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Warum hat Assad chemische Waffen eingesetzt? Weil er es kann

Von Avi Issacharoff

Da Russland hinter ihm steht und sich die USA zurückziehen, weiß der syrische Führer genau, dass niemand gegen seine Handlungen Stellung beziehen wird, ganz gleich egal wie abwegig – und tödlich – sie auch sein mögen.

Warum hat Assad chemische Waffen eingesetzt? Weil er es kannEine Ankündigung der Organisation Dschaisch al-Islam, die die Kampagne der Rebellen im Gebiet von Ost-Ghouta und in der Stadt Duma führt, erklärt, warum die Armee des syrischen Präsidenten Baschar Assad wohl erneut chemische Waffen gegen die Bürger des Landes eingesetzt hat. Nach Berichten in arabischen Medien erklärte Dschaisch al-Islam, man sei bereit, mit dem syrischen Regime über einen weiteren Waffenstillstand zu verhandeln. Die Situation war für die Rebellen in Duma – in der Nähe der Hauptstadt Damaskus – bereits vor dem mutmaßlichen Chemiewaffenangriff am Samstag sehr schwierig. Man kann sich aber denken, dass die furchtbaren Bilder von Opfern und die hohe Zahl an Verletzten infolge des mysteriösen Gases eine Botschaft vermitteln: Den Rebellen ist nun klar, dass sie keine weiteren Kämpfe mit der syrischen Armee überstehen können.

Andererseits wirft der vermutete Chemiewaffenangriff die Frage auf: Warum war es für Assad und seine Armee so dringlich, chemische Waffen an einer Front einzusetzen, wo der Sieg unmittelbar bevorsteht und so gut wie sicher ist? Dafür gibt es eine Reihe von Antworten.

Erstens, weil Assad es kann. Dem syrischen Präsidenten ist klar, dass ihm angesichts der jüngsten Erklärung von US-Präsident Donald Trump, dass Amerika beabsichtige, seine Truppen bald aus Syrien abzuziehen, niemand im Weg steht. Die Russen geben Assad volle militärische und diplomatische Unterstützung, die Iraner und die libanesische Terrorgruppe Hisbollah sind sowieso auf seiner Seite, und es gibt kein staatliches Organ, das im Wettbewerb um die Zukunft Syriens als Gegengewicht zu Moskau oder sogar Teheran agieren kann. Assad weiss, dass er freie Hand hat, Menschen abzuschlachten, zu ermorden und jede oppositionelle Enklave, ob klein oder groß, zu bombardieren und zu verwüsten. Auch wenn er dazu wieder chemische Waffen einsetzen muss.

Wahrscheinlich wird der syrische Führer einen Preis in Form einiger US-Tomahawk-Raketen, die eine der Militärbasen des Regimes treffen, bezahlen, aber es ist überdeutlich, dass die Amerikaner nicht darüber hinausgehen werden. Der UN-Sicherheitsrat wird nichts unternehmen, solange die Russen Assad unterstützen, und die „internationale Gemeinschaft“ ist eine Phrase, die im Nahen Osten bedeutungslos geworden ist (es sei denn in Verbindung mit Israel).

So viel wurde in den westlichen Medien über die Ereignisse im Gazastreifen und die neun Palästinenser, die von den israelischen Streitkräften am Freitag erschossen wurden, berichtet und gesagt. In London demonstrierten am Samstag sogar ein paar Tausend Menschen gegen die Ereignisse in Gaza. Werden die gleichen Leute auch auf die Straßen gehen und die gleichen Medienkanäle auch über den Chemiewaffenangriff berichten, bei dem angeblich zwischen 41 und 150 Menschen ums Leben kamen?

Assad verstößt gegen das Abkommen zur Entfernung unkonventioneller Waffen aus Syrien, das zwischen dem früheren US-Präsidenten Barack Obama, Russland und Damaskus nach einem großangelegten chemischen Angriff 2013 geschlossen worden war. Aber wen interessiert das? Vergangene Woche berichtete die Zeitung Haaretz, dass die syrische Armee Truppen in Gebiete entsandt hat, wo sie nicht tätig sein dürfen, wie etwa auf den Golanhöhen. Warum? Noch einmal, weil Assad es kann und ihn niemand aufhält. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass der aktuelle Einsatz chemischer Waffen zu einer Abkürzung der Kämpfe führt – nicht nur im Gebiet um Duma oder Ost-Ghouta. Er wird sich auch erheblich auf Entscheidungen der Rebellen in der Gegend um Idlib und auf den Golanhöhen auswirken.

Es ist bereits klar, dass sich die nächsten Schritte der syrischen Armee im Versuch, ganz Syrien von Rebellen zu säubern, gegen diese beiden Regionen richten werden. Die Bilder jener Frauen und Kinder, aus deren Mund Schaum tritt, signalisieren Rebellen überall: Das wird Euer Schicksal sein, wenn ihr gegen das Regime kämpft.

Avi Issacharoff ist Nahost-Analyst bei The Times of Israel. Auf Englisch zuerst erschienen bei The Times of Israel.

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