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Zusammenstoß in Tripolis ruft Erinnerung an Bürgerkrieg wach

In Tripolis kam es zu Zusammenstößen von Armeeeinheiten und Milizen
In Tripolis kam es zu Zusammenstößen von Armeeeinheiten und Milizen (© Imago Images / Xinhua)

Vor einigen Tagen kam es in der libyschen Hauptstadt zu Kämpfen, nachdem der designierte Ministerpräsident Fathi Bashagha mit Unterstützung der ihm treu ergebenen Milizen in die Stadt einmarschiert war.

In Tripolis kam es am Montagabend zu heftigen Kämpfen und Schusswechseln, als der vom Parlament gewählte Premierminister Fathi Bashagha versuchte, sich Zutritt zur Stadt zu verschaffen, um die Übergabe der Macht einzufordern. Der Klang schwerer Waffen war in den Straßen der libyschen Hauptstadt zu hören und erinnerte an die Gewalt, die das Land seit Jahren plagt, sagte der BBC-Redakteur für den Nahen Osten Sebastian Usher in einer Meldung. Gleichzeitig blieben Schulen geschlossen und der morgendliche Verkehr war ungewöhnlich eingeschränkt.

Nach Angaben des Büros des gewählten Ministerpräsidenten war Bashagha gezwungen, Tripolis alsbald nach seiner Ankunft wieder zu verlassen, nachdem das Hauptquartier der Al-Nawasi-Brigade, die ihn empfangen und ihm ihre Unterstützung zugesagt hatte, einem bewaffneten Angriff von Milizen ausgesetzt war, die der von Abdel Hamid Al-Dabaiba geführten Regierung der nationalen Einheit ergeben sind.

Dazu schrieb die Regierung in einer Erklärung: »Das Militär und die Sicherheitsdienste sind gegen eine bewaffnete Gruppe vorgegangen, die versucht hat, in Tripolis einzudringen, um mit Waffengewalt Terror und Chaos zu stiften.« Sie fügte hinzu, ihre Streitkräfte hätten »dieses Chaos verhindert und die Stabilität in der Hauptstadt wiederhergestellt«.

Nach dem Ende der Kämpfe zeigte sich Al-Dabaiba auf einem Rundgang durch das Gebiet, in dem die Auseinandersetzung stattgefunden hatte, sowie in weiteren Vierteln der Hauptstadt, um seine fortgesetzte Kontrolle über die Stadt zu demonstrieren.

Wie geht es weiter?

Das libysche Repräsentantenhaus hatte Bashagha im Februar letzten Jahres mit der Leitung der Regierung beauftragt. Der frühere Ministerpräsident Al-Dabaiba weigerte sich jedoch, die Macht abzugeben und blieb mit der Unterstützung mehrerer Milizen, die Tripolis kontrollieren, im Amt und verweigerte der neuen Regierung den Zutritt zur Stadt, um die Macht zu übernehmen. Stattdessen will er bis zu den allgemeinen Wahlen, von denen noch nicht klar ist, wann sie stattfinden werden, an der Spitze des Landes bleiben.

Die Bashagha-Regierung hingegen zog es vor, ihre Funktionen von der Küstenstadt Sirte aus wahrzunehmen.

In einem Interview mit der BBC erläuterte Claudia Gazzini, Expertin für libysche Angelegenheiten bei der International Crisis Group, die Umstände der Geschehnisse in Tripolis und sagte:

»Bashagas Versuch, in die Hauptstadt einzudringen, war eine Fehlkalkulation, da er glaubte, dass er unter den bewaffneten Gruppen in Tripolis mehr Unterstützung hätte, als er wirklich hat. Bashaga genießt die Unterstützung der Al-Nawasi-Brigade, einer der großen bewaffneten Gruppen in Tripolis. Wahrscheinlich wurde ihm versichert, dass alles in Ordnung sei, aber das war nicht der Fall.«

Gazzini fügte hinzu, dass »ausländische Geheimdienste«, die Bashagha taktisch unterstützen, ihn zu diesem Schritt ermutigt haben könnten. Dieser erwies sich jedoch als große Fehlkalkulation, die sich eindeutig negativ auf ihn auswirkte, während Dabaiba aus den jüngsten Ereignissen »gestärkt« hervorgegangen sei. Darüber hinaus hätten auch die wenigen bewaffneten Gruppen, die mit Bashagha verbündet sind, nach den Zusammenstößen die Kontrolle über jene Teile der Hauptstadt verloren, die sie zuvor dominiert hatten.

Sebastian Usher zufolge haben die jüngsten Entwicklungen in Tripolis die Befürchtung geweckt, dass Libyen angesichts der geringen Fortschritte bei den diplomatischen Bemühungen erneut in einen offenen Konflikt zwischen dem Ostteil unter Khalifa Haftar und dem Westteil unter der international anerkannten Regierung gestürzt wird.

Ein von den Vereinten Nationen unterstützter Friedensplan hatte im vergangenen Dezember Parlaments- und Präsidentschaftswahlen vorgesehen, die jedoch zweimal verschoben wurden. Die Hohe Nationale Wahlkommission in Libyen erklärte, einer der Gründe für das Scheitern der Wahlen seien die Unstimmigkeiten über die Wählbarkeit einiger führender Kandidaten, darunter Al-Dabaiba selbst.

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