‚Seit 2011 hat es eine entscheidende Veränderung gegeben. Mit dem Wegfall der Furcht und dem vielen Reden über Freiheit und gesellschaftliche Gerechtigkeit haben Frauen sich stärker auf ihre Rechte besonnen und äußern sich zunehmend zu dem Thema. Die breitere Berichterstattung über sexuelle Übergriffe seit dem Aufstand hat mehr Frauen ermutigt, sich zu melden. Zuvor meinten viele, nur Grapschen und physische Angriffe stellten sexuelle Belästigung dar. Nun begreifen sie, dass sie sich die verbale Belästigung auch nicht gefallen lassen müssen’, so Soliman. Doch trotz der Fortschritte bei der Bekämpfung der sexuellen Belästigung fürchteten viele Opfer leider auch weiterhin, dass ihnen die Schuld zugeschoben würde oder sie mit Ausgrenzung rechnen müssten, insbesondere am Arbeitsplatz, sollten sie sich über sexuelle Belästigung beschweren. (…)
Einer Studie der UNO von 2013 zufolge, haben rund 99 Prozent der ägyptischen Frauen ‚irgendeine Form der Belästigung’ erlebt und ‚47 Prozent der geschiedenen oder getrennt lebenden Frauen haben von häuslicher Gewalt berichtet’. Sexuelle Belästigung ist in Ägypten ein so weit verbreitetes Problem, dass manche Menschenrechtsaktivisten von einer ‚Epidemie’ sprechen. Bei einer Mitte Oktober von der Thomson Reuters Foundation veröffentlichten Umfrage wurde Kairo als die ‚für Frauen gefährlichste Megastadt’ eingestuft, was in Ägypten erregte Diskussionen ausgelöst hat. (…) Frauenrechtsexperten zufolge hat sich die Behandlung von Frauen in der ägyptischen Hauptstadt seit dem Aufstand von 2011 verschlechtert. Während die Regierung sich vordringlich mit der Wirtschaftskrise und anderen Fragen beschäftigt, seien Frauenrechte leider vernachlässigt worden. (…) Die Veröffentlichung der Umfrage fiel mit der #MeToo-Kampagne in den sozialen Medien zusammen, die Frauen weltweit auffordert, ihre Erfahrungen mit sexuellem Missbrauch und sexueller Belästigung öffentlich zu machen, um das Ausmaß des Problems kenntlich zu machen. Die Kampagne breitete sich schnell aus. Auch Dutzende ägyptische Frauen trotzten den gesellschaftlichen Normen und schlossen sich an, indem sie ihre sexuellen Missbrauchserfahrungen auf Facebook und Twitter teilten. Wenige Stunden nach dem Beginn der Kampagne, erklärte die Aktivistin Gigi Ibrahim: ‚#metoo genauso wie jede Frau in diesem Land #Egypt.’“ (Shahira Amin: „Egyptian women speak out amid global focus on sexual harassment“)