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Ein neues Buch über »Die Juden im Koran«

Aufarbeitung des koranischen Antisemitismus: Abdel-Hakim Ourghi fordert Reform des Islam
Aufarbeitung des koranischen Antisemitismus: Abdel-Hakim Ourghi fordert Reform des Islam (© Imago Images / Olaf Wagner)

Der Islamwissenschaftler Abdel-Hakim Ourghi beschäftigt sich in seinem neuesten Buch mit der Darstellung der Juden im Koran und attestiert muslimischen Gesellschaften, einen Feind als Sündenbock für ihre internen politisch-gesellschaftlichen Probleme zu brauchen.

Mit 23 Jahren kam Abdel-Hakim Ourghi, geboren 1968, als, wie er selbst sagt, indoktrinierter Antisemit aus Algerien nach Deutschland. Juden galten ihm als Täter, Muslime hingegen als Opfer. Der Koran selbst formuliert ein stereotypes Sündenregister der Juden, weswegen die kanonischen Quellen des Islams akribisch analysiert und kritisch hinterfragt werden müssen. Christlicherseits ist das mit den antijüdischen Stellen im Neuen Testament immer wieder geschehen, dort war es Polemik gegen die eigene Wurzel: gegen die Religion, aus der das Christentum hervorgegangen ist. Im Koran ist es die Polemik gegen die Juden von Medina, die sich nicht dem Propheten anschließen wollten. 

Abdel Hakim Ourghi stellt in seinem neuen Buch Die Juden im Koran. Ein Zerrbild mit fatalen Folgen klar, es stehe logischerweise fest, dass nicht alle Muslime Antisemiten seien. »Den Islam pauschal als antisemitisch zu bezeichnen ist irreführend, aber dass Islam und Judenfeindschaft nichts miteinander zu tun haben sollen, ist unwahr.«

Akribisch zeigt der Islamwissenschaftler, Philosoph und Religionspädagoge, der an der Pädagogischen Hochschule Freiburg lehrt, den historischen Hintergrund der antisemitischen Polemik in den Koransuren aus Medina auf, wo der aus Mekka geflohene Prophet auf eine starke jüdische Bevölkerung stieß, die seine anfängliche Erwartung einer Unterstützung durch die dort lebenden Juden enttäuschte. Krieg gegen die Juden und nach ihrer Niederlage deren weitgehende Versklavung waren die Folge.

Koranischer und importierter Antisemitismus

Im heutigen politischen Islam schließlich wird das antisemitische Erbe des Korans mit importierten Antisemitismus, der ursprünglich, wie etwa in der Ritualmordbeschuldigung von Damaskus ersichtlich wird, vom christlichen Klerus und später vom Nationalsozialismus in den Nahen Osten gebracht wurde, verbunden und der Nah-Ost-Konflikt als politischer Aufhänger benützt.

Doch nicht nur Muslime, auch Nichtmuslime scheuen sich oft, eine kritische Aufarbeitung der einschlägigen Koranstellen einzufordern. Die Behandlung der »Juden im Koran« wird oft aus der Befürchtung heraus vermieden, diese könnte der islamfeindlichen extremen Rechten in ihrer Agitation gegen Muslime helfen und nicht zuletzt der Ablenkung von den antisemitischen Einstellungen der extremen Rechten selbst dienen. Auch christliche oder jüdische Religionsvertreter neigen dazu, in Anwendung des Zitats aus der Bergpredigt »Was du willst, das man dir nicht tut, das füg’ auch keinem anderen zu« vom muslimischen Dialogpartner keinerlei Bereitschaft zur Akzeptanz von Religionskritik einzufordern, während Muslime selbst dazu tendieren, sich in einen Opferstatus zu flüchten, wie Abdel-Hakim Ourghi schreibt: 

»Die muslimischen Gesellschaften scheinen dazu verwünscht zu sein, einen Feind als Sündenbock für ihre internen politisch-gesellschaftlichen Probleme zu suchen. Die Verschwörungstheorien, die in der islamischen Welt überall Unterstützung genießen, sind tatsächlich Projektionen eigener Fantasien.«

Zur Intention seines Buchs stellt Ourghi fest, dieses »möchte auch einen konstruktiven Beitrag zum authentischen Verständnis der Entstehungsgeschichte des Islams leisten. Es will unter anderem an die Vertreibung der Juden auf brutalste Art und Weise aus ihren arabischen Heimatländern erinnern.« Der Autor fordert somit, dass zur Konfrontation mit der Erinnerungskultur europäischer Gesellschaften hinsichtlich der Shoah, die nicht unmittelbar Teil der Familiengeschichte muslimischer Zuwanderer ist, auch die Konfrontation mit einer eigenen muslimischen Erinnerungskultur kommen muss, die das Schicksal und insbesondere die Vertreibung der Juden aus den arabisch-muslimischen Ländern beinhaltet. 

Abdel-Hakim Ourghi: Die Juden im Koran. Ein Zerrbild mit fatalen Folgen, Paperback, 264 Seiten, Verlag Claudius.

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