„Jene mutigen Menschen, die in reaktionären Gebieten den Kampf von innen heraus führten, wurden an den Rand gedrängt, verhaftet, verfolgt und als Verräter an ihrer eigenen Kultur beschimpft. Solche Anschuldigungen gingen meist von Islamisten aus, bei denen die Ablehnung von Fortschritt und Moderne nicht weiter verwunderlich ist. In ihrem Ressentiment auf den Westen und die Moderne erhielten sie indessen oft Unterstützung von jenen Fraktionen der westlichen Linken, die kulturrelativistische Positionen vertreten und Muslime in toto als unterdrückte Opfer des westlichen Imperialismus in Schutz nehmen. Selbst in Islamisten meinten diese Kreise einen Bündnispartner im Kampf gegen den globalisierten Westen zu finden. Ein Beispiel für diese Position ist der Parteichef der britischen Labour-Partei, Jeremy Corbyn, der die Terrororganisationen Hamas und Hizbullah als ‚Freunde‘ bezeichnete.
In seinem Essay ‚Mörderische Identitäten‘ kritisierte der französisch-libanesische Autor Amin Malouf schon zur Jahrtausendwende die Art und Weise, in der etliche westliche Regierungen, gerade in Europa, Menschenrechtsverletzungen in bestimmten Ländern tolerierten und übersahen. Dafür wurde er von vielen als Eurozentriker kritisiert. Malouf selbst bat damals darum, ‚ihn als jemanden zu sehen, der derselben Menschheit angehört und kein Bürger zweiter Klasse ist‘. Dieses Konzept eines ‚Weltbürgers zweiter Klasse‘ beschreibt treffend, wie die kulturrelativistische Linke Menschen anderer Kulturen sieht. Sie stempelt jeden, der wie Malouf universelle Menschenrechte für alle einfordert, unabhängig von Kultur, Religion oder Herkunft, als Eurozentriker ab. Diese Fetischisierung von Religion und Kultur auf Kosten der Menschenrechte mündet darin, jedes Bestreben nach einer universellen Moral zu verdammen, die für jeden die gleichen Standards enthält, ganz gleich aus welchem Kulturkreis er auch immer stammen oder welcher Religion er auch immer angehören mag. Noch schlimmer: Mit solcherart Argumenten werden noch die schäbigsten antiwestlichen Diktaturen und theokratischen Regimes legitimiert und ihre Menschenrechtsverletzungen ignoriert oder gar relativiert.“ (Kacem El Ghazzali: „Weltbürger zweiter Klasse“)