„Die größere Frage lautet: Warum entscheidet sich überhaupt jemand, in einem Krieg zu kämpfen? Wenn zivilisierte Nationen in den Krieg ziehen, dann bedeutet das, dass Angehörige der heutigen Generation möglicherweise ihr Leben opfern, um zukünftige Generationen zu schützen. Doch wenn es keine zukünftigen Generationen gibt, gibt es für heutige junge Männer überhaupt keinen Grund, in einem Krieg zu sterben. It’s the demography, stupid.
Am stärksten ist die Fruchtbarkeitsrate in Spanien gefallen – sie ist die niedrigste in Westeuropa der letzten 20 Jahre und die extremste demografische Spirale, die jemals irgendwo beobachtet worden ist. Auch in Italien wurden 2015 weniger Babys geboren als zu irgendeinem Zeitpunkt seit der Staatsgründung vor 154 Jahren. Zum ersten Mal seit drei Jahrzehnten ist Italiens Bevölkerung geschrumpft. Auch in Deutschland gibt es einen demografischen Selbstmord.
Der massive Einsatz von Streitkräften in unseren eigenen Städten ist beispiellos in der Geschichte. Mehr noch als eine militärische ist es eine moralische Abrüstung. Europa erlebt einen neuen Weimar-Moment. Die Weimarer Republik wurde durch den Aufstieg des Nationalsozialismus auf dramatische Art aufgelöst. Die Weimarer Republik steht auch heute noch für ein kulturelles Durcheinander, ein Lehrbeispiel für eine wehrlose Demokratie, die sich einem verstümmelten Pazifismus hingab, eine Mischung aus naiver Kultur, politischem Reformismus und dem ersten hochentwickelten Wohlfahrtsstaat.
Wie der Historiker Walter Laqueur sagt, war Weimar der erste Fall vom ‚Leben und Sterben einer freizügigen Gesellschaft‘. Wird Europas neues Weimar auch wieder zu Fall gebracht werden, diesmal von den Islamisten?“
(Giulio Meotti, Kulturredakteur der Tageszeitung Il Foglio, ist ein italienischer Journalist und Autor. Der Artikel ist beim Gatestone Institute unter dem Titel: „Der große Rückzug des Westens“ erschienen.)