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Palästinensische Autonomiebehörde protestiert gegen Gleichbehandlung LGBTQ+-Personen

UNRWA-Arbeitergewerkschaft protestiert gegen den neuen Verhaltenskodex des Palästinenser-Hilfswerks für seine Mitarbeiter
UNRWA-Arbeitergewerkschaft protestiert gegen den neuen Verhaltenskodex des Palästinenser-Hilfswerks für seine Mitarbeiter (Quelle: MEMRI)

Eine neue UNRWA-Richtlinie zur sexuellen Gleichstellung löst in der Palästinensischen Autonomiebehörde und den palästinensischen Medien größte Empörung aus.

Das Palästinenser-Hilfswerk der Vereinten Nationen (UNRWA) »wollte lediglich das Offensichtliche erklären, nämlich dass Mitglieder der LGBTQ+-Communitiy in UNRWA-Einrichtungen gleich behandelt werden sollten«, schrieb der Analyst bei Palestinian Media Watch, Nan Jacques Zilberdik, unlängst in einem Kommentar, um festzustellen, dass »diese einfache Forderung allerdings einen regelrechten Kulturkampf zwischen Palästinensern und dem UNRWA ausgelöst hat«.

Zuvor hatte die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) die UNRWA wegen eines neuen Verhaltenskodex für Mitarbeiter scharf kritisiert, in dem die Gleichstellung der Geschlechter auch für Homosexuelle und Transsexuelle gilt. In dem inkriminierten UNRWA-Verhaltenskodex heißt es laut der palästinensischen Website Palestinian Refugees Portal:

»Die UNRWA betrachtet die Gleichheit zwischen den zwei Geschlechtern in Übereinstimmung mit den Ansichten der Vereinten Nationen. Daher wird die Gleichheit zwischen den beiden Geschlechtern so definiert, dass sie lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle, queere, intersexuelle Kollegen [d. h. UNRWA-Mitarbeiter] und Begünstigte [d. h. palästinensische Flüchtlinge] ebenso beinhaltet wie denjenigen, die anderen sexuellen Gruppen (LGBTQI+) angehören. Wenn dies den lokalen kulturellen Konventionen widerspricht, muss sich unser Verhalten an den Verhaltensstandards des internationalen öffentlichen Dienstes und den übrigen UN-Vorschriften und Regeln orientieren.«

Gegen islamische Werte

In ihrer von der PLO-Abteilung für Flüchtlingsangelegenheiten in einer Erklärung zum Ausdruck gebrachten Kritik an diesem Kodex teilte die Autonomiebehörde über ihre offizielle Tageszeitung Al-Hayat Al-Jadida mit, die »Orientierungen und Identitäten« von LGBTQ+ widersprächen »den Prinzipien der islamischen Religion und ihren Ritualen sowie den moralischen Grundsätzen der palästinensischen Gesellschaft; den allgemeinen menschlichen und religiösen Normen und Werten wie der islamischen Moral der Palästinenser; den sozialen Werten unseres palästinensischen Volkes und den Anweisungen unserer Religion«.

Mit ihrer Kritik hat die PA von Mahmoud Abbas unmissverständlich klargestellt, dass für sie LGBTQ+-Rechte keine Gültigkeit besitzen; ja, dass sie noch nicht einmal die bloße Existenz einer LGBTQ+-Gemeinschaft zugeben und akzeptieren möchte, wie Zilberdik in seinem Kommentar schrieb. Darüber hinaus nahm die Autonomiebehörde Anstoß an dem bloßen Gedanken, dass es unter den UNRWA-Mitarbeitern oder palästinensischen Flüchtlingen LGBTQ+-Menschen geben könnte. In ihren Augen stellt diese »Unterstellung eine Verleumdung und eine Beleidigung der Mitarbeiter und der Flüchtlinge gleichermaßen dar«.

