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Krise in Gaza: Proteste gegen die Hamas nehmen zu

Krise in Gaza: Proteste gegen die Hamas nehmen zu„Wer die seit der Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem Mitte Mai wöchentlich stattfindenden Proteste im Gazastreifen beobachtet hat, könnte meinen, die zwei Millionen Bewohner des Gazastreifens seien alle für die Kampagne gegen Israel mobilisiert worden. Die Führung der Hamas hat diesen Eindruck verstärkt, indem sie die Demonstrationen als ‚Protest des Volks‘ präsentiert hat. So ist es ihr gelungen, die Aufmerksamkeit der internationalen Öffentlichkeit auf die Situation im Gazastreifen und die elfjährige Blockade zu lenken. Von den Protesten der Gegner des Hamas-Regimes im Gazastreifen wissen dagegen weder die meisten Israelis noch die internationalen Nachrichtendienste. Das liegt in erster Linie daran, dass die palästinensischen Medien sich nicht trauen, über ‚die verbotenen Dinge‘, die fast jeder Bewohner des Gazastreifens in den letzten Wochen erlebt hat, zu berichten. Worum handelt es sich bei diesen ‚verbotenen Dingen‘? Es handelt sich um gegen das Regime gerichtete Aktivitäten, die zeitgleich mit den öffentlichen Protesten gegen Israel stattfinden. Immer mehr Bewohner des Gazastreifens trauen sich, ihre Kritik an der Hamas offen zum Ausdruck zu bringen. Sie protestieren gegen die furchtbaren von der Hamas seit ihrer Machtübernahme im Gazastreifen im Jahr 2007 geschaffenen Verhältnisse.

Al-Monitor konnte in Erfahrung bringen, dass Dutzende Palästinenser in den letzten Wochen im Flüchtlingslager von Khan Yunis und der benachbarten Abasan-Nachbarschaft demonstriert haben. Sie forderten die Hamas auf, den Menschen zu helfen oder zu ‚verschwinden‘. Einige brachten Schilder mit Sprüchen, die sich gegen das ‚diktatorische Regime‘ im Gazastreifen richteten. Vor gut zwei Wochen fanden ähnliche Proteste im Lager von Schabura in der im südlichen Gazastreifen gelegenen Stadt Rafah und im Jabalia-Flüchtlingslager im Norden der Enklave statt. Bei einigen Protesten kam es zu Auseinandersetzungen zwischen den Demonstranten und Anhängern der Hamas. Die Demonstranten erklärten, die Herrscher des Gazastreifens hätten das Territorium ins Mittelalter zurückbefördert, die Anhänger der Hamas beschuldigten die Demonstranten des Verrats. Sie würden dem zionistischen Feind helfen. (…)

Die Demonstranten beschuldigten die Funktionäre und Aktivisten der Hamas der Korruption. Sie würden ihre Unterstützer der Bevölkerung im Allgemeinen gegenüber bevorzugen. Die meisten Bewohner des Gazastreifens sind arbeitslos und angesichts der vielen allwöchentlichen Toten und Verletzten demoralisiert. Es handelt sich um kleine Demonstrationen, doch erinnern sie an die Proteste gegen die Stromsperren im Gazastreifen im Januar 2017, die von den Sicherheitskräften der Hamas brutal unterdrückt wurden. Ein Bewohner von Khan Yunis berichtete Al-Monitor am 2. Oktober, die Proteste in dem Flüchtlingslager im Süden des Gazastreifens hätten vor einem Monat begonnen. Zunächst hätten einige Dutzend Palästinenser nach dem Freitagsgebet, zeitgleich mit den wöchentlichen Ausschreitungen am Grenzzaun zu Israel, spontan demonstriert. In den folgenden Tagen sei die Zahl der Demonstranten auf mehrere hundert gestiegen. (…) Es handele sich nicht um eine kleine Gruppe Unzufriedener, sondern die Mehrheit der Bewohner des Flüchtlingslagers mache die Hamas dafür verantwortlich, dass sie am Rande des Abgrunds stünden. (…)

Eine Quelle im israelischen Sicherheitsapparat, die anonym bleiben wollte, bestätige, dass es in den letzten Wochen an verschiedenen Orten Proteste gegen die Hamas gegeben habe. Neben der Wirtschaftskrise und den geringen Aussichten auf eine Versöhnung mit der Fatah habe vor allem die hohe Zahl an palästinensischen Toten und Verletzten an der Grenze unter den Schwächsten im Gazastreifen, also jenen, die in den Flüchtlingslagern leben, die Unzufriedenheit genährt. Es sei unwahrscheinlich, dass die Proteste in einen Aufstand münden und zum Sturz der Hamas führen könnten. ‚Die Palästinenser im Gazastreifen sind müde, erschöpft und hungrig. In Ägypten hat die Armee die Bevölkerung geschützt. Die ‚Armee‘ der Hamas im Gazastreifen wird keinen Augenblick zögern, mit scharfer Munition auf Demonstranten zu schießen. Der Gazastreifen ist nicht Ägypten, und der Palästinaplatz ist nicht der Tahrirplatz.‘“ (Shlomi Eldar: „Desperate Gazans protest against Hamas“)

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