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Wie konnte auch nur irgendjemand von Abbas’ Antisemitismus überrascht sein?

Mahmoud Abbas’ Rede vor der UNO-Generalversammlung in New York
Mahmoud Abbas’ Rede vor der UNO-Generalversammlung in New York (© Imago Images / Xinhua)

Die Bigotterie des Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas geht Hand in Hand mit der heuchlerischen Empörung des Westens. 

Melanie Phillips 

Im vergangenen Monat hat der Führer der Palästinensischen Autonomiebehörde Mahmoud Abbas seinen Antisemitismus offen zur Schau gestellt. In einer Rede vor dem Fatah-Revolutionsrat sagte er, Hitlers Nationalsozialisten hätten den Holocaust nicht aus Hass auf das jüdische Volk verübt, sondern wegen der »sozialen Rolle« der Juden beim Wucher. Mit anderen Worten, er machte die Juden für ihre eigene Vernichtung verantwortlich.

Abbas sagte auch, Israels Gründungsvater David Ben-Gurion habe jüdische Einrichtungen in arabischen Ländern angegriffen, um die Juden dort zur Auswanderung nach Israel zu bewegen. Das war nicht nur eine Lüge, sondern die in arabischen Staaten lebenden Juden fielen nach der Gründung Israels im Jahr 1948 einer ethnischen Säuberung zum Opfer.

Überall im Westen wurde mit Entsetzen und Empörung auf Abbas’ Äußerungen reagiert. Führende Politiker der USA, der EU, Großbritanniens und Frankreichs haben sie scharf verurteilt. Diese Reaktion ist jedoch nicht viel mehr als widerliche Heuchelei. Warum sind plötzlich alle so entsetzt? Abbas und seine Gefolgsleute sagen solche Dinge schon seit Jahrzehnten.

Wie naiv kann man sein?

Der Analyst für Außenbeziehungen, Martin Indyk, der von 2013 bis 2014 als US-Sondergesandter für israelisch-palästinensische Verhandlungen fungierte, twitterte etwa

»Ich habe verzweifelt überlegt, wie ich auf Abu Mazens [Kampfname von Mahmoud Abbas] zutiefst antisemitische Hetzrede reagieren soll. Wie kann jemand, der mich drei Jahrzehnte lang wie einen persönlichen Freund behandelt hat, gleichzeitig solch hasserfüllte Ansichten über mein Volk hegen?«

Die einzig mögliche Reaktion darauf ist, an Martin Indyk zu verzweifeln. Wie konnte jemand in seiner Position den abgrundtiefen Judenhass von Abbas nicht sehen und als solchen begreifen?

Vor etwa achtzehn Jahren sagte Abbas fast genau das Gleiche wie im vergangenen Monat. In einer Rede vor der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) behauptete er damals, die in Europa lebenden Juden hätten seit dem 11. Jahrhundert »wegen ihres sozialen Gewerbes gelitten: die jüdische Frage, die sich gegen die Juden in Europa erhob, erwuchs also nicht aus ihrer Religion, sondern wegen des Wuchers und der Banken«.

Abbas’ Haltung war durchwegs konsequent. In dem Buch, das er 1984 auf der Grundlage seiner Doktorarbeit schrieb, die er zwei Jahre zuvor an der von der Sowjetunion unterstützten Patrice-Lumumba-Universität verfasst hatte, behauptete er, die zionistischen Führer hätten mit den Nazis konspiriert, um den Holocaust durchzuführen und »die Massenvernichtung auszuweiten«, um die jüdische Auswanderung nach Palästina voranzutreiben. Die Gefangennahme und Hinrichtung des Architekten des Holocaust, Adolf Eichmann, sei dann eine israelische Vertuschungsaktion gewesen, um diese Konspiration zu verbergen.

Abbas’ eigene Haltung und Politik sind in der Tat vom Nationalsozialismus geprägt. Er verehrt offen Hitlers Verbündeten, den Großmufti von Jerusalem Haj Amin al-Husseini, der versprochen hatte, alle Juden im Nahen Osten zu vernichten, sollte Hitler den Krieg gewinnen. Die von Abbas geleitete Presseagentur verbreitet ständig eine Dämonisierung der Juden im Stil der Nazis.