Dementsprechend forderte Abbas’ Behörde, die in hohem Maße von den Diensten der UNRWA unterstützt wird, ebenjene auf, ihre Richtlinie zurückzunehmen. So erklärte die Palästinensische Autonomiebehörde zwar, die Menschenrechte zu respektieren, verlangte aber ausdrücklich, dass das UNRWA alle Verweise auf sexuelle Identität aus ihrem Papier tilgen sollte, wie Al-Hayat Al-Jadida zitierte:

»Die PLO respektiert die Grundsätze der Menschenrechte, die nicht im Widerspruch zu den Grundsätzen der islamischen Religion und ihrer Rituale und den moralischen Prinzipien der palästinensischen Gesellschaft stehen. Sie forderte die UNRWA-Leitung auf, alle Begriffe, die sich auf sexuelle Orientierungen und geschlechtliche Identität beziehen, aus dem Verhaltenskodex zu streichen und zu löschen.«

Neben der PA erregte der Verhaltenskodex auch »den Zorn der Mitarbeiterverbände, des Parlaments (Legislativrat) im Gazastreifen und einer Reihe von Nichtregierungsorganisationen«, wie die palästinensische Website Palestinian Refugees Portal festhielt. Laut Website habe das Gemeinsame Komitee der UNRWA-Mitarbeiterverbände im Westjordanland und im Gazastreifen erklärt, der Verhaltenskodex sei Teil der »Versuche des UNRWA, eine Kultur der Perversion‹ in der palästinensischen Gesellschaft als einen der Grundsätze der Gleichheit zu verbreiten«.

Auch zu Demonstrationen im Gazastreifen kam es in diesem Zusammenhang, wie ein vom libanesischen Sender Mayadeen TV ausgestrahlter Bericht zeigt. Darin erklärt der Reporter, die Palästinenser lehnten den »Homosexualität fördernden« UNRWA-Verhaltenskodex ab, nicht zuletzt, weil er behaupte, »sowohl unter den [UNRWA-]Mitarbeitern als auch unter den Flüchtlingen« existiere so etwas wie Homosexualität.

Moralische Perversion

Die Gewerkschaft der UNRWA-Beschäftigten habe erklärt, »dieser Verhaltenskodex stehe im Widerspruch zu den vom UNRWA hochgehaltenen Werten und fördere abweichende Vorstellungen, die der Kultur der palästinensischen Gesellschaft fremd seien«, wird in dem Bericht erläutert, und Muhammad Shwadeh von der UNRWA-Arbeitergewerkschaft mit den Worten zitiert, einige »Feinde des palästinensischen Volkes« würden die UNRWA missbrauchen, um bestimmt Konzepte in die Gesellschaft einzuführen:

»Angefangen hat es mit dem Konzept der Geschlechter und der Gleichstellung von Männern und Frauen, und jetzt geht es darum, Rechte für Gruppen einzufordern, die es im palästinensischen Volk nicht gibt und die ihm sogar fremd sind.«

Der Gemeinsame Flüchtlingsausschuss betrachte den Kodex als gefährliche Verletzung des Rahmenabkommens durch das UNRWA, fuhr der Reporter fort. Insofern habe der Ausschuss vor der Fortsetzung dieser Maßnahme gewarnt, die darauf abziele, »die moralische Perversion zu fördern«. Es werde nicht zugelassen, dass die UNRWA diese Pläne zur Unterminierung der Werte der palästinensischen Gesellschaft durchführe, zitierte der Reporter den Flüchtlingsausschuss, dessen Koordinator Mahmoud Khalaf die Rücknahme der Maßnahme forderte und vom UNRWA eine Entschuldigung »beim palästinensischen Volk für diesen Fehler und für den Versuch, diesen Verhaltenskodex mit Rechten für Homosexuelle zu versehen«.

Die verschiedensten palästinensischen Fraktionen, Gewerkschaften und Frauenrechtsorganisationen hätten also gefordert, »dass die UNRWA nicht die Kultur der Homosexualität verbreitet und sie als einen Wert der Gleichheit in der Gesellschaft darstellt«, schloss der Mayadeen-TV-Bericht.

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