Am 7. Oktober verfügte die Elite-Einheit über 5.000 Eiferer, von denen seither etwa 1.500 getötet wurden. Die jungen Mitglieder werden nach ihrer Loyalität gegenüber dem Führer und ihrem ideologischen Engagement ausgewählt.
Die Nukhba-Einheit (deutsch: Elite) wurde von Yahya Sinwar, dem Chef der Hamas in Gaza, gegründet, der den Anschlag vom 7. Oktober 2023 über ein Jahrzehnt lang geplant hatte und ihn als göttlichen Befehl und Lebensaufgabe ansah. Ins Leben gerufen wurde die Elite-Truppe im Jahr 2013, etwa ein Jahr, nachdem Sinwar im Zuge des Austauschs von rund tausend palästinensischen Terroristen gegen den von der Hamas als Geisel gehaltenen Soldaten Gilad Schalit aus israelischer Haft entlassen worden war, wo der Hamas-Funktionär wegen mehrfachen Mordes an angeblichen palästinischen Kollaborateuren eingesessen hatte.
Eine der Missionen der Nukhba war es, den von der Hamas als »Al-Aqsa-Flut« bezeichneten Terrorüberfall vom 7. Oktober herbeizuführen, wobei die Mitglieder der Einheit als Speerspitze dienen sollten, indem sie spezielle Missionen ausführen, darunter Infiltration, Entführung und Massaker an Israelis.
Die Nukhba-Mitglieder sind mit hochwertigen Waffen ausgerüstet, durchlaufen eine strenge Ausbildung, im Zuge derer sie etwa längeren Aufenthalten in Tunneln ohne Nahrung und Wasser ausgesetzt werden. Darüber hinaus trainieren sie Fertigkeiten wie Gleitschirmfliegen (in Malaysia) oder Sabotage und Nachrichtendienst (im Iran). Die Nukhba-Mitglieder werden sorgfältig ausgewählt und erhalten eine höhere Bezahlung (vier- bis fünfhundert Dollar pro Monat) als die anderen Mitglieder der paramilitärischen Hamas-Einheiten.
Bei den ausgewählten Mitgliedern handelt es sich um Miliz-Angehörige im Alter zwischen achtzehn und zwanzig Jahren, die sich durch hohe Fähigkeiten, religiösen Eifer und ideologisches Engagement für die Sache auszeichnen. Sobald sie in die Einheit integriert sind, werden sie einer strengen internen Prüfung unterzogen. Viele von ihnen lernen ihre Kommandeure erst kennen, wenn sie auf Missionen geschickt werden.
Der während des aktuellen Kriegs in Gaza gefangen genommene Angehörige der Nukhba-Ingenieureinheit aus Khan Younis, Younes Khalid Abu Madi, schilderte in seinem Verhör, welche Fähigkeiten ein Nukhba-Soldat haben muss:
»Wir haben vierundzwanzig Tage in einem Tunnel verbracht. Das Ziel der Übung war es, die Armee zu bekämpfen, vor allem aber, Hinterhalte zu legen, auf Soldaten zu warten, auf sie zu schießen und sie zu töten. Wir hatten AK-47-Sturmgewehre, Granatwerfer, Panzerfäuste, Sprengstoff und Negev-Maschinengewehre. Im Tunnel herrschten todesähnliche Bedingungen, unter denen man unmöglich leben konnte: Lebensmittelmangel, Wassermangel und Sauerstoffmangel. Bei jeder Explosion wurde Gas freigesetzt, und der Tunnel war fast völlig luftdicht. Wenn jemand starb, füllte sich der Tunnel mit einem üblen Geruch und mit Fliegen.«
Entmenschlichung des Gegners
Der Nukhba wurde erstmals während der Operation Protective Edge im Jahr 2014 eingesetzt, wo sie als die zentrale Streitkraft der Hamas Offensivtunnel benutzte, um Angriffe gegen die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) an der Grenze zum Gazastreifen durchzuführen. Darüber hinaus zeichneten sich die Nukhba-Soldaten im Kampf gegen IDF-Kräfte aus, die während der Operation zur Zerstörung der Tunnel in den Gazastreifen eindrangen.
Im Jahr 2018 wurde die Truppe auf eine Stärke von 1.500 Kämpfern geschätzt, während sie am Vorabend des Massakers vom 7. Oktober bereits 5.000 Mann stark gewesen sein soll, bei insgesamt etwa 30.000 Mitgliedern des militärischen Flügels der Hamas und etwa 100.000 Hamas-Aktivisten im Gazastreifen. Israel schätzt, dass seit dem 7. Oktober zwischen 1.000 und 1.500 Nukhba-Mitglieder getötet wurden.
