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Israel-Boykott: Nancy Fraser und ein akademischer Sturm im Wasserglas

Ruft zum akademischen und kulturellen Boykott Israels auf: die amerikanische Philosophin und Professorin Nancy Fraser
Ruft zum akademischen und kulturellen Boykott Israels auf: die amerikanische Philosophin und Professorin Nancy Fraser (Imago Images / Belga)

Mit Professuren und anderen akademischen Weihen ausgestattete Israelhasser halten es für selbstverständlich, über ihre gut bezahlten Jobs hinaus noch mit Ehrungen und Auszeichnungen überschüttet zu werden.

Die deutschsprachige akademische Welt hat ihren nächsten »Skandal«, auch wenn es sich dieses Mal höchstens um ein »Skandälchen« handelt. Schauplatz des Geschehens ist die Universität Köln, die jedes Jahr die Albertus-Magnus-Professur vergibt, mit der »eine Persönlichkeit von internationaler Bedeutung« geehrt wird, die in einigen öffentlichen Veranstaltungen »Fragen von allgemeiner Bedeutung« behandeln soll.

Heuer hätte die Professur an die amerikanische Philosophin Nancy Fraser gehen sollen, doch vor wenigen Tagen wurden die Ehrung zurückgenommen und die für Mai geplanten Auftritte mit der nun nicht mehr Geehrten von der Universität »mit großem Bedauern« abgesagt. Der Grund: Letzten November gehörte Fraser zu den Unterzeichnern eines offenen Briefs mit dem Titel »Philosophy for Palestine«, in dem, ganz und gar nicht philosophisch, dafür aber in reinstem Aktivistenjargon, der ganze diffamierende Müll über Israel ausgeschüttet wurde, den man aus derartigen Verlautbarungen mittlerweile fast gewöhnt ist. 

»In diesem Brief«, führte die Universität Köln in ihrer Widerrufung der Professur aus, »wird das Existenzrecht Israels als ›ethno-suprematistischer Staat‹ seit seiner Gründung 1948 faktisch infrage gestellt. Der Terrorangriff der Hamas auf Israel vom 7. 10. 2023 wird in rechtfertigender Weise relativiert. Die Unterzeichner*innen rufen zum akademischen und kulturellen Boykott israelischer Institutionen auf.« All dies sei mit der Haltung der Universität zur Situation in Israel sowie mit ihren »intensiven Beziehungen zu israelischen Partnerinstitutionen nicht vereinbar«.

Der Beschluss der Auszeichnung sei bereits Ende 2022 erfolgt, jedoch habe die Universität erst im März 2024 von Frasers Unterschrift unter das israelfeindliche Schriftstück erfahren. Eine Bitte um Erläuterung ihrer Haltung habe keine neuen Erkenntnisse »zu ihrer Position gegenüber Israel« erbracht, daher sei die Ehrung Frasers widerrufen worden.

Immer dasselbe Spiel

Was darauf folgte, dürfte nicht schwierig zu erraten sein, weil alles immer nach demselben Drehbuch abläuft: Sofort warfen sich Akademikerkollegen für Fraser ins Zeug, die in deren Ausladung einen »weiteren Versuch« witterten, »die öffentliche und wissenschaftliche Diskussion zu Israel und Palästina (…) einzuschränken bzw. Wissenschaftler:innen, die vermeintlich problematische Positionen vertreten, aus der Diskussion hierzulande auszuschließen«.

Für die Unterzeichner dieses nächsten – Sie ahnen es sicherlich schon – offenen Briefs sei es »unerfindlich«, wie die Ausladung Frasers mit dem Bekenntnis »zum hohen Gut der Wissenschaftsfreiheit sowie zum internationalen Austausch« vereinbar sei. Deshalb forderten sie – nicht einfach so, sondern »nachdrücklich«! –, die Ausladung wieder zurückzunehmen.

Ins selbe Horn blies die Präsidentin der New School, des Arbeitgebers von Fraser in New York, für die der Schritt der Universität Köln einen »Angriff auf die akademische Freiheit und die freie Meinungsäußerung« darstellt, der »inakzeptabel« sei.

Es ist immer dasselbe Elend: Mit Professuren und anderen akademischen Weihen ausgestattete Israelhasser halten es für selbstverständlich, über ihre gut bezahlten Jobs hinaus noch mit Ehrungen und Auszeichnungen überschüttet zu werden – und wenn ihre offen kundgetanen Diffamierungen Israels ausnahmsweise einmal nicht auf ungeteilte Begeisterung stoßen, sondern sich jemand mit solchen Hassern nicht gemein machen will, beklagen sie sich über Ausgrenzung und fühlen sie sich in ihrer akademischen Freiheit, ihrer Redefreiheit oder gleich überhaupt ihren Menschenrechten verletzt.

Unterstützt werden sie dabei von einer Handvoll Journalisten wie Patrick Bahners (FAZ) oder Stephan Detjen (Deutschlandfunk), die bereit sind, beinahe jeden Unsinn zu verteidigen, wenn er nur stramm israelfeindlich daherkommt.

Was es gibt … und was nicht

Selbstverständlich können sie, da sie alle im meist von ihnen verhassten Westen leben, über Israel behaupten, was sie wollen. Niemand sperrt sie wegen ihrer Diffamierungen des jüdischen Staates ein, ihre Bücher erscheinen in den größten Verlagen, ihre aktuellen Einlassungen in den größten Tageszeitungen, und es gibt, wie Jürgen Kaube in der FAZ zu Recht schreibt, keinen »einzigen Beleg für intendierte Berufsverbote, die Zerstörung von Karrieren oder Zensur«.

Und das, so sei hinzugefügt, obwohl ihre Israel an den Kopf geworfenen Anklagen (Völkermord, Apartheid usw.) einen ernsten Mangel an Urteilskraft offenbaren und es einer gewissen Lächerlichkeit nicht entbehrt, wenn ausgerechnet sie sich auf die akademische Freiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung berufen: Sie sind es doch, die einen umfassenden Boykott israelischer Universitäten und israelischer Akademiker durchsetzen wollen.

Was es allerdings nicht gibt, ist, wie Kaube feststellt, ein »Recht auf folgenloses Unterschreiben jeglichen Unfugs«. Anstatt in weinerliche Selbstgerechtigkeit zu verfallen bzw. sich in die für Israel-Boykotteure lachhaften Posen von Vorkämpfern der akademischen Freiheit und der Dialogbereitschaft zu werfen, sollten Fraser und ihre Unterstützer froh sein, dass man sie trotz allem immer noch ernst nimmt – und eben wie die Universität Köln zu dem Schluss kommt, dass diese Leute nicht auch noch explizite Ehrungen verdient haben.

Dies ist ein Auszug aus unserem Newsletter vom 03. April. Wenn Sie den nächsten Newsletter erhalten möchten, melden Sie sich an!

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