Elie Wiesel und der Krieg in Syrien

Elie Wiesel und der Krieg in Syrien
Quelle: State Department

Samantha Power, US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen unter Barack Obama, hat ein Vorwort für die Neuauflage der Holocaust-Erinnerungen Elie Wiesels verfasst. Zentrales Thema ihres Beitrags ist das Zeugnisablegen. Sohrab Ahmari findet das mit Blick auf Untätigkeit der Obama-Regierung angesichts des Blutbads in Syrien durchaus bemerkenswert:

„Es handelt sich um einen selbstverständlichen, fast banalen Punkt. Natürlich hat Wiesel Zeugnis abgelegt! Aber sein Zeugnis über das Böse des Nationalsozialismus hatte einen in die Zukunft gerichteten moralischen Zweck: Es sollte dazu beitragen, anderen Massenmördern und totalitären Herrschern Einhalt zu gebieten. Wiesel engagierte sich für die hinter dem Eisernen Vorhang festsitzenden Refuseniks. Er beschwor Bill Clinton, sich in Bosnien einzumischen. Und zuletzt verglich er das syrische Regime und dessen iranische Hintermänner mit den Nazis. ‚Wie kann es sein, dass Assad noch immer an der Macht ist?’ fragte er. Wiesel erinnerte nicht nur an historische Verbrechen, er prangerte Tatenlosigkeit in der Gegenwart an.

Samantha Power dagegen hat die Tatenlosigkeit legitimiert. Nachdem sie sich ihre journalistische Reputation mit der Untersuchung jener Massenmorde im 20. Jahrhundert erarbeitet hatte, die die Amerikaner nicht zu verhindern vermochten, endete sie dabei, der Obama-Regierung bei deren Tatenlosigkeit im Falle Syriens moralische Rückendeckung zu geben. (‚Zuschauer beim Völkermord’ war der Titel ihres Artikels im Atlantic-Magazin über die Reaktion der Clinton-Regierung auf Ruanda, mit dem sie 2001 Karriere machte.) Vor den Vereinten Nationen denunzierte Power Bashar Assad und dessen Unterstützer in Moskau und Teheran. Aber sie weigerte sich, den ehrenhaften Schritt zu setzen, der die Obama-Regierung vielleicht aus ihrer moralischen Trägheit wachrütteln hätte können: Sie trat nicht zurück. (…)

Wir müssen in den kommenden Monaten und Jahren mit weiteren derartigen Versuchen rechnen, die moralische Bilanz in Sachen Syrien schönzuschreiben, darunter auch solche, die sich auf die jüdische Erinnerung an den Holocaust berufen werden. Diejenigen, die die Jahre zwischen 2011 und 2016 miterlebt haben, sollten das den Ex-Obama-Leuten nicht durchgehen lassen. Wir sollten Zeugnis ablegen.“ (Sohrab Ahmari: „Samantha Power’s Ques for Self-Absolution“)

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