Die Entmenschlichung von Israelis, insbesondere von Juden, ist bei den Nukhba-Mitgliedern tief verwurzelt. Sie betrachteten die Jagd auf Israelis oder Massenvergewaltigungen nicht als Schändung an Menschen. Sie stahlen Leichen oder Körperteile als gewinnbringende Anlagen und bezeichneten entführte Frauen als »edle Pferde«. Die Befehle, die den Mitgliedern der Einheit erteilt wurden, waren nicht einheitlich; einige hatten nur den Befehl zu töten, während andere auch den Befehl zur Entführung erhielten.
Die geringe Wertschätzung der Nukhba für israelisches Leben beruht auf vier miteinander verbundenen Säulen, wie Michael Milhtein in einer Analyse für YNet schreibt:
- »Die extremistische islamische Sichtweise, die den Feind als ein zu vernichtendes Objekt und nicht als Mitmenschen ansieht,
- der tiefgreifende Einfluss globaler dschihadistischer Ideen auf Hamas-Kämpfer (Materialien von Abdallah Azam, dem palästinensischen religiösen Mentor Bin Ladens, wurden bei Leichen von Terroristen des Massakers vom 7. Oktober gefunden),
- die antikoloniale Denkweise, die den Unterdrückten das Recht zugesteht, auf uneingeschränkte Gewalt zurückzugreifen,
- und der Einfluss sozialer Netzwerke, insbesondere TikTok, das im Leben der palästinensischen Generation Z, die das Massaker anführte, einen zentralen Platz einnimmt.«
Das auffälligste Element der Verhöre gefangenen genommener Nukhba-Mitglieder ist die Gelassenheit, mit der sie von ihrer Beteiligung am Massaker vom 7. Oktober erzählen. Die Beschreibungen der Anweisungen, die sie erhalten, und der Gräueltaten, die sie begangen haben, sind nicht von Aufregung geprägt, sondern eher von Gleichgültigkeit. Gelegentlich versucht zwar einer, sich von seiner Schuld freizusprechen, indem er behauptet, er sei besessen gewesen; aber die meisten sagen aus, mit Bedacht und nicht aus Raserei gehandelt zu haben. Die Truppe kennt keine moralischen Skrupel, weder äußeren Feinden noch der eigenen Bevölkerung gegenüber.
Der im israelischen Kibbuz Kfar Aza gefangen genommene Nukhba-Kämpfer aus Tufah, Amar Abu-Awsha, liefert in seinem Verhör beim Shin Bet ein Beispiel für die Tiefe der Entmenschlichung:
»Unser Auftrag war nur das Töten. Wir sollten nicht gefangen nehmen, nur töten. Wir sollten jeden töten, den wir sehen, und dann zurückkehren. Töten, ohne zwischen Männern, Frauen und Kindern zu unterscheiden. Sie sagten uns, dass alle Siedler Soldaten seien. Tötet jeden, den ihr seht.«
Einziger Auftrag: Entführen und Töten
Der in Sderot gefangen genommene Mohammad Khaleeli aus Gaza-Stadt liefert in seinem Verhör eine religiöse Rechtfertigung für das Massaker.
»Das Ziel war, die besetzten Gebiete und Jerusalem von der Unreinheit der Siedler zu befreien. Dies konnte durch den Dschihad mit Waffen und Tötung oder durch die Einladung zum Islam (Dawah) erreicht werden. Aber jetzt können wir die Juden nicht mehr dazu aufrufen, dem Islam beizutreten, also bleibt nur noch der Dschihad.«
Die tiefe ideologische Indoktrination, die hinter den Kriegsverbrechen steht, wurde durch extremistische religiöse Lehren erreicht, die den Nukhba-Mitgliedern vermittelt wurden. Während des Kriegs in Gaza wurden viele Bücher mit solchen Richtlinien beschlagnahmt, die das Weltbild der Hamas veranschaulichen: Diese Ideologie betrachtet Geiseln, insbesondere Frauen, als Beute, erlaubt die Folterung und Tötung von Gefangenen, die gänzlich ihrer Menschlichkeit beraubt werden, und betrachtet alle Israelis als Feinde.
Das Buch Fatwas (deutsch: Rechtsgutachten), herausgegeben vom Schura-Rat der Hamas in Gaza unter der Leitung vom stellvertretenden Vorsitzenden des palästinensischen Parlaments, Ahmed Bahar, der während des Kriegs getötet wurde, erklärt, warum alle Israelis legitime Ziele seien. Dort heißt es:
»Die Zionisten sind eine bewaffnete Gesellschaft, die auf Landraub, der Entweihung heiliger Stätten und der Liebe zum Blutvergießen beruht. Die Jugendlichen werden zum obligatorischen Militärdienst eingezogen, sodass alle Juden Kämpfer sind, mit Ausnahme von Kleinkindern und Geisteskranken, die wertlos sind. Es gibt keine Unterscheidung zwischen Männern, Frauen, Älteren und Jugendlichen, und sie alle werden als Zielscheiben für die Tötung oder als Kriegsgefangene betrachtet, wenn sie lebendig gefangen genommen werden.«