Als amerikanischer Gesandter agierte Indyk äußerst israelkritisch und setzte sich für eine Politik ein, welche die Fähigkeit des jüdischen Staates, sich gegen den palästinensisch-arabischen Vernichtungsterror zu verteidigen, schwer untergrub. Indyk ist kein Narr, aber er scheint einer ignoranten und tödlichen Fantasie anzuhängen. Wie so viele andere Israelkritiker im Westen glaubt er, Israelfeindschaft und Antizionismus seien nicht gleichbedeutend mit Judenfeindschaft. Da er selbst Jude ist, sagt er sich wahrscheinlich, wie kann das nicht wahr sein, was ich denke?

Abbas’ Geschichtsklitterung

In der Tat sind Judentum und Israel untrennbar miteinander verbunden. Die Juden sind das einzige Volk, für das das Land Israel jemals sein nationales Königreich war. Dieses Königreich herrschte Jahrhunderte vor der Entstehung des Islams souverän über das Land, und die Araber wurden zu einer der vielen Wellen von Invasoren, die auf das jüdische Exil folgten. Diese Tatsache leugnen die palästinensischen Araber immer wieder, indem sie versuchen, das jüdische Volk aus der Geschichte Israels und Palästinas auszulöschen.

Aus diesem Grund wiederholte Abbas, ebenfalls nicht zum ersten Mal, auch die wissenschaftlich unhaltbare Theorie, die aschkenasischen Juden stammten nicht von den alten Israeliten ab, sondern von einem alten »tatarischen« Volk, den Chasaren. Tatsächlich waren die Chasaren keine Tataren, sondern ein Turkvolk, und Abbas’ Behauptung wurde wiederholt durch genetische Studien widerlegt, welche die jüdische Abstammungslinie bis in die Antike zurück belegen.

Abbas hat seine Behauptung über die Chasaren aufgestellt, um Israel zu delegitimieren, indem er nicht nur behauptet, die Juden seien nie zuvor in diesem Land gewesen, sondern überhaupt keine Juden. Er begnügt sich nicht damit, die Juden aus ihrer eigenen Geschichte auszulöschen, sondern versucht, ihre Identität mittels obskurer Rassenkunde ganz und gar auszulöschen.

Diesmal hat er sich jedoch in einem heiklen Moment verplappert. Da ein Großteil der arabischen Welt das Interesse an den Palästinensern verliert, ist die Unterstützung des Westens für sie die letzte verbleibende Hoffnung, Israel zu besiegen. Plötzlich ist Abbas’ abgrundtiefer Judenhass daher zu einer Gefahr geworden, die es zu neutralisieren gilt.

Deshalb haben palästinensische Intellektuelle einen offenen Brief unterzeichnet, in dem sie »die moralisch und politisch verwerflichen Äußerungen« von Mahmoud Abbas unmissverständlich verurteilen und »jeden Versuch, Antisemitismus, Nazi-Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Geschichtsrevisionismus in Bezug auf den Holocaust zu verharmlosen, zu verdrehen oder zu rechtfertigen, entschieden zurückweisen«.

Nichtsdestotrotz fuhren sie mit der üblichen Propaganda fort, nach der »das palästinensische Volk durch den israelischen Siedlerkolonialismus, die Enteignung, die Besatzung und die Unterdrückung ausreichend belastet ist, auch ohne dass es dazu noch die negativen Auswirkungen solch ignoranter und zutiefst antisemitischer Erzählungen ertragen muss, die von denen verbreitet werden, die behaupten, in unserem Namen zu sprechen«. Die Phrasen von »Siedlerkolonialismus, Enteignung, Besatzung und Unterdrückung« gehören dem Arsenal von Lügen und Propaganda an, aus dem sich Menschen bedienen, die denken, Israel sollte nicht existieren.

