rund 23 Prozent des global erwirtschafteten BIP und mehr als 16 Prozent des Welthandels verantwortlich. Sie sehen sich selbst als Alternative zur westlichen Wirtschaftsdominanz.

Die Interessen der Neuen

Die potenziellen neuen BRICS-Mitglieder verfolgen mit ihrem Beitritt zur Vereinigung durchaus unterschiedliche Interessen. Mit Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten würde das Bündnis neben Russland zwei weitere wichtige Erdölproduzenten umfassen, die sich von ihrem Beitritt auch bessere Beziehungen zu den zwei der wichtigsten Ölimporteure der Welt erhoffen, Indien und China. Saudi-Arabiens Beitrittsambitionen dürften nicht zuletzt auch durch die Verschlechterung der Beziehungen des Königreichs zu den USA genährt werden, die Riad dazu motiviert, sich an die BRICS-Mitglieder Russland und China anzunähern.

Ägypten will mit dem Beitritt den Druck der Devisenmärkt auf das Land verringern, dessen Währung in letzter Zeit an Wert verloren hat. Die erklärte Absicht der BRICS-Staaten, eine eigene Währung auszugeben und sich vom Dollar, der die Märkte dominiert, abzusondern, dürfte für Kairos Machthaber verlockend sein.

Der Iran wiederum versucht, seine relative internationale Isolation zu durchbrechen, die von den USA und Europa wegen des iranischen Atomprogramms und der Lieferung von Drohnen an Moskau verhängt wurde. Präsident Ebrahim Raisi sagte in seiner Rede auf dem Gipfel: »Wir unterstützen die Bemühungen der BRICS-Staaten, den Dollar im Handels- und Wirtschaftsverkehr zwischen ihren Mitgliedern loszuwerden und lokale Währungen zu nutzen.« Er sehe darin einen »Weg zum Aufbau einer multipolaren Welt«.

Praktisch bedeutet der Beitritt der sechs neuen Länder eine Erweiterung der globalen Vertretung, der geografischen Reichweite und des demografischen Gewichts der Organisation. Einem Forschungspapier des Egyptian Centers for Thought and Strategic Studies zufolge macht die Erweiterung die Organisation zu einem neuen einflussreichen Bündnis auf der internationalen Bühne. Die Erweiterung trage auch dazu bei, dass die Gruppe einen besseren Marktzugang in den verschiedenen Regionen erhält und Handel und Investitionen diversifiziert werden.

Für Jamal bin Saif Al-Jarwan, Generalsekretär des Emirates Council for Investors Abroad, sendet die Erweiterung der BRICS-Gruppe mehrere positive Botschaften aus, darunter jene, dass sich die globale wirtschaftliche Landkarte »dynamisch verändert«. Al-Jarwan erklärte, dass »der Beitritt der sechs Länder der Gruppe ein Bruttosozialprodukt von mehr als drei Billionen Dollar hinzufügt, was zweifellos einen enormen wirtschaftlichen Impuls gibt und den Weg für die Geburt eines neuen Bündnisses ebnet, das mit Ressourcen aus geopolitisch wichtigen Regionen des Nahen Ostens, Afrikas und Lateinamerikas ausgestattet ist«.

Interne Konflikte

Die Erweiterung der BRICS wird die Organisation jedoch auch vor große Probleme stellen, die ihre Fähigkeit zur Umsetzung ihrer Ziele zu gefährden drohen. In diesem Zusammenhang weist Fadi Eid, ein Forscher für internationale Angelegenheiten, darauf hin, dass die BRICS-Gruppe politisch äußerst diverse Länder umfasst, von denen einige demokratisch, andere monarchisch, der Iran eine »Theokratie« und wiederum andere Diktaturen sind.

Eid erwähnt »die politischen Divergenzen, existenziellen Problemen und Grenzkonflikte«, mit denen die BRICS-Gruppe nach der Erweiterung im Inneren konfrontiert würde. Dazu gehören beispielsweise die »ernsten Spannungen« zwischen Ägypten und Äthiopien im Zusammenhang mit dem von Addis Abeba am Nil errichteten »Renaissancedamm« sowie der zwischen Indien und China existierende Grenzkonflikt.

Erwähnt werden sollten darüber hinaus die weiterhin bestehenden massiven Differenzen zwischen dem iranischen Regime und dem saudischen Königshaus in so gut wie allen wichtigen Fragen des Nahen Ostens.

Nach der Erweiterung verfolge die Gruppe der BRICS-Staaten also »ein starkes wirtschaftliches Projekt, aber sie ist nicht homogen«, was die politischen Projekte der Vereinigung und deren Zusammenhalt infrage stellen werde.

Obwohl die Erweiterung der BRICS ein wichtiger wirtschaftlicher Schritt für die Gruppe ist, verschärft sie die internen Probleme und bedroht angesichts der Differenzen zwischen den Mitgliedsstaaten ihren Zusammenhalt. Die Staaten mögen sich darauf einigen können, den Westen herausfordern zu wollen, aber ob diese Gemeinsamkeit ausreicht, um handfeste Interessensgegensätze zu überwinden, ist mehr als fraglich.

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