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Arabischer Kandidat will Jerusalemer Bürgermeisterwahl aufmischen 

Arabischer Kandidat will mindestens 10 Kandidaten ins Jerusalemer Rathaus bringen
Arabischer Kandidat will mindestens 10 Kandidaten ins Jerusalemer Rathaus bringen (© Imago Images / Panthermedia)

Ein Fatah-Aktivist aus Ostjerusalem hofft mit einer arabischen Liste zehn Mandate erringen und einen bedeutenden Wandel in der Stadt herbeiführen zu können

Baruch Yedid

Inspiriert von Mansour Abbas, dem ersten Mitglied einer unabhängigen arabischen Partei in einer israelischen Regierungskoalition, unterstützen Fatah-Aktivisten im Osten Jerusalems die Kandidatur von Walid Abu Tiya bei den Kommunalwahlen der Stadt. Der 62-jährige Tiya, der ursprünglich aus Nazareth stammt, ist Rechtsanwalt, ehemaliger Beamter des Finanzministeriums und lebt seit 44 Jahren in Jerusalems südöstlichem Viertel Beit Safafa.

Der arabische Teil Jerusalems boykottiert die Kommunalwahlen seit jeher weitgehend, und keine arabische Partei oder Einzelperson erhielt jemals genügend Stimmen, um einen der 31 Sitze im Stadtrat zu erringen. In der Vergangenheit lag die arabische Wahlbeteiligung bei etwa fünf Prozent.

»Es wird immer deutlicher, dass der Boykott der Wahlen zur Jerusalemer Stadtverwaltung ein Fehler ist«, meinte der Fatah-Aktivist und Vorsitzender des East Jerusalem Development Fund, Samer Singilawi, denn »eine arabische Liste hat die Möglichkeit, zehn Mandate zu erringen und die Situation in Jerusalem entscheidend zu verändern. Nur so können wir Haushaltsmittel erhalten, die es uns ermöglichen, Projekte im Osten der Stadt zu verwirklichen und die Wohn- und Bildungssituation der Bewohner zu verbessern.« Um einen wirklichen Wandel herbeiführen zu können, ergänzte Singilawi, »brauchen wir die politische Stärke von zehn bis dreizehn Sitzen im Stadtrat.«

Die Kommunalwahlen sind für den 31. Oktober angesetzt. Bis jetzt hat neben Abu Tiya, dessen Ankündigung für viel Aufsehen gesorgt hat, einzig der amtierende Bürgermeister Moshe Lion seine Kandidatur offiziell bekannt gegeben. 

Demografische Kraft

In einem in der Tageszeitung Al Quds veröffentlichten Leitartikel erläuterte Tiya seine Entscheidung: »Die einzige Möglichkeit, Israel zum Rückzug aus den besetzten Gebieten, dem Westjordanland und dem Gazastreifen zu zwingen und einen palästinensischen Staat neben Israel zu errichten, besteht darin, die Bewohner Ostjerusalems aufzufordern, ihre Stimme abzugeben und an den Kommunalwahlen teilzunehmen, denn die einzige Kraft, welche die Existenz des Staates Israel bedroht, ist die demografische Kraft.«

Die palästinensischen Aktivisten streben eine Wahlbeteiligung von sechzig Prozent mit dem Ziel an, die Höhe der jüdischen Wahlbeteiligung, die bei Kommunalwahlen in der Regel bei fünfzig Prozent liegt, zu erreichen oder sogar zu übertreffen. Laut Singilawi würde eine Wahlbeteiligung von sechzig Prozent den Arabern zehn Sitze im Stadtrat bescheren.

Jerusalem hat rund eine Million Einwohner, von denen etwa 700.000 – 420.000 Juden und 280.000 Araber – wahlberechtigt sind. Zu den arabischen Wählern gehören sowohl israelische Staatsbürger als auch etwa 150.000 palästinensische Nicht-Staatsbürger, die einen dauerhaften Aufenthaltsstatus besitzen. Palästinensische Nicht-Staatsbürger mit befristetem Aufenthaltsstatus sind bei Kommunalwahlen wahlberechtigt und erhalten Sozialleistungen, dürfen aber nicht an nationalen Wahlen teilnehmen oder ein Bürgermeisteramt bekleiden.

Der arabische Boykott der Kommunalwahlen geht auf das Jahr 1967 zurück, als Jerusalem nach dem Sechstagekrieg wiedervereinigt wurde. Israel bot den Bewohnern der östlichen Stadtteile die Staatsbürgerschaft an, doch die große Mehrheit lehnte ab und behielt die jordanische Staatsbürgerschaft. Das vorherrschende Argument für den Boykott war, dass die Teilnahme an den Wahlen die israelische Kontrolle über die Stadt legitimieren würde.

(Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.)

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