Geht es nach der Parteivorsitzenden Sundus El-Khot, werden die Integration in die Gemeinde und das israelische Bildungssystem das Leben der Araber in Jerusalem verbessern.
Baruch Yedid
In der Hoffnung, das Jerusalemer Rathaus aufzurütteln, tritt zum ersten Mal eine arabische Liste bei den Kommunalwahlen in Israels Hauptstadt an. Die im Westen Jerusalems lebende Dozentin, Lehrerin und Moderatorin Sundus El-Khot reichte Ende letzter Woche die endgültigen Unterlagen für die Kandidatur der Liste mit dem Namen Kol Ezraheha (Alle seine Bürger) ein, darunter eine Liste mit 18 Kandidaten und 750 Unterstützungsunterschriften aus der Bevölkerung.
Angesichts des palästinensischen Widerstands gegen eine Beteiligung an der israelischen Politik und der daraus resultierenden niedrigen Wahlbeteiligung war es eine große Herausforderung, Kandidaten zu rekrutieren und die nötigen Unterschriften zu sammeln. »Viele Jahre lang habe ich mit Stereotypen gebrochen, als ich jüdischen Kindern die arabische Sprache beibrachte, und später habe ich die Mythen ihrer Eltern zerstört. Jetzt werde ich einen weiteren Rekord brechen und die erste arabische Frau werden, die in den Jerusalemer Stadtrat einzieht«, sagt die 33-Jährige. Ihr Weg dorthin ist bis jetzt voller Herausforderungen gewesen: So hat sie Drohungen der Palästinensischen Autonomiebehörde und einflussreicher islamischer Geistlicher im Osten Jerusalems erhalten, die sich gegen ihre Teilnahme an den Kommunalwahlen am 31. Oktober aussprechen.
Auf der Kandidatenliste steht auch Walid Abu Tiya, ein israelischer Araber und ehemaliger Beamter des Finanzministeriums, der sich um das Amt des Bürgermeisters beworben hatte, das Rennen aber aufgab, um sich stattdessen um einen Platz im Stadtrat mit 31 Sitzen zu bewerben.
Sprache als Brücke
El-Khot ist Absolventin der Hebräischen Universität und leitete zuvor die Organisation Sanonit, die sich für integrative Bildung einsetzt. Dass sie Sprache als Brücke zwischen den Menschen ansieht, führte auch zu ihrem Engagement bei Madbarot, einer Organisation, die monatlich jüdische und arabische Frauen zusammenbringt, um gemeinsam Hebräisch und Arabisch zu lernen.
El-Khot unterrichtet nicht nur bei Madbarot , sondern bringt auch amtierenden Richterinnen und Mitgliedern von Thinktanks Arabisch bei, um den Dialog zu fördern. »Ich habe festgestellt, dass Frauenpower auch über all den Kontroversen um den israelisch-palästinensischen Konflikt steht und sich mit den Erscheinungsformen der Diskriminierung im Bildungswesen befasst, ja, sogar Hindernisse für das Erlernen der arabischen Sprache in Israel beseitigen kann«, begründet sie ihre Tätigkeiten.
»Meiner Meinung nach sind Arabischkurse für jüdisches medizinisches Personal besonders wichtig, da sie ihnen ermöglicht, ihre arabischsprachigen Patienten besser zu verstehen und mit ihnen zu kommunizieren«, sagte sie. »Mein Traum ist es, das gegenseitige Studium der arabischen und hebräischen Sprache auszubauen, um die Menschen einander näher zu bringen und auf Frieden und Harmonie zwischen den Nationen hinzuarbeiten.«
In den vergangenen Tagen hat sich Sundus El-Khot mit verschiedenen Foren arabischer Lehrer getroffen, die ihr Unterstützung zusagten und ihr Bedürfnis nach Integration in die israelische Gesellschaft bekundeten. Allerdings fürchten manche von ihnen, öffentlich mit diesen Foren in Verbindung gebracht zu werden.
»Die Befürchtung, dass Araber, die sich bereit erklären, für einen Platz in der Jerusalemer Stadtverwaltung zu kandidieren, als ›Normalisierer‹ oder ›Judaisierer‹ denunziert werden, ist eine ernste Sorge«, gibt El-Khot zu bedenken. »Aber wir müssen Mut und Überzeugung zeigen, dass die Integration in die Stadtverwaltung, das Studium der arabischen Sprache und der Staatsbürgerschaft in den arabischen Schulen Jerusalems sowie die Arbeit im israelischen Bildungssystem dazu beitragen, den Lebensstandard der Araber in der Stadt zu verbessern und auch die steigende Welle von Kriminalität und Gewalt in der arabischen Gesellschaft im Allgemeinen zu bekämpfen.«
Arabische Opposition
Araber im Osten Jerusalems wandten gegen El-Khot Initiative ein, die Kandidatur in einer jüdischen Gemeinde, insbesondere in Jerusalem, legitimiere die »Judaisierung« der Stadt. »Es scheint, dass die Initiatoren der Liste versucht haben, sie zu verschönern, indem sie die Namen von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens mit traditionellem Status und Familienoberhäuptern gemischt haben«, meinte etwa ein Fatah-Aktivist im Osten Jerusalems.
Diese Aussage steht im Einklang mit einer Fatwa, einem religiösen Erlass, der vom Obersten Palästinensischen Fatwa-Rat und seinem Vorsitzenden, Scheich Ekrima Sabri, herausgegeben wurde und die Teilnahme von Arabern an den Wahlen in Jerusalem verbietet. Der Fatwa-Rat ist Teil der Palästinensischen Autonomiebehörde.
Jerusalem hat rund eine Million Einwohner, von denen etwa 700.000, davon 420.000 Juden und 280.000 Araber, wahlberechtigt sind. Zu den arabischen Wählern gehören sowohl israelische Staatsbürger als auch rund 150.000 Nicht-Staatsbürger mit ständigem Aufenthaltsstatus. Palästinenser mit ständigem Wohnsitz sind berechtigt, an Kommunalwahlen teilzunehmen und erhalten Sozialleistungen, dürfen aber nicht an nationalen Wahlen teilnehmen oder ein Bürgermeisteramt bekleiden.
Der arabische Boykott der Kommunalwahlen geht auf das Jahr 1967 zurück, als Israel im Sechstagekrieg den Ostteil Jerusalems erobert und die Stadt danach wiedervereinigt wurde. Israel bot den Bewohnern der östlichen Stadtteile die Staatsbürgerschaft an, doch die große Mehrheit lehnte ab und behielt ihre jordanische Staatsbürgerschaft.
Arabische Parteien und Einzelpersonen haben bis jetzt nie genügend Stimmen erhalten, um einen Sitz im Stadtrat zu erreichen. In der Vergangenheit lag die arabische Beteiligung an den Kommunalwahlen bei etwa fünf Prozent.
(Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.)