Von Thomas von der Osten-Sacken
Weitgehend unbemerkt von westlichen Medien übergeben die USA gerade die Kontrolle der syrisch-irakischen und syrisch-jordanischen Grenze an den Iran. Noch vor wenigen Monaten bombardierten bei der Grenzstadt al Tanf Flugzeuge der US-Air Force heranrückende schiitische Milizionäre, eine Konfrontation zwischen dem Iran und den USA schien wahrscheinlich. Inzwischen ist die Entscheidung gefallen: Einmal mehr gibt Washington den russisch/iranisch/syrischen Forderungen nach.
„Washington schließt gerade Diskussionen mit Moskau über den Abzug von US-Spezialeinheiten vom Posten Al Tanf ab, den sie im syrisch-irakisch-jordanischen Dreiländereck gehalten haben und der nun an die syrischer Armee übergeben wird.
Al Tanf zu verlassen kommt einem US-Rückzug aus dem Südosten Syriens und dessen Übergabe an Syrien und dessen Alliierte, inklusive der Hisbollah, gleich.”
Auf dem Golan stehen demnächst schiitische Milizionäre und iranische Revolutionsgardisten, auch dies offenbar mit Zustimmung und Duldung der US-Regierung.
Syrische Rebellen, die jahrelang gegen den IS gekämpft haben, werden dagegen aufgefordert, sich Assad zu ergeben oder nach Jordanien abzuziehen. Der Iran hat seinen lang ersehnten Korridor, der von Teheran ans Mittelmeer reichen wird – nicht weil die Iraner ihn erkämpft hätten, sondern weil die USA und natürlich die Europäer jede wirkliche Konfrontation vermeiden und sich Stück für Stück weiter zurückziehen.
Der Iran und Assad siegen nicht, weil sie stärker sind, sondern weil es keine Gegenseite gibt, die bereit wäre, sich ihnen in den Weg zu stellen. Weil man sie einfach gewinnen lässt, ohne dass sich erschließen ließe, welche Vorteile sich die USA und Europa von einem derart erstarkten Iran versprechen, der fortan die syrischen Grenzen kontrollieren wird. Denn eines dürfte klar sein: In Damaskus ist Assad längst nicht mehr Herr im Haus, Syrien ist de facto eine Kolonie Russlands und des Iran. Die Russen mögen vergleichsweise rationale geostrategische Ziele verfolgen – ihr enger Verbündeter, der Iran, auf dessen Bodentruppen sie angewiesen sind, tut das nicht. Ihm geht es um den Export der islamischen Revolution und die Vernichtung Israels. Beide Ziele sind, das stellt Teheran bei jeder Gelegenheit fest, nicht verhandelbar.
Niemand soll sagen, man habe das nicht wissen können
Die Folgen der Übergabe Syriens an diese Allianz werden fatal, ja katastrophal sein. Der nächste Krieg mit und gegen Israel ist nur eine Frage der Zeit. Unterdrückung, Chaos, Islamisierung und konfessionalisierter Hass in der Region werden nicht nur bleiben, sondern sogar schlimmer werden. Wer glaubt, so Stabilität oder gar Frieden in der Region erreichen zu können, hängt einem gefährlichen Irrglauben an.
Möglich wurde dieser Ausgang erst, als der Westen entschied, dass der Islamische Staat (IS) der einzige Gegner in der Region sei, den es zu bekämpfen gelte. Diese irre Logik Barack Obamas, der auf diese Weise hoffte, nicht weiter in den syrischen Bürgerkrieg hineingezogen zu werden, und dessen Versagen den IS erst hat so stark werden lassen, zeitigt nun ihre Folgen.
Nun wird langsam klar, wovor einige schon vor Jahren gewarnt haben; was geschehen wird, sollte man den Iran, Russland und Syrien als Partner behandeln: Der absehbare militärische Sieg über den IS ist keineswegs ein Sieg über den Dschihadismus, sondern einer der Islamischen Republik Iran, für die, wie sich nun zeigt, amerikanische und andere Bomber die Drecksarbeit erledigt haben.
So lässt sich wohl schon jetzt sagen: Wenn der verfrühte militärische Abzug der USA aus dem Irak fatale Folgen hatte, wird der aus Syrien katastrophale haben. Warnungen vor dieser Politik gab und gibt es genug. Sage also niemand später, wenn als Konsequenz in absehbarer Zeit in der Region neue, fürchterlichere Kriege wüten werden, man habe es ja nicht wissen können.