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Antisemitismus an der Central European University

An der Central European University fällt Antisemitismus unter Meinungsfreiheit. (© imago images/Beautiful Sports)
An der Central European University fällt Antisemitismus unter Meinungsfreiheit. (© imago images/Beautiful Sports)

Jüdische Studenten weisen auf zahlreiche antisemitische Vorfälle an der CEU hin. Für die Uni-Leitung gehört Judenhass zur »Meinungsfreiheit«.

Dieser Tag ist wieder öfter zu hören, Bildung schütze vor Antisemitismus oder mache diesen zumindest weniger wahrscheinlich. Betrachtet man allerdings die Geschichte des modernen Antisemitismus gerade in Deutschland, so war dieser mit Wilhelm Marr, Heinrich von Treitschke oder dem Berliner Antisemitismusstreit anfänglich geradezu eine Art Elitenprojekt. Dass zu seinen Hochburgen anfänglich ausgerechnet die Universitäten (und Studentenverbindungen wie die Burschenschaften) gehörten, zeigt, dass dieses Argument leider nicht verfängt. Selbstverständlich ist Bildung im Kampf gegen Judenhass wichtig, aber man muss sich über deren Grenzen im Klaren sein, wie kürzlich Stephan Grigat, Leiter des  Centrums für Antisemitismus- und Rassismusstudien an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen, in einem lesenswerten Interview betonte.

Und auch heute feiert der Antisemitismus nicht nur bei antiisraelischen Demonstrationen auf der Straße fröhliche Urständ’, sondern auch und gerade an den Universitäten und Hochschulen – und das nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern auch in Deutschland und ebenso in Österreich.

So kommt es an der Central European University (CEU) in Wien seit dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober zu einer nahezu ungebremsten Explosion der Israelfeindschaft und des Judenhasses. Angesichts dessen sprechen die Jüdischen österreichischen HochschülerInnen (JöH) und die Europäische Union jüdischer Studierender (EUJS) in einer Presseaussendung von einem »vollkommen enthemmten Antisemitismus«, den »jüdische Studierende … seitens ihrer Mitstudierenden und der CEU-Studierendenvertretung« erleben müssen. So stellten Studenten etwa auf einer von der CEU-Studierendenvertretung finanzierten Feier einen jüdischen Studierenden mit Davidstern-Kette bloß und riefen »Zionists get the fuck out«.

Von offizieller Seite werde nichts gegen diese antisemitischen Umtriebe unternommen, wie es in der Presseaussendung heißt, im Gegenteil:

  • Unter dem Titel »CEU Teach-in Palestine« fand eine Veranstaltungsreihe der Israelboykottbewegung BDS an der Institution statt, die zuvor von der Universität Wien wegen Antisemitismus untersagt worden war.
  • Nicht nur wurden CEU-Veranstaltungen gestört und faktisch verunmöglicht, auf denen das Hamas-Massaker vom 7. Oktober thematisiert werden sollte: Dem Vortragenden wurde vorgeworfen, »genozidale terroristische Propaganda« zugunsten des »staatsterroristischen und siedlerkolonialen« Israels zu betreiben, der ein palästinensisches »Widerstandsrecht« mit allen notwendigen Mitteln, also auch mit Gewalt, entgegengehalten wurde.
  • Nicht nur wurde in CEU-WhatsApp-Gruppen das Hamas-Massaker am Nova-Musikfestival gerechtfertigt, vielmehr unterstützen die Moderatoren diese Positionen und schlossen jüdische Gegenstimmen aus der Gruppe aus.
  • Das für Antidiskriminierung zuständige Disziplinarkomitee der Universität lehnte einen Beschwerdebrief jüdischer Studenten lapidar mit dem Hinweis auf »Meinungsfreiheit« ab.

Während für das CEU-Disziplinarkomitee antisemitische Hetze also unter Meinungsfreiheit zu fallen scheint, verweigert auch die CEU-Rektorin Shalini Randeria seit zwei Monaten jeden Gesprächstermin mit den JöH, also immerhin mit der gewählten Vertretung jüdischer Studenten. Zugleich hatte Randeria, die selbst vor Ort war, nichts zu sagen, als bei oben genanntem Vortrag über die Hamas der antisemitische Mob einen israelischen Professor unter lautem Gejohle dazu brachte, den Saal zu verlassen.

Wenn es also seit dem Hamas-Massaker zu einem sprunghaften Anstieg der antisemitischen Vorfälle und Übergriffe gekommen ist – in Österreich ist eine Steigerung um dreihundert Prozent zu verzeichnen –, dann ist das nicht nur auf (potenzielle) Schläger auf den Straßen zurückzuführen, sondern auch auf die sich selbst wohl als intellektuelle Elite des Landes betrachtende Akademie.

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