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Deutscher Rocker: Wurde Synagogen-Attentäter vom Mossad im Iran getötet?

Yektaparast soll unter anderem hinter dem missglückten Anschlag auf die Neue Synagoge Bochum stecken
Yektaparast soll unter anderem hinter dem missglückten Anschlag auf die Neue Synagoge Bochum stecken (© Imago Images / Funke Foto Services)

Der von Deutschland wegen Mordes und Anstiftung zu einem Brandanschlag auf eine Synagoge gesuchte Rocker Ramin Yektaparast soll im Iran erschossen worden sein.

Der von Deutschland wegen Mordes und Anstiftung zu einem Brandanschlag auf eine Synagoge gesuchte kriminelle Rocker Ramin Yektaparast ist tot. Er soll im Iran, wohin er sich im September 2021 abgesetzt hatte, um dem Haftbefehl in Deutschland und einer etwaigen Fahndung von Interpol zu entgehen, durch Schüsse getötet worden sein.

Die Meldung seines Todes wurde unter anderem vom Deutschlandfunk und der Jerusalem Post verbreitet. Die Hintergründe sind allerdings bislang unklar. In den sozialen Medien verbreitete sich rasch die Darstellung, der israelische Auslandsgeheimdienst Mossad habe Yektaparast getötet. Das ist aber – bislang zumindest – ein Gerücht. Auch die Berichte des Deutschlandfunks und der Jerusalem Post beruhen auf Hörensagen. Die israelische Tageszeitung schreibt:

»Israel hat einen Agenten des Korps der Islamischen Revolutionsgarde (IRGC) in Teheran, Iran, ins Visier genommen und ausgeschaltet, der angeblich an Anschlägen auf Juden in Deutschland beteiligt war, wie die Korrespondentin von Iran International, Pouria Zeraati, am Montag berichtete. …

Abgesehen von der anfänglichen Identifizierung wurden jedoch so gut wie keine weiteren Informationen oder Details über die Ermordung oder die Bestätigung der Hintermänner veröffentlicht. Der ehemalige Radio-Farda-Journalist Kambiz Ghafouri berichtete am Dienstag, dass es sich bei der Zielperson um Ramin Yektaparast handelte und ein Kollege von Yektaparast nach den Schüssen ebenfalls verschwand.«

Der Deutschlandfunk berichtet:

»Nun soll Yektaparast im Iran erschossen worden sein. Offizielle Bestätigungen gibt es noch nicht. Der iranische oppositionelle Sender Iran International macht Israel für den Tod verantwortlich. Die iranische Nachrichtenagentur Tasnim wies diese Darstellung zurück. Sie meldete, der Man sei bei einem persönlichen Konflikt ums Leben gekommen.«

Anschläge auf Synagogen

Besser beleuchtet als die Umstände seines Todes ist Yektaparasts kriminelles Leben in Deutschland vor seiner Flucht. Im Dezember 2022 berichtete das ARD-Politikmagazin Kontraste, dass Ermittler ihn und die Islamische Revolutionsgarde hinter den Anschlägen auf Synagogen in Nordrhein-Westfalen vermuten. Sie sahen einen Zusammenhang zwischen den Schüssen auf die Alte Synagoge in Essen, dem missglückten Brandanschlag auf die Synagoge in Bochum und der Anstiftung zu einem Brandanschlag auf die Dortmunder Synagoge Mitte November. »Wir sprechen hier von Staatsterrorismus«, so ein Ermittler gegenüber der ARD.

Yektaparast gehörte zuerst der Rockergang Bandidos an, später wechselte er zu den rivalisierenden Hell’s Angels. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, im Januar 2014 ein anderes Clubmitglied erschossen zu haben. Die Leiche wurde zerstückelt und in Fässer verpackt, die dann mit Beton gefüllt und im Rhein und in einem Kanal versenkt wurden. Im darauffolgenden Monat wurde ein Arm gefunden, gefolgt vom Torso. Später fanden Polizeitaucher einen Schädel. Die Ermittler glauben, dass Yektaparast durch die Tötung das »Filthy Few«-Abzeichen der Hells Angels erhalten habe, das er trug und das besagt, dass er für den Club getötet hat.