Es überrascht daher nicht, dass sich unter den Unterzeichnern eine große Zahl von Antisemiten und Terrorbefürwortern befindet. 

  • Refaat Alareer zum Beispiel twitterte 2012: »Sind die Juden böse? Natürlich sind sie das.«
  • Huwaida Arraf hat Israel mit Nazideutschland gleichgesetzt, die Hamas verteidigt und gesagt:  »Israel hat kein Recht auf einen jüdischen Staat.«
  • Noura Erakat hat laut einer 2019 eingereichten Klage gegen die Columbia University den »Zionismus mit Rassismus gleichgesetzt, Juden dahingehend verteufelt, dass sie einen angeborenen Hang zur Herrschaft hätten, für die Vernichtung des jüdischen Staates plädiert und die jüdische Verbindung zum Land Israel geleugnet«.

Die Website Elder of Ziyon hat aufgedeckt, dass ein weiterer Unterzeichner, Khalil al-Shakaki, der das palästinensische Zentrum für politische und Umfrageforschung leitet, gegenüber einer palästinensischen Zeitung zugab, der eigentliche Zweck des Briefes bestehe darin, den Schaden zu reparieren, der der palästinensischen Sache durch die Enthüllung des palästinensischen Judenhasses zugefügt wurde. Al-Shakaki sagte: 

»Wir werden in der Welt respektiert und unterstützt, und wenn die Welt spürt und sieht, dass das palästinensische Volk das unterstützt, was [Abbas] gesagt hat, bedeutet das für sie, das palästinensische Volk ist rassistisch, und das bedeutet für sie, dass es sowohl einen rassistischen Siedlerkolonialismus als auch rassistische Palästinenser gibt – und deshalb würden sie uns und die Israelis dann in denselben dunklen Graben verbannen.«

Absichtliches Wegsehen

Diese Besorgnis ist auch der Grund für viele westliche Reaktionen auf Abbas’ Äußerungen. Die EU erklärte, die Äußerungen spielten »denen in die Hände, die keine Zweistaatenlösung wollen, für die sich Präsident Abbas wiederholt eingesetzt hat«. Im Nachhinein fügte sie hinzu: »Darüber hinaus trivialisieren sie den Holocaust und schüren damit Antisemitismus und sind eine Beleidigung für die Millionen von Opfern des Holocaust und ihre Familien.«

Auch heute noch erkennen solche Leute das wahre Ausmaß des Antisemitismus nicht an. Noch immer können sie nicht begreifen, dass der palästinensisch-arabische Judenhass nicht nur einer »Zweistaatenlösung« im Wege steht, sondern der Grund dafür, dass es diese Lösung eigentlich nie gegeben hat und sie geradezu stets scheitern musste.

Abbas’ Bigotterie steht der westlichen Fantasie im Weg, ein palästinensischer Staat werde den Konflikt zwischen den palästinensischen Fans der Auslöschung der Juden und ihren israelischen Opfern irgendwie beenden. Sie steht dem festen Glauben des Westens im Weg, dass Israel zu hassen nicht dasselbe sei wie die Juden zu hassen.

Das Ergebnis ist, dass die Förderung der palästinensischen Sache durch den Westen eingefleischte Judenhasser fördert, ermutigt und finanziert, deren Ziel es ist, die jüdische Geschichte und Identität auszulöschen. Das nun ausgedrückte Entsetzen der Menschen im Westen über den Antisemitismus von Mahmoud Abbas ist also ihr üblicher Humbug, der dafür sorgt, dass der palästinensische Krieg gegen Israel niemals endet.

Melanie Phillips, britische Journalistin, Rundfunksprecherin und Autorin, schreibt eine wöchentliche Kolumne für Jewish News Syndicate. Derzeit ist sie Kolumnistin für die Times of London. Ihre persönlichen und politischen Memoiren, Guardian Angel, sind bei Bombardier erschienen, wo 2018 auch ihr erster Roman, The Legacy, veröffentlicht wurde. (Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.)

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