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Israels Fehleinschätzung der Hamas

Überraschungsangriff: Mit Bulldozern riss die Terrororganisation Hamas die Grenzbefestigungen zu Israel nieder
Überraschungsangriff: Mit Bulldozern riss die Terrororganisation Hamas die Grenzbefestigungen zu Israel nieder (©Imago Images / APAimages)

Trotz aller Versäumnisse seitens der israelischen Sicherheitsbehörden wird die Geschichte zeigen, dass der größte Fehler von der Hamas selbst gemacht wurde.

Die Uneinigkeit des Pro- und Contra-Lagers Israels in der kulturkampfähnlichen Auseinandersetzung um die Justizreform mag die Hamas dazu verleitet haben, den pogromhaften Überfall gerade jetzt durchzuführen. Was manche als Zeichen einer lebhaften Demokratie erklärten, war für die klerikal-faschistische Hamas ein Zeichen der Schwäche.

Die Wahrheit über eine angebliche Warnung durch Ägypten, die nicht beachtet worden sein soll, wird wohl erst eine Untersuchungskommission nach Kriegsende feststellen können. Eine Reihe offensichtlicher Fehleinschätzungen ist aber jetzt schon offensichtlich.

Grundsätzlich konzentrierte sich die Aufmerksamkeit von Militär und Politik Israels auf die atomare Bedrohung aus dem Iran, auf die Steigerung der terroristischen Aktivität im Norden der Westbank im Raum Dschenin und Nablus und die Unterbrechung des Waffennachschubs an die Hisbollah im Libanon durch Angriffe auf die Transportrouten in Syrien.

Der letzte in einer Reihe von Fehlern war wohl das Ignorieren einer enormen Steigerung der Nutzungsfrequenz der palästinensischen Kommunikationsnetzwerke, die in den Tagen vor dem Angriff von Israel festgestellt worden war, eine Information, die aber entweder nicht weitergegeben oder von der Armee nicht beachtet wurde.

Reihe von Fehlern

Im Gegensatz zu früheren Jahren, in denen die Grenze zum Gazastreifen nach dem israelischen Abzug von Patrouillen und mit von Soldaten bemannten Bunkern bewacht wurde, ging man im Lauf der Zeit davon ab, reduzierte die Mannschaftsstärke und errichtete einen Sicherheitszaun mit Überwachungskameras und Selbstschussanlagen. Diese wurden durch Drohnen ausgeschaltet, was, basierend auf der Annahme, es handle sich um ein technisches Problem, nicht sofort zu einer generellen Alarmierung führte.

Dadurch war es der Hamas möglich, die israelische Kommandozentrale für die Überwachungssysteme zu überrennen und damit die Kommandostruktur Israels zu unterbrechen. Darüber hinaus war wegen eines jüdischen Feiertags die diensthabende Mannschaft nicht komplett.

Psychologisch bereitete die Hamas den Überfall lange Zeit vor. Sie überließ die letztjährigen Auseinandersetzungen dem Islamischen Dschihad, um den Eindruck zu erzeugen, nicht an einer Eskalation interessiert zu sein. Israels Nationaler Sicherheitsberater Tzachi Hanegbi äußerte noch wenige Tage vor dem Angriff in einem Radiointerview, dass die Hamas sehr zurückhaltend agiere, weil sie sich möglicher Konsequenzen bewusst sei. Ähnlich äußerten sich Hamas-Funktionäre in Gesprächen in konventionellen Kommunikationssystemen wie dem Telefonnetz Gazas – im Bewusstsein, von Israel abgehört zu werden.

Dennoch: Die Geschichte wird zeigen, dass der größte Fehler von der Hamas mit dem Angriff gemacht wurde, falls es Israel gelingt, neue Realitäten in Gaza zu schaffen.

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