Im Dezember 2023 verurteilte das Oberlandesgericht Düsseldorf den damals 36-jährigen deutsch-iranischen Staatsbürger Babak J. wegen Verabredens einer schweren Brandstiftung und versuchter Brandstiftung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten. Babak J. war nach Auffassung des Gerichts von Yektaparast dazu angestiftet worden, einen Brandanschlag auf eine Synagoge zu verüben. Aus Angst vor Entdeckung habe J. aber am Abend des 17. November 2022 vor Ort entschieden, den Molotow-Cocktail nicht auf die Neue Synagoge in Bochum zu werfen, sondern auf die benachbarte Hildegardis-Schule. Damit versuchte er, Ramin Yektaparast »die Tatausführung oder wenigstens entsprechende Bemühungen vorzuspielen«.

Auch wenn der staatliche Auftrag »nicht im Einzelnen aufgeklärt werden konnte«, war das Gericht überzeugt, dass Ramin Yektaparast von staatlichen Stellen des Irans dazu beauftragt worden war. Babak J. wurde in der Urteilsbegründung als Anhänger des iranischen Regimes und dessen israelfeindlicher Haltung bezeichnet. Die versuchte Brandstiftung an der Schule sei aufgrund der Nähe zur Synagoge geeignet gewesen, »Angst und Verunsicherung der in Deutschland lebenden Juden zu erzeugen», so die Richter.

Feiern mit Bushido, Vogel & Abou-Chaker

Vor dem Haftbefehl gegen ihn war Yektaparast alles andere als medienscheu und pflegte Kontakte zu anderen Antisemiten wie etwa dem Rapper Bushido. Unter der Überschrift »600 Rocker feiern mit Rotlichtkönig« berichtete die Rheinische Post im Mai 2016 über eine Hells-Angels-Party mit 800 Gästen, die von einem Großaufgebot der Polizei abgesichert wurde:

»Zum Party-Programm gehörten verschiedene Shows zum Beispiel mit Gogo-Girls und einer Feuerspuckerin. Um 10:30 Uhr startete ein Feuerwerk. Just zu diesem Zeitpunkt traf (Bordellbetreiber) Bert Wollersheim ein, herzlichst begrüßt von den Hells Angels, darunter auch der Vater von Salafisten-Prediger Pierre Vogel, der zum Mönchengladbacher Rocker-Charter gehört.

Ihr Boss, Ramin Yektaparast (28), ein Freund von Rapper Bushido und Arafat Abou-Chaker, Mitglied im berüchtigtsten Familien-Clan der Berliner Unterwelt, freute sich über die vielen Gäste. Er bemängelte nur, dass die Polizei einigen den Zugang verwehrt hatte. Überhaupt sei der Polizeiaufwand viel zu groß.«

Der Fall Yektaparast zeigt, dass das Regime in Teheran weiß, sich auch die Dienste von in Deutschland lebenden Kriminellen ohne offenkundige ideologische Ausrichtung zunutze zu machen, um seine Interessen zu verfolgen.

Welche das sind, ist im Verfassungsschutzbericht 2022 nachzulesen: Die »Bekämpfung oppositioneller Gruppierungen und Einzelpersonen im In- und Ausland« stelle den Schwerpunkt iranischer nachrichtendienstlicher Aktivitäten dar, heißt es darin. »Diese gelten aus Sicht der Machthaber Irans als Gefährdung für den Fortbestand des Regimes.« Neben den USA habe der Iran auch »den Staat Israel, dessen Repräsentanten sowie exponierte Unterstützer zu seinen Feinden erklärt. Hierzu können auch führende Vertreter jüdischer Organisationen in der Diaspora gehören. Deshalb gehören auch Ausspähungsaktivitäten gegen (pro-)israelische sowie (pro-)jüdische Ziele in Deutschland unverändert zum Tätigkeitsfeld der Spionage Irans.«

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