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Kurier: Mit falschen Fakten zu besserem Verständnis?

Mitglieder der Al-Aqsa-Märtyrerbrigaden der Fatah. Der Kurier sollte sich fragen: Sehen so Leute aus, die dem Terror abgeschworden haben? (© imago images/Xinhua)
Mitglieder der Al-Aqsa-Märtyrerbrigaden der Fatah. Der Kurier sollte sich fragen: Sehen so Leute aus, die dem Terror abgeschworden haben? (© imago images/Xinhua)

Mit Fakten wollte der Kurier zu einem besseren Verständnis des palästinensisch-israelischen Konflikts beitragen. Leider waren gleich mehrere davon falsch.

Sehr geehrter Herr Unterhuber,

in Ihren historischen Rückblick auf die Geschichte des »Nahostkonflikts«, den Sie als notwendig bezeichnen, um den Konflikt zu verstehen, haben sich leider mehrere gravierende Fehler eingeschlichen. Lassen Sie mich drei davon herausgreifen.

Sie schreiben, zum Zeitpunkt der israelischen Staatsgründung hätten Araber im Mandatsgebiet Palästina neunzig Prozent des Bodens besessen. Diese Zahl ist weit von den historischen Tatsachen entfernt: Juden besaßen rund 8,6 Prozent des Landes, israelische Araber ca. 3,3 und im Ausland lebende bzw. aus Israel geflohene Araber rund 16,9 Prozent.

Der überwiegende Teil des Territoriums, über siebzig Prozent, war im Besitz der Mandatsmacht und ging nach der Gründung Israels auf den jüdischen Staat als dem rechtmäßigen Nachfolger der Mandatsmacht über. (Die Daten stammen aus dem Survey of Palestine, den die Mandatsmacht 1946 veröffentlicht hat und der bis heute eine der verlässlichsten Quellen zu diesem Thema ist.) Es kann also überhaupt keine Rede davon sein, dass neunzig Prozent des Landes in arabischem Besitz gewesen wären.

Anschließend schreiben Sie, die Israelis hätten »nach ihrem Sieg 700.000 Palästinenser aus ihrem Staatsgebiet vertrieben«. Auch diese Behauptung ist größtenteils falsch: Hunderttausende Araber (von Palästinensern sprach damals noch niemand im heutigen Sinn) waren aus dem späteren Israel bereits geflohen, bevor die Haganah, die Vorläuferin der israelischen Armee, im Frühjahr 1948 zum ersten Mal in die Offensive ging, nachdem sie zuvor monatelang ausschließlich mit der Verteidigung jüdischer Gemeinden gegen arabische Angriffe beschäftigt gewesen war. Der umfassende Zusammenbruch des arabischen Teils der Gesellschaft und die Massenflucht von Arabern setzte sich dann fort, nachdem die Armeen der arabischen Länder den Staat Israel noch am Tag seiner Gründung angriffen.

An einigen Orten kam es tatsächlich zu Vertreibungen von Arabern, doch geschah dies weder nach einem zuvor gefassten Plan, noch waren diese vereinzelten Vertreibungen Teil eines systematischen Vorgehens. Dass Israel »nach seinem Sieg« 700.000 Araber »vertrieben« habe, ist historisch völlig unhaltbar.

Zum Schluss schreiben Sie, die Fatah habe im Zuge des Friedensprozesses dem Terror abgeschworen. Erstens hat nicht die Fatah dieses Bekenntnis abgebeben, sondern die PLO. Zweitens – und viel wichtiger – ist allerdings, dass dies ein bloßes Lippenbekenntnis geblieben ist und die blutige Realität eine ganz andere Sprache war. Wie sonst ist zu erklären, dass die al-Aqsa-Märtyrerbrigaden, die zur Fatah gehören, im oft als »zweite Intifada« bezeichneten Terrorkrieg der Palästinenser ab dem Herbst 2000 für mehr Selbstmordattentate verantwortlich waren als die Hamas?

Mit freundlichen Grüßen
Florian Markl
Mena-Watch – der unabhängige Nahost-Thinktank

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